Das Fischsterben im Wildbach Spöl im Nationalpark ist ein grosser Rückschlag für die Renaturierung eines typischen «Restwasser»-Bachs. Der Spöl galt bislang als Beispiel dafür, wie sich Stromproduktion und Ökologie vereinen lassen.
Eine seit 12 Jahren laufende Studie der Wasserforschungsanstalt des ETH-Bereichs Eawag am Wildbach Spöl zeigte, dass es möglich ist, das eine zu tun, ohne das andere zu lassen. Es sollte erforscht werden, ob und wie jährliche künstliche Flutungen die natürliche Flussdynamik und Lebensgemeinschaften wieder herstellen können.
Staumauer machte Spöl 1970 zum Rinnsaal
Der Bau des Livigno-Staudamms im Jahr 1970 hatte für den früheren Wildbach Spöl zur Folge, dass er zum Rinnsaal wurde. Seit dem Jahr 2000 wurde nun die konstante Restwassermenge im Rahmen der Studie ein- bis dreimal pro Jahr für einige Stunden bis Tage durch künstliche Flutungen unterbrochen.
Voraussetzung war, dass dieses Regime die Stromproduktion nicht untragbar einschränkte, also übers Jahr hinweg nicht mehr Wasser abgelassen wurde als vorher.
Paradies für Bachforellen
Die Eawag-Forscher nahmen im Jahr vor den experimentellen Fluten sowie in den Folgejahren Proben der Lebewesen. Sie untersuchten die Zahl der Arten und Individuen und wie stark sie vom Wasser mitgerissen wurden.
Bis zur ökologischen Katastrophe vom Samstag herrschten im Spöl unterhalb der Livigno-Staumauer wieder Lebensbedingungen und eine Artenzusammensetzung, die für Flüsse der Region typisch sind. Zudem hatte sich die Zahl der Laichgruben von Bachforellen seit 2000 fast verdreifacht.
Für die Forscher der Eawag galt der Spöl bislang als ein Beispiel dafür, dass sich ökologische und ökonomische Interessen vereinbaren lassen. Das für die Flutungen abgelassene Wasser kann in andere Staueinrichtungen umgeleitet werden und lässt sich dort praktisch kostenneutral zur Stromproduktion nutzen.