
Daniel Kopp zeigt ein Foto von der Kundgebung in der Tessiner Hauptstadt. Er war mit seinen Eseln mit von der Partie.
Sophie Blonk
Im Jahr 2025 sind im Tessin 7 Wolfsrudel bestätigt. Bis zum 15. Juli wurden 23 gesicherte und 16 noch zu untersuchende Risse durch den Wolf registriert, im Jahr 2024 waren es 19 gesicherte Risse. Zahlen, die Frustration und Angst unter den Landwirten nähren.
Über 300 von ihnen demonstrierten deshalb vor kurzem in Bellinzona, um mehr Unterstützung für das Leben und Arbeiten in den Bergen zu fordern. Unter ihnen war auch Daniel Kopp, Landwirt und Hufschmiedmeister EFZ aus Dongio im Bleniotal – der einzige Teilnehmer, der Tiere in die Stadt mitbrachte.
Auf seinem Hof Luna Piena in Iragna bei Biasca betreut Daniel Kopp rund 24 Tiere – Pferde, Maultiere, Ponys und Esel –, teils eigene, teils von Kunden. Der Betrieb umfasst rund 30’000 m2 Landwirtschaftsfläche und 10’000 m2 Wald. Im Sommer weiden die Tiere auf Alpen in der Leventina oberhalb von Carì und Airolo auf über 2000 m Höhe.
Auf seinem Betrieb Luna Piena produziert Daniel Kopp Heu für den Winter, pflegt die Weiden und bietet zudem pädagogische Aktivitäten mit Tieren für Kinder, Erwachsene und Sonderschulen an. Er vermittelt Wissen über das Bergleben und den respektvollen Umgang mit Tieren.
Er überlässt nichts dem Zufall
Das Leben der Schützlinge auf dem Hof mit den Wolfsrudeln in der Nähe sei eine tägliche Herausforderung. «Ich überlasse nichts dem Zufall», sagt Kopp. Die rund 1,30 m hohen Elektrozäune mit mehreren Drähten und 8000 Volt werden täglich kontrolliert.
Auch die Weiden werden regelmässig überwacht, teils sogar nachts: «Wenn Nachbarn einen Wolf melden, fahre ich hin – notfalls mitten in der Nacht – und mache Lärm, um sie zu vertreiben. Es ist anstrengend, aber notwendig, um die Tiere zu schützen.»

Auf seinem Hof Luna Piena in Iragna bei Biasca betreut Daniel Kopp rund 24 Tiere – Pferde, Maultiere, Ponys und Esel.
Sophie Blonk
Bisher gab es bei ihm keine Angriffe, doch Kopp hat viele Berufskollegen, die Verluste durch Wölfe erlitten haben. Die Zusammenarbeit unter Tierhaltern sei entscheidend: «Jede Sichtung wird sofort weitergegeben – schade nur, dass viele kein Smartphone oder Whatsapp benutzen, sonst gäbe es längst eine Gruppe dafür.»
Um auf die reale Gefahr aufmerksam zu machen, brachte Kopp seine fünf Esel mit weissen Binden und Theaterblut geschmückt zur Demonstration. Gemeinsam mit anderen zeigte er Plakate und trug Bilder gerissener Esel auf dem T-Shirt – ein Zeichen, dass das Problem jeden Tierhalter betreffen könne.
Die Esel blieben ruhig und neugierig, doch viele Kinder hielten sie zunächst für verletzt. «Ich erklärte ihnen die Situation, und oft nutzten auch die Eltern den Moment, um über das Thema Wolf zu sprechen», erzählt Kopp.

Für die Kundgebung wurde den Eseln mit Kunstblut eine Wunde an den Hals gemalt.
zvg
Die Stimmung blieb friedlich, auch wenn Kopp bedauerte, dass keine Schafe oder Ziegen – die durch den Wolf am meisten gefährdet sind – dabei waren. Die Organisation der Kundgebung war aufwendig: Die Parkplatzsuche, das Einholen von Bewilligungen und die Planung der Tierschutzmassnahmen brachten einiges an Aufwand mit sich. Am Ende fand er für seinen Tiertransporter einen Platz bei der Feuerwehr, und alles verlief reibungslos.
Entschädigung für Tierhalter
Kopp ist kein politischer Aktivist und nicht grundsätzlich gegen Wölfe, teilt jedoch die Meinung vieler Demonstrierender: «Man kann sie nicht alle beseitigen, aber es braucht Regulierung, Kontrollen und Entschädigungen für betroffene Tierhalter.»
Ohne staatliche Unterstützung, sagt er, seien Alpenbewirtschaftung und ländliche Traditionen gefährdet. «Prävention und Zusammenarbeit unter Haltern sind wichtig, aber nicht ausreichend.» Er befürchtet, dass ohne Schutz für Tiere und Traditionen junge Menschen die Landwirtschaft aufgeben und die Alpenlandschaft ihre Pflege und Identität verliert.
Die Kundgebung in Bellionzona war nicht die erste Aktion der Tessiner Landwirte gegen den Wolf. Nach einem Schafriss im Bezirk Vallemaggia haben Bauern im April 2022 mehrere tote Schafe vor das Regierungsgebäude in Bellinzona gelegt. Die Kundgebung zeigte Erfolg: Daraufhin hat die Tessiner Regierung den Wolf im Rovana-Tal zum Abschuss freigegeben.

Bauern brachten die toten Schafen in die Kantonshauptstadt Bellinzona.