Warum Liechtensteiner Alpen für Schweizer Bauern attraktiv sind

Viele hiesige Kühe verbringen den Sommer auf der Alp im Fürstentum Liechtenstein. Ein Grund dafür ist unter anderem der Käse. Christian Konrad erklärt, weshalb das Sömmern in Liechtenstein für Schweizer Bauern attraktiv ist.

Christian Zufferey |

Genau genommen ist Vaduz, die Hauptstadt des Fürstentums Liechtenstein, mit seinen rund 5’800 Einwohnern gar keine Stadt. Selbst in der liechtensteinischen Verfassung steht, dass Vaduz nur ein Hauptort ist, weil sich hier die Regierung und der Wohnsitz des Fürsten befinden. Dennoch wird das Ortszentrum liebevoll «Städtle» genannt.

Nur wenige Meter vom «Städtle» entfernt befindet sich der Neufeldhof von Christian und Heike Konrad. Weil er auch direkt an einer beliebten Veloroute liegt, haben die beiden schon früh begonnen, ihre Produkte direkt zu vermarkten. Sie verkaufen heute Eier, Milchprodukte, Fleischwaren sowie eigenes Obst und Gemüse.

Eselsalami als Hobby

Konrads halten auf einer Fläche von rund 22 ha Milchkühe sowie etwa zwei- bis dreimal im Jahr Mastschweine oder Mastpoulets, um zu eigenen Fleischwaren zu kommen. Ausserdem halten sie etwa 15 Esel, deren Fleisch sie für Eselsalami nutzen, wobei Christian Konrad sie auch als sein persönliches Hobby sieht. Für ihn sind die Esel auch sehr wertvoll, um Alpweiden zu nutzen.

Derzeit befinden sie sich zusammen mit Jungvieh und Galtkühen auf der Alp Gaflei, die er seit vielen Jahren von der Gemeinde Vaduz pachtet. Die Esel bringt er später auf die Vaduzer Alp Pradamee, wo sich 10 seiner 40 Milchkühe befinden. Die übrigen Kühe bleiben zu Hause, damit er ganzjährig Milch abliefern kann. 

Über 300 Mitglieder

Die Alp Pradamee ist eine von vier Alpen in Liechtenstein, auf denen Milch verarbeitet wird. Christian Konrad amtiert mit Peter Ospelt, einem Elektriker, als Alpvogt. «Er kümmert sich ums Personal und um die Produktion, ich um alles, was mit den Tieren zusammenhängt.» Dazu zählt auch deren Beschaffung. Es sind mehrheitlich Schweizer Kühe.

«Denn Bauern haben keine Verpflichtung, sich am Alpwerk zu beteiligen», erklärt Konrad, weshalb das Sömmern in Liechtenstein für Schweizer Bauern attraktiv ist. Diese Pflicht obliegt stattdessen den über 300 Mitgliedern der Alpgenossenschaft – allerdings kaufen sich die meisten davon frei. Ausserdem müssen Bauern den Alpkäse nicht zurücknehmen. «Es ist zwar möglich, Alpprodukte zurückzunehmen, um sie etwa im eigenen Hofladen zum Verkauf anzubieten.»

85 Rappen pro Kilo Milch

Auch er gehört zu denen, die in seinem Hofladen Alpprodukte verkaufen. «Wer das nicht will, bekommt 85 Rappen pro Kilo Milch ausbezahlt.» Auch das Personal stammt überwiegend aus der Schweiz. Jonas Schlegel, der auf Pradamee seine Mutterkühe sömmert, ist der einzige Liechtensteiner. Die Sennerin, Katrin Moser, die ihren sechsten Alpsommer auf Pradamee verbringt, kommt aus Grindelwald BE.

Unterstützt wird sie von Melanie Signer aus Mels SG, der Appenzellerin Anita Gämperli und Raphaela Sutter aus dem Allgäu (D). Produziert werden Alpkäse aus Rohmilch, Raclette-Käse und Mutschli aus thermisierter Milch, Alpbutter, neun Sorten Joghurt und Sauerkäse. Weil die Alp von Malbun aus innert 15 bis 20 Minuten bequem zu Fuss erreichbar ist, können viele Alpprodukte im Alpbeizli verkauft werden.

Strengere Vorschriften

Weil Liechtenstein zwischen der Schweiz und Österreich liegt, hat Sennerin Katrin Moser jedoch auch besondere Herausforderungen. Einerseits besteht eine Zoll- und Währungsunion mit der Schweiz, weshalb sich Liechtenstein bei den Produktions-Vorschriften weitgehend am Schweizer Standard orientiert. Andererseits gehört Liechtenstein zum Europäischen Wirtschaftsraum, weshalb auch EU-Vorschriften berücksichtigt werden müssen. Das hat etwa Konsequenzen für die Produktion von Sauerkäse.

In der Schweiz muss dieser aus Rohmilch hergestellt werden. In Liechtenstein ist das aber verboten. Hinzu kommt, dass Moser seit diesem Jahr nicht mehr nur einmal jährlich von jedem Produkt, sondern von jeder Charge Proben entnehmen und an ein Labor schicken muss. Dadurch fallen Unkosten von über 7’000 Franken an, auf denen die Alp sitzenbleibt.

«Wir haben in Liechtenstein ein überdurchschnittlich gut besetztes Amt für Umwelt», meint Christian Konrad dazu nur. Voraussichtlich am Samstag, 7. September 2025, wird der Alpsommer zu Ende gehen. Die Kühe kehren dann zu Fuss und geschmückt nach Vaduz zurück.

Schon gewusst?

Bis vor ein paar Jahren wurde die meiste Milch, die Liechtensteiner Bauern produzierten, an die Milchhof AG in Schaan geliefert, die die Milch zu verschiedenen Molkereiprodukten verarbeitet hat. Der Milchhof entstand 1974 aus einem Zusammenschluss örtlicher Sennereien. Von 2014 bis 2016 erfolgte ein Neubau für 24 Mio. Liter Milch, obschon in Liechtenstein nur etwa 14 Mio. Liter Milch produziert wurden.

Das führte dazu, dass der Milchhof nie rentabel betrieben werden konnte, was schliesslich zu dessen Liquidation führte und an die in der Schweiz ansässige Bodensee Käse AG verkauft wurde, die am 1. August 2022 die operative Tätigkeit aufgenommen hat. Heute wird in der neuen Kronen Käserei AG nur noch Käse produziert.

Die Käserei verarbeitet derzeit rund 5,5 Mio. Liter Liechtensteiner Milch – bis 2030 hofft die Kronen Käserei, etwa 10 Mio. zu verarbeiten. Dabei holt die Mooh als Milchkäuferin die Milch von den Bauernhöfen ab, auf die die Kronen Käserei ein Vorkaufsrecht hat. Der in Schaan produzierte Käse wird überwiegend in die EU exportiert. czb

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