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«Aufwand der Bauern wird abgegolten»

Der Schutz der Lebensgrundlagen soll in der Bundesverfassung verankert werden. Das verlangt die Biodiversitätsinitiative. Das Komitee hat am Dienstag mit einem Medienauftritt in Bern die Abstimmungskampagne für den 22. September lanciert.

Der Biodiversität in der Schweiz gehe es schlecht, macht das Komitee geltend. Rund die Hälfte der natürlichen Lebensräume sei bedroht, und etwa jede dritte Tier- und Pflanzenart sei gefährdet oder bereits ausgestorben. Sauberes Wasser, fruchtbare Böden und schöne Landschaften gehörten zu den Schweizer Lebensgrundlagen.

Initiative

Die Biodiversitätsinitiative will Bund und Kantone in die Pflicht nehmen. Sie verlangt, dass genügend Flächen und ausreichend finanzielle Mittel für den Erhalt der Biodiversität reserviert werden. Zahlen nennt sie keine. Die Organisation Pro Natura, die im Ja-Komitee mitmacht, hat als Schutzziel 30 Prozent der Fläche genannt. Weiter will die Initiative erreichen, dass die Natur, vielfältige Landschaften und schöne Ortsbilder geschont werden, auch ausserhalb von Schutzgebieten. Auf einen Gegenvorschlag verzichtete das Parlament. Volk und Stände entscheiden am 22. September über das Volksbegehren.

7600 Quadratkilometer verloren

«Die schleichende Zerstörung unserer Natur, die Verluste von Landschaft und Baukultur sind alarmierend», sagte Urs Leugger-Eggimann, Geschäftsleiter Pro Natura, an der Medienkonferenz. «Das hat gravierende Auswirkungen auf unsere Gesundheit, auf die Wirtschaft und auf die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder», führte er weiter aus. Bundesrat und Parlament empfehlen sie zur Ablehnung. 

Die Hälfte der natürlichen Lebensräume sei bedroht. «Seit 1900 haben wir etwa 7600 Quadratkilometer an artenreichen Lebensräumen verloren – wie Trockenwiesen, Auen oder Moore. Das entspricht der Fläche der Kantone Bern und Freiburg oder fast einem Fünftel unserer gesamten Landesfläche», warnte Leugger. Ei Drittel der Tier- und Pflanzenarten in der Schweiz sei gefährdet oder bereits ausgestorben.

Schütze und Nützen in einer Hand

Die Schweiz bilde bei den Schutzgebieten in Europa zusammen mit Bosnien und der Türkei das Schlusslicht. Nicht nur die Quantität, sondern auch die Qualität der Lebensräume nehme ab. Die Flächen würden immer einförmiger, wenige gleiche Pflanzenarten nähmen überhand, so Leugger. Schützen und Nutzen gehe aber in den meisten Gebieten Hand in Hand, ist er überzeugt. «Eine angepasste wald- und landwirtschaftliche Bewirtschaftung ist möglich – ja teilweise sogar nötig, um die Schutzziele zu erreichen», forderte er. 

Leugger zählte einige Beispiel auf, beispielsweise die Sanierung des Flusskraftwerks Hagneck im Berner Seeland. Hier seien Biodiversität, Landwirtschaft und Energiegewinnung im Einklang. Der Flächenverlust gehe aber unvermindert weiter. Jedes Jahr wachse die bebaute Fläche in der Schweiz um 20 Quadratkilometer wegen der Intensivierung der Landnutzung, durch Verbauung, Versiegelung und Zerschneidung. «Es besteht grosser Handlungsbedarf. Darum ist eine Trendwende nötig», forderte Leugger.

«Billige Stimmungsmache»

Die Biodiversitätsinitiative fordert gemäss den Initianten:

  • Verankerung des Schutzes unserer Lebensgrundlagen in der Verfassung.
  • Ausreichende Flächen und finanzielle Mittel für den Erhalt der Lebensgrundlagen.
  • Sie nimmt Bund und Kantone in die Pflicht, ohne fixe Zahlen zu Flächen und Mitteln zu nennen.
  • Schonung der Natur und Erhaltung vielfältiger Landschaften und schöner Ortsbilder auch ausserhalb von Schutzgebieten.

Der Schutz der Biodiversität habe einen grossen Nutzen auch für die Menschen, argumentierte das Komitee. «Eine vielfältige Natur sorgt für sauberes Wasser, fruchtbare Böden, Bestäubung unserer Nutzpflanzen. Das sind zum grossen Teil Funktionen, die auch mit enormem technischem Aufwand nicht einfach so ersetzt werden können», führte Sarah Pearson Perret, Leiterin der Geschäftsstelle Romandie von Pro Natura, aus.

«Die heute ungenügenden Massnahmen zugunsten der Biodiversität kommen uns viel teurer zu stehen als die Umsetzung der Biodiversitätsinitiative», hielt der Aargauer FDP-Nationalrat Matthias Jauslin, Stiftungsrat der Stiftung Landschaftsschutz, an der Medienkonferenz fest. «Es ist billige Stimmungsmache zu drohen, dass grosse Teile der Schweiz bei Annahme der Biodiversitätsinitiative unter Schutz stünden», führte er aus. In den allermeisten Gebieten, die unter Schutz stünden, seien verschiedenste Formen der Nutzung möglich. «Das soll auch so bleiben», sagte Jauslin.

Hohe Kosten drohen

Er warnte davor, dass die Kosten immer höher werden, wenn nicht gehandelt wird. «Die jährlichen Kosten des Nicht-Handelns nehmen stetig zu: Im Jahr 2050 betragen sie in der Schweiz gemäss Schätzungen des Bundesrats bereits 14 bis 16 Milliarden Franken jährlich. Das sind 2 bis 2,5 Prozent des Bruttoinlandprodukts», so Jauslin.

In seiner Position gestärkt fühle er sich durch den Entscheid des Bundesrates, in den nächsten Jahren 276 Millionen Franken zugunsten von Natur und Landschaft zu streichen. Ausserdem habe das Parlament noch vor der Umsetzung die Bestimmung wieder gestrichen, 3,5 Prozent der Ackerflächen für Biodiversität vorzusehen.

Hinter der Initiative stehen sieben Trägerorganisationen, über sechzig Partnerorganisationen, 24 kantonalen Komitees sowie über 150 lokalen Gruppierungen. Das Kampagnenbudget des Trägervereins beläuft sich auf derzeit rund drei Millionen Franken.

Bauern nehmen an Projekten teil

Raffael Ayé, Geschäftsführer von Birdlife Schweiz, warnte ebenfalls davor, dass die Biodiversität in der Schweiz stark gefährdet ist. Mit einem Ja zur Initiative sei eine Trendwende möglich. Die Initiative mache keine Vorschriften für Private. «Bund und Kantone müssen nach Annahme der Initiative dafür sorgen», so Ayé. Die Formulierung «erforderliche Flächen, Mittel und Instrumente» sei bewusst offen gewählt.

Die Flächen umfassten Siedlungsflächen und Gewässerräume ebenso wie den Wald, landwirtschaftlich genutztes und auch ungenutztes Land. «Oftmals ist es so, dass die für die Biodiversität besonders wertvollen Flächen – etwa nährstoffarme oder vernässte Standorte – für die forstwirtschaftliche oder landwirtschaftliche Nutzung unterdurchschnittliche Bedeutung haben. Es gibt also viel Potenzial für Synergien», sagte Ayé.

«Aufwand der Bauern wird abgegolten»

Schützen und Nutzen der Biodiversität würden einander überhaupt nicht ausschliessen, dazu gebe es viele Beispiele. Er nannte jenes aus dem Farnsberg im Kanton Basel-Land. 30 Landwirtschaftsbetriebe würden am freiwilligen Projekt teilnehmen. Tausende Hochstamm-Obstbäume und Büsche seien gepflanzt worden, zahlreiche Blumenwiesen und Kleinstrukturen angelegt. Das werte die Landschaft aus, zudem hätten die Bestände von Neuntöter und Gartenrotschwanz zugenommen. «Die Bauern produzieren hochwertige Lebensmittel und fördern gemeinsam mit Projektmitarbeitenden die Biodiversität», hielt Ayé fest.

Dass der Erhalt der Biodiversität Kosten verursachen wird, ist für Birdlife-Geschäftsführer unvermeidlich. Die Sicherung und Stärkung der Biodiversität sei nicht gratis zu haben. «Förster, Bauern und weitere Akteure, die Massnahmen für die Biodiversität umsetzen, sollen für diesen Aufwand abgegolten werden. Angesichts des riesigen Werts der Biodiversität eine sehr lohnende Investition», führte er aus.

Was die Gegner sagen

Die Biodiversitätsinitiative würde nach Ansicht des Nein-Komitees die Lebensmittelproduktion stark einschränken. Ausserdem mache die Schweizer Landwirtschaft bereits jetzt viel für die Biodiversität. Mit 9 Argumenten starteten sie die Kampagne gegen die Volksinitiative.

-> Mehr dazu gibt es hier

Kommentare (2)

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  • Christoph Saner | 26.06.2024
    Schade das der Schweizerische Bauernverband mit der Wirtschaft zusammen alles torpedeiert. Wichtig es ist mit der Natur mehr zusammen zu arbeiten, sehen wir doch jedes Jahr mehr. Ein ökologisches Gleichgewicht hilft niemandem mehr als dem Bauern selbst.
  • Holsteinkuh | 25.06.2024
    Ich werde ja stimmen , wenn wir für unser Produckte kostendeckende Preise erhalten und Zölle auf importierte Lebensmittel massiv steigen . Aproppo Biodiversität wenn ich mich momentan umschaue sehe ich lauter Ökoflächen sprich altes Heu ! Sch......Wetter Krutzifix nomal
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