Wölfe im Kanton Zürich: Gibt es eine Ansiedlung?

Wolfssichtungen im Kanton Zürich werfen Fragen zur möglichen Rückkehr des Raubtiers auf – Experten halten eine dauerhafte Ansiedlung für unwahrscheinlich. Doch Angriffe auf Nutztiere sorgen für Debatten.

Angela Bernetta |

Immer wieder taucht der Wolf im Kanton Zürich auf – und er sorgt für Gesprächsstoff. Im vergangenen April wurde ein Tier zwischen Flaach und Andelfingen gesichtet. Am 28. März 2023 durchquerte ein junger Wolf mitten am Tag das Dorf Kappel im Bezirk Affoltern.

«Mehrere Leute schickten mir Fotos und Filme», berichtet David Vogelsanger, Bezirkspräsident der SVP. In Erinnerung bleibt ein Vorfall in Bonstetten: Dort riss ein Wolf vor drei Jahren 25 Schafe. Deuten solche Ereignisse auf eine dauerhafte Rückkehr des Raubtiers hin?

Dauerhafte Ansiedlung

Seit 2014 gab es im Kanton Zürich rund 15 bestätigte Sichtungen oder Spuren. «Es ist für einen Wolf schwierig, unbeobachtet durch den dicht besiedelten Kanton Zürich zu streifen», erklärt Katharina Weber von der kantonalen Baudirektion. «Eine dauerhafte Ansiedlung ist zwar nicht ausgeschlossen, doch bisher gibt es keine Anzeichen dafür.» Bei den gesichteten Tieren handle es sich um Einzelgänger – meist junge Wölfe auf Wanderschaft. «Wir rechnen weiterhin mit durchziehenden Tieren», sagt Katharina Weber.

Wie häufig Wölfe künftig auftauchen, hängt von der Entwicklung der Wolfspopulation in der Schweiz und in den Nachbarländern ab. Während Zürich noch keine festen Rudel kennt, ist die Lage in den angrenzenden Kantonen anders. Im Kanton St.  Gallen entstand 2024 das Gamserrugg-Rudel nördlich des Walensees. Zudem leben das Schilt-2-Rudel und das Kärpf-Rudel in der angrenzenden Region. «Diese Entwicklungen beobachten wir sehr genau», sagt Nicole Bosshard von der Stiftung Raubtierökologie und Wildtiermanagement Kora.

Es gibt viele Beutetiere

Der Wolf ernährt sich vor allem von Rehen, Gämsen, Hirschen und anderem Wild. Aber auch Kleinsäuger, Vögel und Aas gehören zum Speiseplan. «Die Beutetierdichte ist im Kanton Zürich hoch», so Weber. Nahrung allein reicht jedoch nicht: Für eine dauerhafte Ansiedlung braucht es auch Rückzugsorte und genügend Platz. Regionen wie das Tössstockgebiet oder die Albiskette könnten solche Bedingungen bieten. Grundsätzlich meiden Wölfe den Kontakt zum Menschen.

Dennoch kommt es immer wieder zu Sichtungen in Wohngebieten. Fachleute raten, Abstand zu halten und ruhig zu bleiben. «Nähert sich ein Tier unangemessen, sollte man es lautstark vertreiben», erklärt Katharina Weber. Hunde gehören in solchen Situationen an die Leine. Sichtungen – am besten mit Foto – sollten der kantonalen Fischerei- und Jagdverwaltung gemeldet werden (Telefon 043 257 97 57).

Auswirkungen auf Bauern

Die Rückkehr des Wolfs bleibt umstritten. David Vogelsanger, der eine Alphütte im Maggiatal TI besitzt, hat seine Haltung geändert. «Früher sah ich seine Rückkehr als Bereicherung, heute befürworte ich Abschüsse ausserhalb des Nationalparks», sagt er. Wolfsrisse gefährdeten die Arbeit engagierter Bergbauern – etwa mit seltenen Nutztierrassen wie der Nera-Verzasca-Ziege.

Die kantonale Fischerei- und Jagdverwaltung nimmt die Sorgen der Landwirte und der Bevölkerung ernst. Neben einem Warndienst zur Wolfspräsenz bietet der Kanton Zürich eine kostenlose Herdenschutzberatung an, um betroffene Landwirtinnen zu unterstützen. Ob sich der Wolf im Kanton Zürich dauerhaft ansiedelt, bleibt offen.

Klar ist: Das Thema polarisiert. «Seit Jahren wird in der Schweiz kontrovers über den Wolf diskutiert», sagt Nicole Bosshard. «Die Zunahme an Rudeln seit 2012 und die politische Debatte um das Jagdgesetz zeigen, wie sehr die Meinungen auseinandergehen.» Befürworter und Gegner sind in der öffentlichen Diskussion gleichermassen präsent.

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