Wenn das Hennenleben auf dem Hof endet

Mit einem Geflügelschlachtmobil ist Robin Zimmer in der ganzen Schweiz tätig. Das Angebot nutzen vor allem Betriebe mit einer bestimmten Ausrichtung.

Anine Hungerbühler |

Auf dem Hof der Familie Caduff in Tartar, oberhalb von Cazis GR, ist es ruhig. Rasch, aber ohne Hektik arbeitet Robin Zimmer mit zwei Mitarbeitern im Geflügelschlachtmobil. Die Stille wird bloss vom Rauschen des Wassers oder von einem vereinzelten Gackern unterbrochen.

Ab einer Mindestzahl von 50 Hennen rückt Zimmer mit seinem Mobil aus und schlachtet die Legehennen auf Höfen in mittlerweile 17 Kantonen. Er ist einer von drei Anbietern dieser Dienstleistung in der Schweiz. Im Schlachtmobil nimmt Beni Jordi eine Henne aus der Transportkiste. Sie wird mit Strom betäubt. Schliesslich tötet der gelernte Koch sie mit einem Kehlschnitt. So wird die Henne zum Schlachtkörper. «Für mich als Koch ist die Arbeit aus Sicht des Lebensmittelkreislaufs extrem wertvoll», sagt Jordi, der einen Schlachtkurs absolviert hat.

Fast alle vermarkten direkt

Bald ist die Hälfte der Hühner geschlachtet. Zeit für eine Kaffeepause. Zimmer spricht mit Curdin Caduff und dessen Vater Ruedi Caduff über ihren Betrieb. Sie halten neben den Legehennen Mutterkühe der Rasse Angus. Er habe einen guten Draht zu den Bauern, sagt der Projektleiter, er verstehe ihre Anliegen durch seine Ausbildung zum Landwirt in Ostdeutschland. «Durch den Kundenkontakt bin ich sehr nahe an den Bäuerinnen und Bauern und kann sie auch hinsichtlich Vermarktung ihrer Produkte beraten.»

«Wir sind in der Branche akzeptiert, weil wir eine Nische bedienen.»

Robin Zimmer, Gründer «Geflügel-Schlachtmobil»

So hat sich die Firma Rundumgrün GmbH, der das Schlachtmobil gehört, mit dem Geschäftszweig einen Kundenstamm von rund 60 Betrieben aufgebaut. 99 Prozent der Betriebe machen laut Zimmer Direktvermarktung. Das ist bei Caduffs anders. Hierher kam das Schlachtmobil im Auftrag der Gallina AG, die die Hennen von Caduff vermarktet. Der Landwirt bezahlt für die Abholung der Hühner, während die Gallina AG die Dienstleistung mit dem Schlachtmobil abrechnet.

100 Henne pro Stunde

Die beiden Firmen haben eine Partnerschaft. Solche will Zimmer weitere gründen, um eine höhere und konstantere Grundauslastung zu erreichen. So soll die Dienstleistung zum einen rentabler für die Firma Rundumgrün GmbH, aber auch günstiger für die Bauern werden. Aktuell kostet die Dienstleistung 3.90 Franken pro Legehenne. Für die Anfahrt verrechnet Zimmer 2.50 Franken pro Kilometer, der Rückweg geht auf Kosten der Rundumgrün GmbH.

Zusätzlich fällt eine Reinigungspauschale von 200 Franken an. Die Preisgestaltung ist laut Zimmer der einzige Kritikpunkt, der ihn von Landwirten erreiche. Ansonsten habe er sehr viel positives Feedback. «Der Aufwand für die Bauern ist grösser, aber sie können in der Direktvermarktung eine Geschichte zu ihrem Produkt erzählen.» Zimmer und sein Team schlachten rund 100 Hennen pro Stunde, bei einem herkömmlichen Schlachtbetrieb seien es 2’500 Hennen.

Nische in der Branche gefunden

Aus diesem Grund nimmt Zimmer keine Aufträge mit Scharen, die über 1000 Tiere zählen, an. «Wir sind in der Branche akzeptiert, weil wir eine Nische bedienen.» Das Geschäftsmodell läuft erfolgreich, seit Zimmer im Oktober 2023 die Bewilligung für den Betrieb erlangte. Doch wie ist er auf die Idee gekommen? «Als ich eines Nachts nicht schlafen konnte, bin ich auf Youtube auf ein Video mit einem Geflügelschlachtmobil aus Deutschland gestossen und mit der Idee zu meinem Chef gegangen.» Die Rundumgrün GmbH wird von Marcel Lusti, dem ehemaligen Pächter des Leimbihofs, einem Betrieb der Stadt Zürich, geführt.

«Mit unserer Dienstleistung können wir aus den Legehennen ein zusätzliches Produkt machen.»

Robin Zimmer, Gründer «Geflügel-Schlachtmobil»

Darauf liess Zimmer, der Landwirtschaft studiert hat, ein Mobil, das den Schweizer Bedingungen entspricht, in Deutschland bauen. Im Vorfeld wurde eine Bewilligung mit dem Veterinäramt des Kantons Zürich erarbeitet. Seine Motivation erklärt er wie folgt: «Mit unserer Dienstleistung können wir aus den Legehennen ein zusätzliches Produkt machen und generieren für die Betriebe eine weitere Einkommensquelle.» Weiter motivierte ihn, eine Schlachtung ohne Tiertransporte transparent und zum Wohle der Tiere anbieten zu können.

Ein Drittel zu Suppenhuhn

Bis die Vermarktung gelinge, brauche es aber Zeit, um das Vertrauen der Kunden in das Fleisch zu gewinnen. Deshalb empfiehlt der Projektleiter, aus einem Drittel Suppenhühner zu machen und den Rest des Fleischs zu Bratwürsten, Lyonern, Hamburgern und weiteren Produkten verarbeiten zu lassen. Damit müssen die Betriebe eine Metzgerei beauftragen. Auch das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (Fibl) befasst sich mit der Hofschlachtung von Geflügel.

In einem Projekt werden laut Milena Burri vom Departement für Nutztierwissenschaften unter anderem das Verhalten der Tiere sowie Stress anzeigende Parameter im Stichblut analysiert. Die Ruhe auf dem Hof wird nun vom Brummen des Traktormotors unterbrochen. Curdin Caduff bringt die letzten Legehennen zum Schlachtmobil. In Kürze werden auch sie geschlachtet. «Unser Ziel ist, dass die Legehennen nicht länger als eine Stunde in den Kisten warten müssen.»

=> Hier finden Sie mehr Informationen zum Schlacht-Mobil

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