Hongkong ist die internationale Drehscheibe für den Handel mit Gallensteinen von Rindern aus Südamerika und Australien. In der traditionellen chinesischen Medizin werden Rindergallensteine zur Behandlung von Schlaganfällen eingesetzt, hervorgerufen durch Bluthochdruck und Fettleibigkeit.
Und die Chinesen geben Unsummen dafür aus. Laut dem renommierten «Wall Street Journal» bezahlen Händler 5’800 Dollar für eine Unze, das sind etwa 200 Dollar (175 Franken) für ein Gramm Gallenstein.
Wer sie klaut, landet im Gefängnis
Von einem kuriosen Trend in Brasilien berichtete das deutsche Magazin «Top Agrar» Ende Januar: Bewaffnete Banden brachen in Schlachthöfe ein, um Gallensteine von geschlachteten Rindern zu stehlen.
So wurden zwei Geschwister zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, weil sie Gallensteine im Wert von über drei Millionen Dollar nach Hongkong geschmuggelt hatten. Auch mehrere Schlachthofarbeiter wurden in den letzten Jahren verhaftet, weil sie die Steine während der Arbeitszeit stahlen.
Es herrscht Verschwiegenheit
Auch in Deutschland ist der Handel mit Rindergallensteinen kein unbekanntes Thema . Mehrere grössere Schlachthöfe bestätigten gegenüber dem bayrischen Radiosender BR24, dass routinemässig jede Rindergalle auf die braunen Klumpen, die so gross werden können wie Hühnereier, untersucht werde. Aber was mit den Gallensteinen danach passiert, darüber will niemand sprechen.
Sucht man im Internet nach Abnehmern von Rindergallensteinen, so findet man mit wenigen Klicks die Firma Ox-Gallstone GmbH mit Sitz in der österreichischen Hauptstadt Wien. Das weltweit tätige Unternehmen bezeichnet sich nach eigenen Angaben als Marktführerin beim Einkauf von Gallensteinen gesunder Rinder.
Angst vor Beteiligungs-Anspruch
Von den angefragten Schlachtbetrieben bestätigt einzig die Bell-Gruppe, dass in ihrem Schlachthof Rindergallensteine gesammelt, aufbereitet und verkauft würden. Über Volumen und Geschäftsbeziehungen möchten sie aber keine Auskunft geben. Warum ist die Fleischbranche bezüglich der Gallensteine so verschwiegen?
Die Befürchtung, dass auch Landwirte an diesem lukrativen Nebengeschäft beteiligt sein wollen, ist wohl die naheliegendste Vermutung. Gallensteine kommen vor allem bei älteren Tieren vor, die regelmässig auf der Weide sind. Jährlich werden in der Schweiz 160’000 Kühe geschlachtet.
Geht man davon aus, dass bei jeder hundertsten Kuh, die in der Schweiz geschlachtet wird, ein 50 Gramm schwerer Gallenstein gefunden wird, was konservativ geschätzt ist, ergibt sich immerhin ein Marktwert der raren Steine von rund 14 Millionen Franken.
