
Will bis Ende 2026 ein nachhaltiges finanzielles Gleichgewicht erreichen: Ralph Perroud, CEO der Cremo.
Adrian Haldimann
«Schweizer Bauer»: Mitten im Umstrukturierungsprozess schreibt die Cremo nach wie vor rote Zahlen. Der Nettoverlust konnte zwar um 3,4 Millionen Franken reduziert werden, beträgt aber immer noch 16,9 Millionen Franken. Was war im vergangenen Jahr besonders herausfordernd?
Ralph Perroud: Ein Hauptproblem waren die Energiekosten, die im vergangenen Jahr rund 5 Millionen Franken höher waren als ein Jahr zuvor. Weiter bremsten uns technische Störungen in der Produktion – die Maschinen sind teils in die Jahre gekommen. Und auch die Verluste bei den halbfertigen Milchprodukten, vor allem beim Milchpulver, wirkten sich negativ auf das Geschäftsergebnis aus. Auch die teils hohen Lagerbestände, vor allem Milchpulver, mussten teils mit hohen Preisabschlägen abgebaut werden.
Auch der Umsatz ist um gut 20 Millionen Franken gesunken.
Der Umsatzrückgang um 4 Prozent auf 504,4 Millionen Franken war grösstenteils zu erwarten. Im Jahr 2024 verzeichnete das von Cremo verarbeitete Milchvolumen einen Rückgang von 8,95 % im Vergleich zum Vorjahr. Wir haben einige Produkte aufgegeben, defizitäre Lebensmittelläden in den beiden Autobahnraststätten im Kanton Freiburg geschlossen und Petit Crémier reorganisiert. Auch das laufende Jahr dürfte im Umsatz rückläufig sein.
«Wir wollen in die Käseproduktion investieren.»
Trotz Verlusten und tieferen Umsätzen sprachen Sie an der Medienkonferenz von ermutigenden Anzeichen. Von welchen Anzeichen sprechen Sie?
Das Ebit, das Ergebnis vor Zinsen und Steuern, konnten wir um rund 700’000 Franken trotz schwierigen Bedingungen im letzten Jahr verbessern. Das ist erfreulich. Der Anstieg des Cashflows um 22,4 Millionen Franken ist ein klares Signal. Dieser Liquiditätszufluss ermöglichte eine Reduktion der Verschuldung um 12,2 Millionen Franken und stellte neue Investitionskapazitäten bereit. Wir wollen in den nächsten Jahren investieren. Letztes Jahr ist es uns gelungen, die finanzielle Situation einen grossen Schritt in die richtige Richtung zu verbessern.
Sie sprechen das Investieren an. Welche Investitionen stehen bevor?
Wir wollen in die Käseproduktion investieren, ebenso in Marken wie Lattesso mit ihren Kaffeegetränken, die sich im Aufwind befinden. Darüber hinaus planen wir auch Investitionen in unsere Buttereiproduktion.
Der Umsatz verteilt sich auf die verschiedenen Produktgruppen Käse mit 23 Prozent, Milchpulver mit 17,3 Prozent, Butter mit 32,6 Prozent und Frischprodukte mit 25 Prozent. Werden sich diese Anteile in Zukunft verändern?
Butter bleibt wichtig und soll weiterhin einen Drittel des Umsatzes ausmachen. Die Produktion unrentabler Produkte im Milchpulverbereich haben wir bereits gestoppt oder reduziert. Mit den richtigen Produkten wollen wir aber die Milchpulverproduktion in Zukunft stärken, ebenso die Produktgruppe Käse.
«Gerade im Export fehlten uns kaufkräftige Kunden für den Emmentaler AOP.»
Cremo gibt aber die Reifung von Emmentaler AOP auf.
Emmentaler AOP ist ein schwieriges Produkt. Gerade im Export fehlten uns kaufkräftige Kunden für diesen Käse. Deshalb entschieden wir, Emmentaler AOP nicht mehr für die Affinage zu kaufen, diese geben wir vorerst auf. Handel betreiben wir aber weiterhin – solange wir die richtigen Kunden haben.
Wie beurteilen Sie den aktuellen Milchmarkt?
Vom Konsumenten werden Milch und Milchprodukte stabil nachgefragt. Auf der anderen Seite wird es aber in Zukunft nicht einfach sein, Milch in genügender Menge beschaffen zu können. Wir wollen Milch und Milchprodukte pushen und diese gut vermarkten können. Wir sehen Potenzial für Neuheiten. Wir wollen in Zukunft Innovationen schaffen. Das ist die Grundlage, um schlussendlich auch einen guten Produzentenpreis bezahlen und dementsprechend genügende Milchmengen erhalten zu können.
Kommen wir zum Schluss nochmals auf die Umstrukturierung zu sprechen. Diese soll noch in diesem Jahr in die vierte und letzte Phase übergehen. Was ist geplant?
Wir beabsichtigen, verstärkt in die Entwicklung neuer Produkte zu investieren. Gleichzeitig werden wir unsere Marken gezielt stärken, um den Wandel von einer volumenorientierten hin zu einer markenorientierten Strategie mit höherem Mehrwert voranzutreiben. Das Marketing soll einen wichtigeren Stellenwert erhalten. Zudem sollen in der kommenden Phase neue Märkte, insbesondere der internationale Kundenstamm, ausgebaut werden. Und bis Ende 2026 wollen wir ein nachhaltiges finanzielles Gleichgewicht erreichen.
«Ein intensives Jahr für Cremo»
«2024 war kein einfaches Jahr, aber ein Jahr der Klarheit, der mutigen Entscheide und erster spürbarer Fortschritte ‒ ein sehr intensives Jahr für Cremo», so Georges Godel, Präsident des Verwaltungsrats. Die Cremo mit Sitz in Villars-sur-Glâne FR ist nach Emmi die zweitgrösste Molkerei in der Schweiz. 1135 Bauern verkaufen ihre Milch an die Cremo als Direktlieferanten. Wie schwierig im vergangenen Jahr insbesondere das Geschäft mit Milchpulver war, zeigte kürzlich Kommunikationschef Alex Segovia gegenüber dem «Schweizer Bauer» auf.
Er bestätigte, dass sie «eine gewisse Menge an Ware über Biogas entsorgt haben». Die Cremo-Spitze um Godel und CEO Ralph Perroud sprach am Donnerstag vor den Medien von einem anhaltend anspruchsvollen wirtschaftlichen Umfeld, wobei nach dem 2023 begonnenen Umstrukturierungsprozess «erste Anzeichen der Erholung klar erkennbar» seien.
Laut Geschäftsbericht 2024 hat Cremo folgende Aktionäre: Freiburger Milchverband (FMV, 45,97 %), Aaremilch AG (9,03 %), Genossenschaft Prolait (9,23 %), Ingredia SA (4,15 %), Genossenschaft Mooh (1,97 %), Lieferanten und Produzenten von Milch (13,62 %), Walliser Milchverband (WMV, 4,18 %), Vereinigung Berner Milchproduzenten Cremo (VBMC, 3,00 %), andere (7,89 %). hal