Mit Schäden von 590 Millionen Franken gehörte Luzern zu den am stärksten betroffenen Kantonen des Hochwassers, das die Schweiz am 21. und 22. August 2005 heimsuchte. Allein an der Reuss und der Kleinen Emme summierten sich die Schäden auf 345 Millionen Franken.
Am Zusammenfluss der beiden Flüsse bei Emmenbrücke, wenige Kilometer unterhalb des Zentrums der Stadt Luzern, haben am Montag die kantonalen Behörden Bilanz gezogen. Seither ist im Mündungsgebiet kein Stein auf dem anderen geblieben. In Emmenbrücke hatten die Fluten unter anderem das Industriegebiet überschwemmt.
Kleine Emme erhielt mehr Platz
Die Mauern am Ufer der Kleinen Emme wurden seither neu gebaut. Neue Brücken sollen verhindern, dass sich bei einem Hochwasser Schwemmmaterial verkeilt. Im Mündungsgebiet Reusszopf erhielt die Kleine Emme, welche die Reuss zu stauen vermag, mehr Platz, und es wurde mit flachen Uferzonen ökologisch aufgewertet.
Das Beispiel zeigt, dass im Hochwasserschutz die Lehren aus 2005 gezogen worden sind. Viktor Schmidiger, Leiter der Abteilung Naturgefahren des Kantons Luzern, sagte, dass Dämme bauen nicht mehr genüge.
Auch Raumplanung wichtig
So kommt im Hochwasserschutz neu das sogenannte integrierte Risikomanagement zur Anwendung. Laut Schmidiger wird zuerst entschieden, welche Risiken als tolerierbar eingestuft werden. Eine wichtige Rolle spielt auch die Raumplanung. So erhalten die Gewässer mehr Platz, es werden Freihalteflächen für Überschwemmungen geschaffen. Erst dann kommen auch bauliche Massnahmen in Betracht.
Der Kanton Luzern legte 2006 mit einem Planungsbericht den Grundstein für den Hochwasserschutz 2011 wurde etwa in der Stadt Luzern das Reusswehr, mit dem der Pegel des Vierwaldstättersees reguliert wird, für 23 Millionen Franken saniert. An der Kleinen Emme sind über eine Strecke von 23 Kilometer Massnahmen geplant. Bislang wurden knapp 100 Millionen Franken investiert. So wurde bei Malters eine Anlage erstellt, welche das Schwemmholz zurückhalten soll.
Einsprachen bremsen Hochwasserschutz
Noch nicht am Ziel ist Luzern dagegen an der Reuss. Die dortigen Hochwasserschutzmassnahmen waren vor allem wegen des Landverbrauchs umstritten. Derzeit ist die vom Luzerner Regierungsrat erteilte Baubewilligung von 2022 beim Bundesgericht hängig.
Diese Verzögerung habe Schadenpotential, sagte Baudirektor Fabian Peter (FDP). Es könnte sein, dass die Reussdämme einem nächsten Hochwasser nicht mehr standhalten könnten. «Mit jedem Jahr steigt das Risiko».
Klimawandel führt zu häufigeren Ereignissen
Peter wies darauf hin, dass 2005 das Ereignis als Jahrhunderthochwasser bezeichnet worden sei. Wegen des Klimawandels dürfte ein solches Ereignis aber häufiger vorkommen als alle hundert Jahre.
Die Gefahr eines Hochwasser könne ohnehin nicht beseitigt, sondern nur eingedämmt werden, hiess es von Seiten der Luzerner Behörden. Umso wichtiger sei in einem Notfall, dass das Zusammenspiel mit dem Bevölkerungsschutz funktioniere.
Führungsstäbe arbeiten enger zusammen
Auch dort wurden die Lehren aus 2005 gezogen. Sicherheitsdirektorin Ylfete Fanaj (SP) sagte, dass etwa der Führungsstab des Kantons und die Stäbe der Gemeinde besser vernetzt worden seien. Auch werde flexibler gearbeitet, und es werde regelmässig geübt. 2019 sei zudem eine kantonale Gefährdungs- und Risikoanalyse geschaffen worden. «Wir kennen unsere Defizite» sagte sie.
Der Zivilschutz ist heute auch besser aufgestellt. Die Zahl der Zivilschutzorganisationen im Kanton Luzern wurde von 27 auf drei reduziert, sie haben total weniger, aber professioneller ausgebildete Angehörige.
