
Grundlage für die rege Einfuhr von russischen Stickstoffdüngern dürfte der Preis sein.
Baywa
Die Vereinigten Staaten haben grosse Mengen ihrer Stickstoffdünger in diesem Jahr aus Russland bezogen. Nach Angaben der Tageszeitung Kommersant stieg die gelieferte Menge an Harnstoff von Januar bis August 2025 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 31 % auf mehr als 1,5 Mio. Tonnen an. Damit stellte Russland etwa 35 % der rund 4,3 Mio. Tonnen Harnstoff, die von den USA im betrachteten Zeitraum insgesamt importiert wurden.
«Wendepunkt in der Agrarhandelspolitik»
Grundlage für die rege Einfuhr von russischen Stickstoffdüngern dürfte der Preis sein. Russland war nicht unter die erhöhten Importzölle gefallen, die Washington in der ersten Jahreshälfte gegen die wichtigsten Lieferanten von Stickstoffdüngemitteln verhängt hatte. Laut Kommersant mussten die russischen Exporteure zudem nach neuen Absatzmöglichkeiten suchen, als die EU zum 1. Juli 2025 zusätzliche Zölle auf die Einfuhr von Düngemitteln aus Russland eingeführt hat.
Am 13. November hatte US-Präsident Donald Trump überraschend bekannt gegeben, die Importzölle auf wichtige Düngemittel – einschliesslich Harnstoff – abzuschaffen. Nach Einschätzung des globalen Finanzdienstleistungsunternehmens StoneX markiert dies einen «Wendepunkt in der Agrarhandelspolitik». Damit dürfte die Attraktivität des US-Marktes als Abnehmer wieder deutlich steigen.
Rückfall der Preise
«Die im ersten Halbjahr 2025 eingeführten Zölle haben zu erheblichen Marktverzerrungen geführt. Landwirte sahen sich in den letzten Jahren mit einigen der schlechtesten Handelsbedingungen konfrontiert, belastet durch sinkende Agrarrohstoffpreise und gleichzeitig gestiegene Produktionskosten», erklärte Tomás Pernías, Marktanalyst bei StoneX. Die Aussetzung der Zölle dürfte dieses Ungleichgewicht etwas abmildern.
Laut Darstellung von StoneX hatten internationale Lieferanten während der Geltungsdauer der US-Zölle ihre Lieferungen an Düngemitteln auf Märkte ohne Zollbelastung verlagert, was das inländische Angebot in den USA verringert und dort zu anhaltend hohen Preisen beigetragen habe. Mit dem Wegfall der Zölle sei in den Vereinigten Staaten nun ein Rückgang der Düngerpreise zu beobachten. Andererseits erhöhe sich bereits der Bedarf an Nachschub, was wiederum preistreibend wirke.
Bewegung auch bei Kalidünger
Für Bewegung am US-Düngermarkt könnte auch die Aufhebung der Sanktionen gegen belarussische Kalidünger sorgen. Die USA erlaubten am 15. Dezember wieder den Handel mit dem Kali-Riesen Belaruskali, dessen Händler Belarusian Potash Company (BPC) und der BPC-Tochtergesellschaft Agrorozkvit. Dies erfolgte als Gegenleistung für einen grösseren Gefangenenaustausch. Die USA stellten die Aufhebung weiterer Sanktionen in Aussicht, sobald sich die Beziehungen zwischen den beiden Ländern normalisieren. Analysten erwarten durch die wegfallenden Sanktionen allerdings kaum Auswirkungen auf die globalen Düngemittelpreise. Wenige Tage zuvor hatte Trump in Richtung Kanada gedroht, erhebliche Zölle auf Kali einzuführen.
Die USA hatten bereits im August 2021 Sanktionen gegen Belaruskali verhängt. Am 1. Februar 2022 kündigte Litauen seinen Vertrag mit dem Konzern über die Verschiffung von Kalidünger über den Hafen von Klaipėda, der traditionell praktisch alle belarussischen Kaliexporte abwickelte. Vor dem Inkrafttreten der westlichen Sanktionen hatte Belaruskali jährlich 10 Mio. bis 11 Mio. Tonnen Kaliumchlorid in weltweit 107 Länder exportiert, das entsprach einem Anteil von etwa 20 % am globalen Markt. Mit Beginn der Sanktionen begann der Konzern, Kali über russische Häfen zu exportieren, und lieferte auch per Eisenbahn nach China.
Peking verbietet Phosphat-Export
Angebots- und Preisveränderungen sind unterdessen auch am Markt für Phosphate zu erwarten. Dafür dürfte China sorgen, mit einem Marktanteil von rund einem Drittel der weltweit grösste Exporteur von Phosphatdüngemitteln. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Bloomberg wurden Industrievertreter jetzt von der National Development and Reform Commission aufgefordert, die Phosphatexporte bis August 2026 auszusetzen. Das soll die Versorgung des heimischen Marktes sicherstellen und die Düngerpreise vor der Frühjahrsaussaat stabil halten. Damit sollen die Landwirte motiviert werden, die Getreideproduktion weiter zu erhöhen.
Dieses faktische Exportverbot könnte nach Einschätzung von Marktexperten die globalen Phosphatpreise in die Höhe treiben, die allerdings seit dem Höchststand von April 2022 deutlich gefallen sind. Neu ist dieses Vorgehen der Volksrepublik nicht. Seit 2021 hat Peking bereits mehrfach vorübergehende Exportstopps beziehungsweise -beschränkungen für Phosphate oder Harnstoff verhängt – was jeweils für spürbare Preisbewegungen sorgte.