
Bundesbern geht der Frage nach, ob und wie man die Inlandleistungen weiter ausgestalten möchte.
Leonie Hart
Die öffentlichen Schlachtviehmärkte sind nicht nur wegen der gekürzten Gelder für den Leistungsauftrag von Proviande unter Druck, vielmehr auch wegen des Entlastungspakets 27. Darin ist unter anderem eine Anpassung beim Fleischimport vorgesehen, die für den Bund Mehreinnahmen von rund 100 Millionen generieren soll.
Demnach sollen künftig die gesamten Zollkontingente versteigert werden. Bis jetzt gilt beim Rindfleisch die Regelung, dass die Hälfte der Einfuhrmenge an den Meistbietenden versteigert wird, dass 10 Prozent der Kontingentsanteile nach der Zahl der auf den öffentlichen Märkten ersteigerten Tiere zugeteilt werden und 40 Prozent nach der Menge der geschlachteten Tiere. Diese Importregelung basiert auf den WTO-Verträgen aus dem Jahr 1995.
Inlandleistung war mal weg
2007 gab es einen Systemwechsel, wonach 90 Prozent der Einfuhrmenge versteigert wurden. Die 10 Prozent der Kontingentsanteile, die nach der Zahl der auf den öffentlichen Märkten ersteigerten Tiere zugeteilt wurden, hatten aber Bestand. 2015 wurde dann das heutige System eingeführt. Im Faktenblatt des Entlastungspakets zur Landwirtschaft steht: «Die Gratiszuteilung von Kontingenten ist eine Subvention der Importeure, die der Landwirtschaft nur beschränkt zugutekommt.»
Diese Ansicht teilt SVP-Nationalrat Ernst Wandfluh (BE) und Präsident der IG öffentliche Märkte nicht: «Auch die Landwirtinnen und Landwirte profitieren indirekt von der Inlandleistung», sagt er. Der Präsident der IG öffentliche Märkte ist überzeugt, dass die Regelung für bessere Preise beim Schlachtvieh sorge, weil die Abnehmer – um davon Gebrauch zu machen – hier einkaufen und produzieren müssten.

QUELLE: PROVIANDE
M.MULLIS/SCHWEIZER BAUER
Das zeigten auch die Schlachtviehpreise, die besser seien, seit die Inlandleistung gelte, so Wandfluh (siehe Grafik). Das bestätigt zwar auch Proviande, nicht jedoch den direkten Zusammenhang. «Seit ein Teil der Kontingente wieder an die Inlandleistung geknüpft ist, sind die Preise gestiegen.» Wie stark dies zusammenhänge, sei jedoch schwierig abzuschätzen.
Diskussion im Parlament
Der Ständerat wird in der Wintersession über das Sparpaket debattieren, der Nationalrat wahrscheinlich im Frühling. Da das Paket dem fakultativen Referendum untersteht, könnte letztlich auch das Volk darüber entscheiden. Ernst Wandfluh hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Parlamentarierinnen und Parlamentarier von der Relevanz der Inlandleistung für die Schweizer Landwirtschaft zu überzeugen.
Aus diesem Grund lud er jüngst auch Bundesrat Guy Parmelin auf den Schlachtviehmarkt nach Thun ein. Doch der Wille in Bundesbern, das Entlastungspaket umzusetzen, sei gross, so Wandfluh und ergänzt: «Es ist eine Mammutaufgabe, die Inlandleistung retten zu können.» Und wenn nicht, dann dürfte es schwierig sein, die Märkte so zu erhalten wie bis jetzt, befürchtet er.
Kurz und knapp
Die öffentlichen Schlachtviehmärkte sind eine Verkaufsplattform und ein Sammelplatz, wo die Bauern dem Viehhandel ihre Schlachttiere gebündelt anbieten können. Ein Vorteil der Märkte für die Landwirtinnen ist, dass die angemeldeten Tiere im Schadenfall versichert sind, wenn sie via Markt verkauft werden. Laut verschiedenen Quellen liegt der Mehrerlös beim Verkauf eines Rinds auf einem öffentlichen Schlachtviehmarkt bei 150 bis 200 Franken im Vergleich zum direkten Verkauf an den Handel. bki