Aufgrund der sehr nassen Witterung in den vergangenen Monaten hat der englische Bauernverband (NFU) Alarm geschlagen. Er verwies jetzt auf die dadurch entstandenen Aussaatprobleme und sieht die Gefahr einer Versorgungslücke.
Verbandspräsident Tom Bradshaw forderte die Regierung in London auf, alles dafür zu tun, um die nationale Versorgung mit Agrarprodukten und Lebensmitteln zu gewährleisten. Die britische Absatzförderungsorganisation für Landwirtschaft und Gartenbau (AHDB) berichtete unter Berufung auf ihre jüngste Umfrage von einem witterungsbedingt «drastischen Rückgang» der Anbauflächen.
Mehr Sommergetreide erwartet
Laut der im März durchgeführten Erhebung dürfte die Weizenfläche zur diesjährigen Ernte mit schätzungsweise 1,46 Mio. Hektar um 15% kleiner ausfallen als 2023. Das würde dem Umfang von 2020 entsprechen, als nur 9,4 Mio. Tonnen Weizen eingebracht wurden. Für 2024 rechnet der EU-Dachverband der Getreidehändler (COCERAL) in seiner aktuellen Prognose mit einer britischen Weizenerzeugung von knapp 11 Mio. Tonnen, nach fast 14 Mio. Tonnen im vorigen Jahr.
Die mit Wintergerste bestellte Fläche veranschlagt die AHDB auf lediglich 355’000 Hektar. Das wäre gegenüber 2023 ein Minus von 22%.
Aufgrund dessen dürften die Farmer den Anbau von Sommergerste deutlich ausdehnen. Erwartet wird hier eine Zunahme um 29% gegenüber dem Vorjahr. Insgesamt rechnet die AHDB mit einem Gerstenareal von 1,24 Mio. Hektar. Im Vergleich zu 2023 wäre das ein Plus von 8%. COCERAL erwartet sogar ein Flächenplus von 18% und eine Steigerung der Gerstenproduktion um ein Fünftel auf 8,4 Mio. Tonnen.
Fast 30 Prozent weniger Raps
Deutlich kleiner dürfte gemäss der Befragung der Farmer hingegen das Rapsareal ausfallen. Das AHDB geht von nur 280’000 Hektar aus, womit die Vorjahresfläche um 29% unterschritten würde. Dies wäre das kleinste Rapsareal seit 1984.
COCERAL weist in seiner Prognose eine Rapsfläche von 315’000 Hektar aus und sieht eine Erntemenge von 1,0 Mio. Tonnen. Im Vorjahr waren auf der Insel 1,2 Mio. Tonnen der schwarzen Ölfrucht geerntet worden.
Priorität auf heimischen Anbau legen
Der NFU zeichnete aufgrund der Umfrageergebnisse ein «düsteres Bild». Präsident Bradshaw machte deutlich, dass die Farmer landesweit seit Ende letzten Jahres mit anhaltendem Regenwetter konfrontiert gewesen seien. Davon seien mehrere Tausend Hektar Ackerland betroffen. Bradshaw räumte ein, dass es schwierig sei, allen Unwetterextremen entgegenzuwirken.
«Gleichwohl müssen wir erkennen, dass wir unserem Wassermanagement keine Priorität eingeräumt haben und die Dinge drastisch schief laufen», stellte der NFU-Präsident fest. Bradshaw befürchtet, dass dadurch der Import von Agrarprodukten steigen könnte, die nicht nach britischen Standards angebaut worden seien. Er sieht darin eine Gefahr für weitere Marktvolatilitäten. Zudem hätten die Farmer noch mit den hohen Betriebskosten aus dem letzten Jahr zu kämpfen.
Der NFU-Präsident forderte die Regierung auf, der heimischen Lebensmittelproduktion den richtigen politischen Rahmen und die ihr gebührende Priorität zu geben. Gebraucht würden ein Plan für die Bewirtschaftung sowie Investitionen in Wasserläufe und Hochwasserschutzanlagen. Auch müsse die Regierung die Herausforderungen des Klimawandels für die britische Landwirtschaft stärker in den Fokus rücken.
