«Schweizer Bauer»: Was sind Streuströme?
Markus Rombach: Der elektrische Strom fliesst im Normalfall in einem Stromkreis von der Quelle zur Last und wieder zurück zur Quelle. Solche beabsichtigten Ströme werden als Betriebsströme bezeichnet. Beim Betrieb elektrischer Anlagen ist es möglich, dass Teile des Betriebsstroms unbeabsichtigt einen Weg über leitfähige Gebäude- oder Anlagenteile und Erdungen oder über das Erdreich finden; solche unbeabsichtigten Ströme werden «vagabundierende Ströme» oder auch «Streuströme» genannt, und die Folge ist eine Streuspannung, welche Tiere spüren können. In der Regel über 1 Volt.
Treten sie nur im Melkbereich auf oder sind auch andere Bereiche des Stalles betroffen?
Streustrom verbreitet sich in allen leitenden Teilen und Metallelementen eines Gebäudes. Besonders heikle Stellen sind beispielsweise Böden oder Mauern aus Stahlbeton, Abruffütterungen, Melkstände und Rohre beim Fressgitter sowie bei Liegeboxen, Wasserleitungen im Melkstand.
Warum ist der Melkstand besonders «anfällig» auf Streuströme?
Der Melkstand ist nicht unbedingt anfälliger, vielmehr werden hier die Tiere stärker als im Rest des Stalls beobachtet. Daher werden Probleme, die mit dem Melken zusammenhängen, häufig schneller festgestellt.
Wie reagieren die Kühe, wenn Streuströme vorhanden sind?
Kühe können mit Verhaltensänderungen, erhöhten Zellzahlen oder Problemen mit der Fruchtbarkeit, mit Futter- und Wasseraufnahme und mit verringerter Leistung reagieren. Allerdings muss dies immer erst gut abgeklärt werden, bevor man von Streuströmen spricht, da all diese Symptome auch durch andere Ursachen begründet sein können.
Weshalb merkt der Mensch nichts?
Weil wir einen anderen Widerstand haben als beispielweise Kühe. Durch die Schuhe sind wir zusätzlich weniger anfällig auf Streuströme. Die Kühe stehen häufig direkt auf dem nassen Boden.
Wie kann ich herausfinden, ob in meinem Melkstand oder in meinem Stall Streuströme auftreten?
Braucht es zwingend einen Fachmann mit Messinstrumenten? Es wird empfohlen, wenn andere Ursachen ausgeschlossen werden konnten, Kontakt mit einem Streustrom-Fachexperten aufzunehmen. Man muss schauen, ob Streuströme überhaupt denkbar sind. Bei Ungewissheiten ist auf jeden Fall ein Fachexperte zuzuziehen. Es muss gesagt werden, dass Streuströme eher die Ausnahme, nicht die Regel sind. Am besten sollte man erst weitere Abklärungen durchführen.
Die neue Informationsplattform Streuströme beinhaltet auch eine Checkliste. Wer soll diese ausfüllen?
Die Checkliste für die Selbstdiagnose kann durch den Landwirt für eine erste Abschätzung ausgefüllt werden. Die Checkliste zu den Fotovoltaikanlagen sollte durch den Elektroinstallateur ausgefüllt und nach der Fertigstellung ausgefüllt an den Eigentümer übergeben werden. Die Erfahrungsberichte auf der Plattform zeigen, dass Symptome, wie sie bei Streuströmen auftreten, auch andere Ursachen haben können.
Informationsplattform Streuströme
Viele Betriebsleitende berichten über Streuströme, die zu Problemen im Stall geführt haben. Zahlreiche unterschiedliche Symptome weisen auf die Streuströme hin. Diese können aber auch mit anderen Ursachen einhergehen, weshalb eine genaue Zuordnung der Symptome oft schwierig ist. Auch hat sich gezeigt, dass Streuströme eher die Ausnahme als die Regel sind. Die neue Informationsplattform Streuströme soll als Anlaufstelle und Informationsquelle zu Streuströmen und weiteren Ursachen für ähnliche oder gleiche Symptome dienen. Auf ihr findet man Kontakte zu Fachpersonen, Fachinformationen, eine Checkliste und Erfahrungsberichte von betroffenen Landwirten, die für den Vergleich mit den Gegebenheiten auf dem eigenen Betrieb herangezogen werden können.
Ist das häufig der Fall?
Ja. Wie bereits gesagt, Streuströme sind die Ausnahme und nicht die Regel, daher sollten immer auch andere Ursachen in Betracht gezogen werden. Wurden diese Abklärungen bereits durchgeführt, sollten aber auf jeden Fall Fachexperten für Streuströme zugezogen werden, um weitere Abklärungen zu treffen.
Wieso wurde die Plattform aufgeschaltet? Ist das Problem der Streuströme wirklich so gross?
Die Ungewissheit im Bereich der Streuströme ist enorm, und eine fundierte Plattform mit der Möglichkeit zur Kontaktaufnahme mit Fachexperten war deshalb ein grosses Bedürfnis der Branche.
