«Kaninchen liefern alles ausser Steak»

Schweizer Kaninchenfleisch ist im Aufwind. Wer einsteigen will, braucht aber viel Wissen, ein gutes Auge und viel Fingerspitzengefühl. So wie Tina Armenti, die 896 Mastplätze und 88 Zuchtzibben betreut.

Schweizer Kaninchenfleisch ist im Aufwind. Wer einsteigen will, braucht aber viel Wissen, ein gutes Auge und viel Fingerspitzengefühl. So wie Tina Armenti, die 896 Mastplätze und 88 Zuchtzibben betreut.

«Begonnen haben wir vor etwa sechs Jahren mit 100 Mastkaninchen», erzählt Stefan Märki, Landwirt in Rüfenach AG. Seine Lebenspartnerin Tina Armenti ergänzt: «Vor zwei Jahren haben wir den alten Schweinestall ausgebaut und 896 Mastplätze eingerichtet. Und seit diesem Frühling züchten wir auch selber.» Ziel von Märki und Armenti ist, mit den 88 Zibben und den 11 Böcken alle zur Ausmast benötigten Kaninchen selber zu züchten. «Wenn alles gut läuft, sollte das möglich sein», schätzt Daniel Kaufmann von der UFA. Er liefert Märki und Armenti nicht nur das Kaninchenfutter – die UFA führt neben dem Hobbyfutter eine Profi-Linie –, sondern steht den Kaninchenhaltern auch mit Rat und Tat zu Seite. Das ist nötig, denn Kaninchenzucht und -mast sind relativ junge Betriebszweige, die sich deutlich von der Hobbyhaltung unterscheiden.

Professionelle Kaninchenhalter brauchen viel Erfahrung, Fingerspitzengefühl und Zeit. Kaninchen sind heikle Tiere, und Krankheiten können rasch zu grossen Ausfällen führen. Armenti, die auf dem Hof in Rüfenach für die Chüngel zuständig ist, geht täglich mindestens zweimal in die Ställe. «Wenn die Zibben werfen, kontrolliere ich öfter, denn das ist eine heikle Phase», sagt sie.

Zibben in  der Gruppe

Die Zibben der französischen Rasse Hycol werden in Achtergruppen gehalten. In jedem Abteil sind acht Wurfkisten, im eingestreuten «Gemeinschaftsbereich» erhöhte Liegestellen, Futter- und Wasserstellen und eine Heuraufe. Dieses System entspricht dem BTS-Standard. Jeden Monat kommt für rund eine Woche ein Bock der Rasse Hyla oder Zikka zur Gruppe. Die Zibben werfen entsprechend jeden Monat zwischen sieben und zwölf Junge, die sie auch etwa vier Wochen lang säugen. 21 Tage nach dem Werfen wird ein Teil der Bucht in einen «Kleinkindergarten» umfunktioniert. Weitere zehn Tage später werden die Jungtiere in den Maststall umgestallt, während die Zibben schon wieder am Werfen sind.

Fressen rund um die Uhr

Im Maststall hält Armenti die Kaninchen in 28er-Gruppen. Die Bodenplatte ist ein Kunststoffrost, durch den der Mist nach unten fällt. Zwei Podeste, die 30 Prozent der Bodenfläche umfassen, sind mit Stroh eingestreut. Vom oberen Podest erreichen die Chüngel die Heuraufe. «Heu ist sehr wichtig», betont Armenti, und UFA-Berater Kaufmann weiss: «Ein Kaninchen muss rund um die Uhr fressen können, sonst kommt es zu Darmentzündungen, die zum Tod führen können.» Heu und 7,5 kg Kraftfutter frisst jedes Kaninchen, bevor es nach 77 bis 84 Tagen  Mastdauer mit 2,7 bis 3,1kg Lebendgewicht geschlachtet wird. Die Schlachtausbeute  liegt bei rund 50 Prozent. Aus einem Mastkaninchen gibts also etwa 1,5 kg Fleisch. «Sehr fettarmes, gesundes Fleisch, aus dem man alles machen kann», betont Armenti, «nur Steaks gibt es keine.» 

Für Coop und die Migros

Die Mästerin und ihr Partner beliefern die Kani-Swiss GmbH von Felix und Rosmarie Näf in Beinwil AG. Die Kani-Swiss ist der eine grosse Abnehmer von Schweizer Kaninchenfleisch und beliefert hauptsächlich Bell, aber auch Spitäler oder Heime. Näfs Lieferanten produzieren nach BTS-Vorschriften. Der zweite grosse Abnehmer ist die Kyburz Vieh + Fleisch AG in Lupfig AG, welche die Migros und Manor beliefert und nach IP-Suisse-Vorgaben produzieren lässt. Dort werden die Zuchtzibben einzeln und in der Mast auch mehr als 28 Tiere pro Gruppe gehalten. Gemäss Tierschutzverordnung dürfen maximal 6,6 Tiere pro Quadratmeter gehalten werden.

Trotz Abnahmevertrag der Kani-Swiss verlässt sich Armenti nicht nur auf den Grosshandel.  Sie verkauft das Fleisch auch direkt ab Hof. Vom ganzen Chüngel mit Kopf über halbe Tiere, Leberli oder Schenkel bis zu Hamburger, Bratwurst und Grillplatte hat sie ein riesiges Sortiment, das sie von der Kani-Swiss  bezieht. «Wenn ich schon Kaninchen mäste, sollen die Konsumenten das Fleisch auch bei mir beziehen können», meint sie, «nur so lernen sie es kennen und merken, wie gut es schmeckt.» Das Fleisch eigne sich auch für Leute, die Diät halten müssten.

Es braucht mehr Fleisch

Tatsächlich kommen  immer mehr Schweizer Konsumenten auf den Geschmack – oder sie verlangen tiergerecht produziertes Fleisch statt solches aus dem Ausland, wo die Kaninchen oft unter misslichen Bedingungen gehalten werden. Sowohl bei der  Kyburz Vieh+ Fleisch AG als auch bei der Kani-Swiss sieht man noch Absatzpotenzial. Bei   der Kyburz Vieh+Fleisch AG    können ab Herbst auch neue Mäster einsteigen, die Kani-Swiss will in erster Linie in bestehenden Ställen aufstocken.

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