Was steckt hinter diesem Brauch?

Bald endet das 2025. Der Jahreswechsel wird jeweils in der Silvesternacht gefeiert. Aber warum eigentlich, wer steckt hinter diesem Brauch?

Es gibt Kirchen in Rom, da sind die Schlangen länger. Vor allem vor dem Petersdom, wo die meisten Päpste begraben liegen. Aber auch in Santa Maria Maggiore, wo sich dieses Jahr Papst Franziskus bestatten liess, der Argentinier, der auch nach seinem Tod die Dinge anders haben wollte als die Vorgänger. In die Marienkirche nahe dem Hauptbahnhof kommen die Touristen nun jeden Tag zu Tausenden. Die kleine Kirche San Silvestro in Capite mitten im historischen Zentrum nehmen hingegen die wenigsten wahr.

Dabei ist der Bau aus dem achten Jahrhundert die letzte Ruhestätte eines bedeutenden Papstes, der bis heute wirkt: Silvester I. – der Mann, von dem der letzte Tag des Jahres seinen Namen hat. Es ist sein Todestag: Der 33. Pontifex der katholischen Kirche, der zuvor als Einsiedler im Wald gelebt hatte, starb dem Gregorianischen Kalender zufolge am 31. Dezember des Jahres 335 nach Christus. Er wurde nur etwas mehr als 50 Jahre alt.

Auch die Italiener gedenken am Mittwoch wieder des Heiligen, der zudem Schutzpatron aller Haustiere ist. Allerdings: Dass in der Schweiz (und in Deutschland, Österreich, Polen, Tschechien und der Slowakei) die Leute «Silvester feiern» – also einen Todestag und dazu noch den eines Papstes -, versteht hier keiner. In Italien heisst der Tag capodanno (wörtlich: Kopf des Jahres). Im Englischen lautet der Begriff New Year’s Eve (Vorabend des neuen Jahres), im Spanischen nochevieja (Alte Nacht).

So oder so: Warum der Mann, der vor 1700 Jahren als Pontifex wirkte, in der Geschichte so wichtig war, weiss heute in vielen Ländern nur noch eine Minderheit. Sein Name stammt vom lateinischen Wort für Wald, silva. Silvester bedeutet also Mann aus dem Wald: Bevor er Papst wurde, soll er tatsächlich im Forst von Soratte nahe Rom gelebt haben.

Erster Papst, der nicht verfolgt wurde

Der Legende nach heilte Silvester dann den leprakranken Kaiser Konstantin, woraufhin dieser der Verfolgung von Christen im Römischen Reich ein Ende setzte. In Wahrheit wurde das Edikt von Mailand, mit dem das Christentum zur offiziellen Religion wurde, schon 313 unterzeichnet – also einige Monate bevor Silvester Papst wurde. In dessen Pontifikat von Januar 314 bis Dezember 335 vollzogen sich dann jedoch die grossen Änderungen.

In dieser Zeit liegen auch die Ursprünge von Roms ersten Basiliken, auch der Vorgänger von Petersdom und Lateranbasilika. In den Vatikanischen Museen mit ihren mehr als sechs Millionen Besuchern jedes Jahr gibt es ein berühmtes Fresko nach Entwürfen von Raffael (1483-1520), wie Kaiser Konstantin von Silvester eigenhändig getauft wird. Die Szene ist frei erfunden. Auch die Tiara, die dreifache Krone der Päpste, die Silvester auf dem Fresko trägt, gab es zu dessen Lebzeiten noch gar nicht.

Legende über Drachenbändiger auf 365 Stufen

Mit Sicherheit ins Reich der Fabeln gehört auch die Geschichte, wie Silvester einen Drachen bändigte, der in einer Höhle am Palatin hauste, einem von Roms sieben Hügeln. Dessen Atem soll so infernalisch gestunken haben, dass Menschen zu Tausenden starben. Silvester fesselte ihn jedoch angeblich mit einem einzigen Faden seines Papstgewandes und schleppte ihn 365 Stufen hinauf ans Tageslicht – sozusagen mit 365 Schritten dem neuen Jahr entgegen.

Was stimmt: In Silvesters Amtszeit fiel das erste ökumenische Konzil der Geschichte. 325 trafen sich in Nicäa, dem heutigen Iznik in der Türkei, Bischöfe von überall her, um sich auf theologische Grundlagen zu einigen. Die Versammlung verständigte sich auch auf das Glaubensbekenntnis, das heute noch gesprochen wird. Auf seiner ersten Auslandsreise war der neue Papst Leo XIV., der ja auch Bischof von Rom ist, im vergangenen Monat dort zu Besuch.

Kein Feuerwerk zum Jahresende

In San Silvestro hingegen, wo einige der sterblichen Überreste von Silvester liegen, war Leo seit seiner Wahl im Mai noch nie. Da hält es der erste Pontifex aus den USA wie die ausländischen Touristen, die lieber zur Spanischen Treppe und zum Trevi-Brunnen pilgern, ganz in der Nähe der Kirche. Die meisten haben von dem Grab unter dem Altar wohl nie etwas gehört. Am Mittwoch, dem Namenstag, findet in San Silvestro wie zu jedem Jahresende ein Gottesdienst statt. Ein Feuerwerk gibt es nicht.

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