LID: Was ist die langfristige Vision des Projekts?
Claudio Müller: Unsere Vision ist es, eine klimaneutrale Landwirtschaft in Graubünden zu etablieren. Dabei ist uns bewusst, dass eine vollständige Klimaneutralität schwer zu erreichen ist. Dennoch dient dieser Leitgedanke als Orientierung, um den Treibhausgasausstoss in der Landwirtschaft und der gesamten Ernährungsbranche zu reduzieren.
Die Landwirtschaft macht derzeit rund 16 % der Schweizer Treibhausgasemissionen aus. Betrachtet man die gesamte Ernährungskette, steigt dieser Anteil auf bis zu 30 %. Unser Anspruch ist es, die Landwirtschaft und die Ernährungsbranche als Teil der Lösung zu positionieren, um dem übergeordneten Ziel Netto-Null bis 2050 näher zu kommen. Gleichzeitig müssen wir die Resilienz der Betriebe erhöhen, um den Auswirkungen des Klimawandels wie Trockenheit, Starkniederschlägen oder neuen Schädlingen zu begegnen.
Die Herausforderung besteht darin, nachhaltige Massnahmen mit der Wirtschaftlichkeit der Betriebe in Einklang zu bringen und gleichzeitig einen langfristigen gesellschaftlichen Wandel im Umgang mit Ressourcen zu fördern.
Wie wurden die Projekte ausgewählt?
Gianluca Giuliani: Wir haben Betriebe eingeladen, sich an einem Experiment zu beteiligen, bei dem sie Massnahmen zur Emissionsreduktion und Klimaanpassung umsetzen. Die Massnahmen wurden dann mit den Teilnehmenden bestimmt. Insgesamt haben sich 120 Betriebe beworben, doch aufgrund begrenzter Ressourcen konnten wir nur 50 und die beiden kantonalen Gutsbetriebe aufnehmen. Bei der Auswahl haben wir auf eine breite regionale Verteilung im Kanton Graubünden und eine Vielfalt in der Produktionsausrichtung geachtet.
-> Hier finden Sie die Projektbeschreibung «Hof Rätikon» (vgl. Titelbild). Der Hof Rätikon befindet sich in St. Antönien GR.
Was waren die grössten Herausforderungen während der Pilotphase?
Claudio Müller: Ein zentraler Punkt und auch ein Erfolgsfaktor ist der erwähnte Wissensaufbau. Die 52 Pilotbetriebe investieren jährlich mindestens fünf Arbeitstage in Weiterbildung. Zudem haben wir eine Treibhausgasbilanzierung eingeführt und Arbeitskreise organisiert, um den Austausch zwischen Betrieben zu fördern. Eine Herausforderung war es, Massnahmen aus der Theorie in die Praxis zu überführen, da wissenschaftlich belegte Ansätze unter realen Bedingungen nicht immer funktionieren.
«Es gibt in der Landwirtschaft nicht einfach zwei oder drei Massnahmen, die dann zur Klimaneutralität führen. Es braucht ein ganzes Bündel, um Erfolg zu haben.»
Weiter gibt es in der Landwirtschaft nicht einfach zwei oder drei Massnahmen, die dann zur Klimaneutralität führen. Es braucht ein ganzes Bündel, um Erfolg zu haben. Die Stellschrauben bei den Massnahmen richtig einzustellen, um nachhaltige Effekte zu erhalten, ist herausfordernd. Zudem ist Kommunikation essenziell, sowohl innerhalb der Branche als auch entlang der gesamten Wertschöpfungskette.
Gab es auch kantonspezifische Herausforderungen?
Claudio Müller: Graubünden ist traditionell ein Tierhaltungskanton. Wir wissen, dass aus der Tierhaltung viel Methan entsteht. Aber die Wiederkäuerhaltung ergibt Sinn, weil wir viel Grasland haben, das anders weder sinnvoll genutzt noch in Wert gesetzt werden kann und vielerorts kaum Alternativen zur Produktion anderer landwirtschaftlicher Erzeugnisse bestehen. Die Herausforderung ist also, Möglichkeiten zu finden, die Tierhaltung zu optimieren.
Klimaneutrale Landwirtschaft
— Schweizer Bauer (@SchweizerBauer) November 6, 2019
Der Kanton Graubünden startet 2021 das Projekt «Klimaneutrale Landwirtschaft #Graubünden». Dieses dauert drei Jahre. Die Ausdehnung auf die ganze Bündner #Landwirtschaft ist ab 2025 geplant.https://t.co/JLZvRRgZHS pic.twitter.com/u95J0oPGwd
Welche Massnahmen wurden konkret umgesetzt, um die Treibhausgasemissionen zu reduzieren?
Claudio Müller: Bei der Tierhaltung die Optimierung der Fütterung mit hofeigenem Futter oder den gezielten Einsatz von methanhemmenden Zusätzen, Verbesserung des Herdenmanagements zur Verlängerung der Lebensdauer der Tiere bis hin zu Untersuchungen zur genetischen Reduzierung des Methanausstosses.
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Gianluca Giuliani: In der Bodenbewirtschaftung sind es die Verbesserung der Düngerverarbeitung, Humusaufbau – das hat auch viel mit Klimaanpassung zu tun - und Experimente mit Agroforstsystemen. Im Kanton Graubünden haben wir zwar genügend Wald, aber es gibt auch hier Standorte, wo es Sinn ergeben könnte. Es gibt auch einige Betriebe, die ihre Produktionsrichtung anpassen: Ackerbaufähige Parzellen werden für den Gemüsebau und Spezialkulturen anstelle von Tierhaltung genutzt. Dies immer unter der Prämisse, dass es auch wirtschaftlich aufgeht.
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Claudio Müller: Als letzten Punkt möchte ich die Energienutzung nennen. Photovoltaik auf Stallgebäuden, optimierte Eigenstromnutzung und Elektrifizierung landwirtschaftlicher Maschinen sind einige der Möglichkeiten. Einige Betriebe setzen auch auf Biogasanlagen, um die Energieeffizienz zu erhöhen.
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Arbeitet das Projekt mit Forschungseinrichtungen zusammen?
Gianluca Giuliani: Wir haben uns bewusst für eine pragmatische, praxisnahe Herangehensweise entschieden und die Forschung später eingebunden. Inzwischen begleiten mehrere Forschungsinstitutionen das Projekt. Die enge Zusammenarbeit ermöglicht es, wissenschaftliche Erkenntnisse mit den Erfahrungen aus der Praxis zu kombinieren und die Resultate anzuschauen, dies im Sinne einer produktiven, auf Augenhöhe basierenden und partnerschaftlichen Kooperation zwischen Praxis und Wissenschaft.
Welche Projekte werden in die nächste Phase übernommen?
Claudio Müller: Wir bereiten aktuell die Expansionsphase vor und haben einen Massnahmenkatalog mit rund 50 praktikablen Ansätzen erstellt. Betriebe können daraus diejenigen Massnahmen wählen, die am besten zu ihren Strukturen passen. Die gesammelten Daten und Erfahrungswerte helfen dabei, Empfehlungen für eine breitere Umsetzung zu formulieren und mögliche Anpassungen vorzunehmen.
Die Klimastrategie des Bundes wird Auswirkungen auf die Agrarpolitik haben. Wir bereiten die Betriebe darauf vor, diesen Wandel frühzeitig mitzugestalten und sich entsprechend zu positionieren.»
Gianluca Giuliani: Die Pilotprojekte sind meist eingebettet in eine bestimmte Praxis, in einen bestimmten Betrieb. Sie haben Erkenntnisse und wichtige Praxiserfahrungen geliefert. Die kann man jetzt nutzen und weitergeben, um in die nächste Phase zu gehen.
Das Projekt soll auch Wettbewerbsvorteile für Bündner Landwirtinnen und Landwirte schaffen.
Claudio Müller: Die Klimastrategie des Bundes wird Auswirkungen auf die Agrarpolitik haben. Gleichzeitig steigt die Nachfrage nach klimafreundlichen Produkten. Wir bereiten die Betriebe darauf vor, diesen Wandel frühzeitig mitzugestalten und sich entsprechend zu positionieren. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Fleischproduktion, da sich der Markt durch veränderte Konsumgewohnheiten zunehmend verändert. Eine klimafreundliche Produktion könnte hier ein entscheidender Wettbewerbsvorteil sein.
Wird es ein Label für klimafreundliche Produkte geben?
Claudio Müller: Wir arbeiten daran, dass Betriebe ihre Anstrengungen in der klimafreundlichen Produktion sichtbar machen und ihre Produkte entsprechend kennzeichnen können. Dies würde eine höhere Wertschätzung und gegebenenfalls eine bessere Preisgestaltung ermöglichen. Ein Label könnte langfristig dazu beitragen, klimafreundliche Produkte auf dem Markt besser zu positionieren und den Konsumentinnen und Konsumenten eine bewusste Kaufentscheidung zu ermöglichen.
Klimagipfel für Landwirtschaft und Esskultur Am 28. und 29. November findet in Landquart GR der «Klimagipfel für Landwirtschaft und Esskultur» statt. Der Klimagipfel bildet den Abschluss der fünfjährigen Pilotphase. Er richtet sich an Fachleute aus Landwirtschaft, Wissenschaft, Politik, Beratung und Verwaltung sowie an Konsumentinnen und Konsumenten. Mit dem «Prix Climat» werden besonders engagierte Betriebe ausgezeichnet.
Gibt es Pläne zur Ausweitung der Massnahmen auf andere Regionen?
Gianluca Giuliani: Ja, es macht sich nicht nur der Kanton Graubünden Gedanken zum Thema. Während einige eigene Strategien entwickelt haben, sind andere auf uns zugekommen. Das Bewusstsein für Klimaanpassung ist in der Schweizer Landwirtschaft stark ausgeprägt, da Extremereignisse und Trockenperioden direkte Auswirkungen auf die Betriebe haben. Massnahmen zur Klimaanpassung gehen oft Hand in Hand mit Klimaschutzmassnahmen, sodass Betriebe von beiden Seiten her profitieren. Auch wenn sich die weltpolitische Lage geändert hat und das Klima weniger Schlagzeilen macht, bleibt es so wichtig wie zuvor. Es geht schliesslich um die Existenzgrundlage der Landwirtinnen und Landwirte.
Das Projekt «Klimaneutrale Landwirtschaft Graubünden» in 5 Stichworten
- Treibhausgasreduktion: Ziel ist die Reduktion der jährlichen Emissionen der Bündner Landwirtschaft um 50 % (von 270'000 Tonnen CO2-Äquivalenten) durch Maßnahmen in Tierhaltung, Pflanzenbau und Energie
- Pilotbetriebe: 50 repräsentative Betriebe testen praxistaugliche Klimaschutzmaßnahmen, die ab 2026 auf die gesamte Bündner Landwirtschaft ausgeweitet werden sollen
- Klimaneutralität: Graubünden soll der erste Kanton der Schweiz werden, der klimaneutrale Lebensmittel produziert
- Anpassung an den Klimawandel: Stärkung der Widerstandsfähigkeit der Landwirtschaft gegen Klimafolgen wie Wetterextreme und neue Schädlinge
- Wettbewerbsvorteil: Förderung klimafreundlicher Produkte und Dienstleistungen zur Erschließung neuer Märkte und Schaffung eines Wissensvorsprungs für Landwirte



der maschinenring graubünden mit claudio müller und das büro flury und giuliani profitiert am meisten von diesem projekt und von den gesprochenen geldern.... die sind nicht so dumm wie wir landwirte und arbeiten für unter 30fr/std.....
Kann das den wahr sein?
Warum nur glauben das so viele?
Gesunder Menschenverstand ist glaube ich an c.. Verstorben
Mit unseren Photovoltaikanlagen im Contracting helfen wir ebenfalls, den CO2 Ausstoss zu reduzieren.
Interessiert?
Dann melde dich direkt bei mir.
Tobias von Allmen
078 213 24 88
[email protected]
Zudem machen wir etwas Sinnvolles, wir produzieren das Einzige was der Mensch wirklich braucht, NAHRUNGSMITTEL!!!
Ergänzung:
Eine Hektare Wiese oder Wald bindet ca 6Tonnen CO2 und setzt 4 Tonnen Sauerstoff fre,i pro Jahr.
Gut gibs die Bauern!