Das Auengebiet «Grien» bei Rietheim (Gemeinde Zurzach) ist ein Gelände von nationaler Bedeutung. Es liegt an einer der letzten von Staustufen freien Rheinstrecken. Zwar wurde auch hier in den Sechzigerjahren ein Kraftwerk geplant und bereits ein Damm aufgeschüttet, der den «Chly Rhy», einen Seitenarm, vom Fluss abtrennte.
Aber trotz fortgeschrittener Planung verzichtete die Elektrizitätswirtschaft schliesslich auf das Laufkraftwerk und baute stattdessen das Kernkraftwerk Beznau I, das damals günstigeren Strom produzierte. Der Verzicht rettete den sogenannten Koblenzer Laufen am Rhein.
Zähes Ringen
Nach dem Kraftwerkprojekt scheiterte später am Rietheimer Rheinufer auch ein Golfplatzprojekt. Das ermunterte Naturschützer zur Renaturierung der Aue «Chly Rhy». Der 1,5 km lange Seitenarm wurde wiedereröffnet und es wurden Stillgewässer, Kies- und Sandbänke, Riedwiesen und Weichholzauen angelegt. Das beanspruchte 4 Hektaren Fruchtfolgeflächen.
Weitere 10 Hektaren Kulturland wurden extensiviert und als Heuwiesen oder Weiden den Bauern zur Bewirtschaftung zugewiesen. Zwei von drei Rietheimer Vollerwerbslandwirten akzeptierten nach zähem Ringen die getroffene Lösung. Sie wurden mit Realersatz sowie 13 Hektaren zusätzlichem Pachtland, das bisher ein Gemüsebauer aus dem 20 km entfernten Zürcher Unterland bewirtschaftete, abgegolten. Ein dritter einheimischer Bauer wehrte sich bis vor das Bundesgericht und ging leer aus.
Erweiterung in Planung
Nun soll auch die extensivierte 10 ha grosse Fläche sukzessive in eine Auenlandschaft umgewandelt werden. Das bedingt deren definitive Festsetzung im kantonalen Richtplan. Der Regierungsrat hat dem Grossen Rat eine entsprechende Vorlage unterbreitet, über die in den nächsten Tagen verhandelt wird. Für die geplanten Renaturierungsmassnahmen werden weitere 4 bis 5 ha Fruchtfolgeflächen (FFF) beansprucht. Die restliche Fläche kann weiterhin landwirtschaftlich bewirtschaftet werden.
Gegen das Vorhaben wehrten sich im Vernehmlassungsverfahren der Bauernverband Aargau (BVA), die Kantonalpartei Die Mitte sowie fünf Privatpersonen. Der BVA erachtete es «alles andere als ökologisch, wenn 10 ha landwirtschaftliche Böden nicht mehr für die einheimische Ernährungssicherheit genutzt und im Gegenzug weniger nachhaltige Produkte importiert würden». Es wurde auch befürchtet, dass die Renaturierungsmassnahmen zu einer Verschlechterung der Hochwassersituation führen könnten.
Kommission stimmt zu
Die zuständige Grossratskommission Bau, Verkehr, Energie, und Raumordnung unter der Leitung von SVP-Grossrat und Landwirt Christian Glur sieht bei der Erweiterung des Auengebietes «Chly Rhy» zwar noch verschiedene offene Fragen, stimmt der Aufnahme in den kantonalen Richtplan aber grundsätzlich zu. Sie will die genauen Auswirkungen der Renaturierung auf die Hochwassersituation bei der Projekt- und Kreditvorlage noch näher ausgewiesen haben. Zudem verlangt sie, dass der Verlust an Fruchtfolgeflächen minimiert wird.
Deshalb schlägt die Kommission dem Grossen Rat eine geringe Reduzierung des Auenperimeters vor. Sie hat sich zudem von der Regierung bestätigen lassen, dass die vom Bundesrecht vorgeschriebenen Pufferstreifen zwischen Schutzgebiet und landwirtschaftlicher Nutzfläche im Auenperimeter bereits enthalten sind.