Mit quälendem Schrei sinkt das riesige Rhinozeros zu Boden. Wo vorher sein Horn sass, ist nur noch blutiges Fleisch. Obwohl sich der Tierarzt intensiv um seinen schwerverletzten Patienten kümmert, stirbt dieser nach sechstägigem Todeskampf.
Er ist ein weiteres Opfer in der blutigen Schlacht um die Nashörner in Südafrikas Privatreservaten. Eigentümer und Ranger sind weitgehend machtlos, für die hochgerüsteten Wildererbanden sind die Tiere leichte Beute.
«Ich fühle mich wie im Krieg»
Und die grausame Jagd lohnt sich: Nach UNO-Schätzungen erzielt das Horn auf Asiens Schwarzmarkt Spitzenpreise von 50’000 Euro pro Kilogramm. Schauplatz der brutalen Attacke war das Aquila Wildreservat zwei Stunden von Kapstadt entfernt. «Ich fühle mich wie im Krieg», sagt Eigentümer Searl Derman erschöpft. Um seine Nashörner zu schützen, hat Derman Helikopter, Tierärzte sowie Sicherheitsleute organisiert, die rund um die Uhr Wache schieben.
Doch gegen die finanzstarken Banden kommt er nicht an. «Wir haben alles getan, obwohl wir es uns eigentlich gar nicht leisten konnten - und nun müssten wir uns eigentlich doppelt anstrengen», sagt er. Es war bereits das zweite Opfer illegaler Nashorn-Jäger in Dermans Park. Für Hinweise auf die Wilderer hat er umgerechnet 10’000 Euro Belohnung ausgesetzt. «Ich wünschte, es wäre mehr», seufzt er: «Die Belohnung müsste genauso hoch sein wie der Preis für ein Horn».
Höhere Preise als für Kokain
In der traditionellen asiatischen Medizin gilt das aus Keratin bestehende Horn noch immer als Wundermittel gegen alle möglichen Beschwerden und Krankheiten - von Fieber bis Krebs. Obwohl sein medizinischer Nutzen wissenschaftlich nicht belegt ist, erzielt es höhere Preise als Kokain. 275 Nashörner starben in diesem Jahr in Südafrika bereits durch Wilderer, vor vier Jahren waren es ganze 13.
Die Banden konzentrieren sich inzwischen auf private Reservate, in denen etwa ein Viertel der Nashörner lebt. «Vor drei Jahren gab es keine gewilderten Tiere in privaten Parks, doch jetzt sieht man sie immer häufiger», sagt Pelham Jones vom Verband der privaten Nashorn-Besitzer.
Armee mobilisiert
Insgesamt 450 bis 500 Rhinozerosse werden dieses Jahr nach seiner Schätzung durch die illegalen Jäger sterben. «Das ist absolut grausam», erzählt er. «Hartgesottene Buschmänner stehen um die Kadaver und weinen.»
Das Blutbad hat solche Ausmasse angenommen, dass Südafrika im April bereits seine Armee mobilisiert hat. Im staatlichen Kruger National Park mit dem grössten Nashorn-Bestand des Landes konnte die Todesrate der massigen Dickhäuter durch den Einsatz von Soldaten drastisch gesenkt werden.
«Der private Sektor hat das nicht, und das wissen die Wilderer sehr gut», sagt Jones. «Es ist einfacher, ein privates Reservat anzugreifen».
Tiere enthornt
Im 9000 Hektar grossen Wildgebiet Kariega in der Provinz Ostkap wurden die Nashörner enthornt, um die Tiere für die illegalen Banden wertlos zu machen. In dem schwer zu kontrollierenden Gelände schlugen Wilderer bereits drei Mal zu. Ein Sicherheitsteam schützt nun die überlebenden Tiere.
Die Eigentümer fordern eine politische Lösung des Problems, beispielsweise durch die Behörden in Asien. Selbst eine Legalisierung des Horn-Handels wird diskutiert. Offiziell gehandeltes Horn könnte aus lizensierter Jagd kommen oder von Tieren, die eines natürlichen Todes gestorben sind.
Die Zeit drängt: «Wenn es so weitergeht, sind wir in 18 Monaten so weit, dass unser Bestand an Nashörnern zurückgeht», sagt Jones.