4’000-jähriges Moor kann weiterwachsen

Auf der Alp Tamons wird ein Vorzeigeprojekt für Klima, Biodiversität und Alpwirtschaft umgesetzt.

Ralph Dietsche |

Moore gehören zu den am stärksten bedrohten Lebensräumen der Schweiz. Mehr als 90 Prozent der ursprünglichen Moorflächen sind in den letzten 150 Jahren verschwunden. Auch im Voralpenkanton St. Gallen leidet mancher Standort unter früheren Entwässerungen. Auf der Alp Tamons oberhalb von Mels wird nun eine der bedeutendsten Moorlandschaften saniert. Sie umfasst rund 480 Hektaren – eine Fläche von etwa 670 Fussballfeldern – mit einem Hochmooranteil von 42 Hektaren.

Über vier Jahrtausende entstand hier ein bis zu vier Meter mächtiger Torfkörper. Intakte Moore wachsen langsam weiter und speichern grosse Mengen CO2 «15 Zentimeter Torf auf einem Quadratmeter binden etwa so viel CO2 wie ein Quadratmeter Wald in 100 Jahren», weiss der St. Galler Regierungspräsident Beat Tinner. Entwässerte Moore dagegen setzen durch Zersetzung des Torfs wieder CO2 frei. Entsprechend wichtig ist es, Moore aufzuwerten.

Gemeinsam zum Erfolg

Kern der Moorsanierung ist die Wiedervernässung der Fläche. «Alte Drainageleitungen wurden entfernt, oberirdische Gräben mit bis zu drei Meter tiefen Spundwänden verschlossen und verfüllt», erklärt Moorökologin Simonetta Selva. So wächst der Torf weiter, die Vegetation erholt sich, und CO2 wird gespeichert.

Regierungspräsident Beat Tinner zeigte sich vor Ort beeindruckt: «Vom Grundeigentümer und Bewirtschafter bis zur politischen Gemeinde, zum Kanton und zum Bund: Alle ziehen am selben Strick. So können unsere Moore wieder aufblühen.» Auch der St. Galler Bauernpräsident Ruedi Thomann ist erfreut über das gelungene Projekt: «Bei der Planung wurden alle Betroffenen involviert und auch die Bedürfnisse der Landwirtschaft und der Alpwirtschaft berücksichtigt. Ich empfehle und wünsche mir, dass dies bei künftigen Projekten weiterhin so ist.»

«Die heutige ökologische Aufwertung ist daher auch aus unserer Sicht sinnvoll. Wir verlieren keine riesigen Futterflächen»

Daniel Peter, Sarganser Ortsgemeindepräsident

Die Entwässerungsmassnahmen, welche nach dem Zweiten Weltkrieg getroffenen wurden, hatten damals zum Ziel, besseres Weideland zu generieren. Der gewünschte Erfolg blieb aus. «Die heutige ökologische Aufwertung ist daher auch aus unserer Sicht sinnvoll. Wir verlieren keine riesigen Futterflächen», erklärt der Sarganser Ortsgemeindepräsident Daniel Peter und weist darauf hin, dass er als Grundeigentümer immer den Spagat zwischen Ökonomie und Ökologie schaffen müsse.

Optimale Bewirtschaftung

Die technischen Massnahmen werden durch Anpassungen in der Bewirtschaftung ergänzt. Zum Schutz der Moore vor Trittschäden werden an besonders nassen Stellen Viehübergänge angelegt. Im Gebiet Ried ergänzt ein alternierender Streuschnitt die Beweidung. Das fördert eine dichte Pflanzendecke, beugt Verbuschung vor und sichert den Landwirten die seit langem bewährte Streue als Einstreu im Winter.

Auch Erholungsuchende profitieren. Der bestehende Moorsee Schwettnen wird naturnah vergrössert und gewinnt an landschaftlicher Attraktivität. Der Melser Gemeinderat Samuel Good freut sich: «Die Natur und die Bevölkerung profitieren von der Aufwertung, und wir als Gemeinde erfüllen unsere Aufgabe, die Biodiversität zu fördern.»

Urs Gimmi, Leiter der Abteilung Natur und Landschaft beim Kanton St. Gallen, weist auf ganz spezifische Arten wie beispielsweise den fleischfressenden Sonnentau und die Moosbeere hin, die hier wachsen. Auch unterstreicht er die Bedeutung der Moore für den regionalen Wasserhaushalt: «Ein Moor ist wie ein Schwamm. Es kann viel Wasser aufnehmen und speichern. Mit dieser Eigenschaft dient es dem Hochwasserschutz.»

Weitere Projekte geplant

Die Wiederherstellung des Moors auf der Alp Tamons ist Teil der kantonalen Biodiversitätsstrategie. In deren Rahmen hat der Kanton in den vergangenen acht Jahren über 120 Aufwertungsprojekte realisiert. Weitere werden folgen. Unter anderem sollen auch Moore im Toggenburg aufgewertet werden.

«Gerade weil in den tieferen Lagen nur noch wenige Moorreste wie im Kaltbrunnerriet im Linthgebiet oder im Bannriet im Rheintal erhalten sind, kommt den grossen Moorlandschaften im Sarganserland und im Toggenburg eine besondere Bedeutung zu», sagt Regierungspräsident Beat Tinner. Das Beispiel auf der Alp Tamons zeige, dass es möglich ist, Naturschutz und nachhaltige Alpwirtschaft in Einklang zu bringen.

Das Wetter heute in

Lesershop

Hier gehts zum Lesershop

Umfrage

Setzt Ihr auf Natursprung?

32.8 % Ja, ausschliesslich
19 % Nein, nie
25.9 % Ja, je nach Kuh
13.8 % Ja, als letzte Chance (wenn KB mehrfach erfolglos)
8.6 % Manchmal

Teilnehmer insgesamt 58

Zur aktuellen Umfrage

Bekanntschaften

Suchen Sie Kollegen und Kolleginnen für Freizeit und Hobbies? Oder eine Lebenspartnerin oder einen Lebenspartner?