/fileadmin/images/logo.svg

Artikel werden durchsucht.

Ausgebrannt – und keine Freude mehr

Auch Bauernbetriebe sind nicht vor Krisen gefeit. Beim Versuch, das Bild der perfekten Bauernfamilie trotz Überlastung aufrechtzuerhalten, wird vielfach alles riskiert. Der Ausweg ist meist alles andere als einfach.

Christian Lanz |

 

Auch Bauernbetriebe sind nicht vor Krisen gefeit. Beim Versuch, das Bild der perfekten Bauernfamilie trotz Überlastung aufrechtzuerhalten, wird vielfach alles riskiert. Der Ausweg ist meist alles andere als einfach.

Eine, die sich im Bereich Krisenbewältigung engagiert, ist Rös Angst, Bäuerin aus dem zürcherischen Wil. Sie arbeitet für «Offeni Türe», eine Selbsthilfeorganisation der Zürcher Landfrauenvereinigung und des Zürcher Bauernverbandes für Bauernfamilien in sozialen und finanziellen Notlagen.

Druck nimmt zu

«Unser gegen aussen anonymes Team aus erfahrenen Frauen und Männern mit Bezug zur Landwirtschaft bietet rasche und unkomplizierte Hilfe an», erklärt sie. Die Fälle, mit denen sie zu tun hat, sind oft kompliziert. «Die Probleme werden zunehmend verschärft durch finanziellen Druck und anstehende Umstrukturierungen der Betriebe.»

Schwierigkeiten würden dabei vielfach totgeschwiegen statt diskutiert, beschreibt Rös Angst ihre Erfahrungen. «Für viele Betroffene braucht es einiges an Überwindung, um die eigenen Probleme zur Sprache zu bringen.» Es sei aber von zentraler Bedeutung, dass man sich rechtzeitig nach Beratungsmöglichkeiten umsieht. «Wenn eine Bauernfamilie erst einmal in Nöten steckt, kann sich der Bauer nicht einfach ersatzlos krankschreiben lassen oder sein Arbeitspensum beliebig reduzieren.»

Grosse Anforderungen

Wenn Bauernfamilien in Schwierigkeiten geraten, würden vielfach Familienprobleme dahinterstecken, konstatiert man bei «Offeni Türe». Meist begleitet von gesundheitlichen Problemen sowie von betrieblichen und finanziellen Engpässen. «Oft ist es gar nicht möglich, die Probleme an einer einzigen Ursache festzumachen.» Einen Landwirtschaftsbetrieb zu führen, sei mit grossen Anforderungen verbunden, gibt Rös Angst zu bedenken: Arbeit und Betrieb müssten organisiert und Produkte vermarktet werden.

Hinzu kommen Haushalt, Unterhalt von Maschinen und Bauten, oft ein Nebenerwerb und die Betreuung und Erziehung der Kinder. «Viel Zeit zum Luftschnappen oder für Hobbys als Ausgleich zur harten Arbeit auf dem Hof bleibt da nicht.»

Wenn der Faden reisst

Beim Versuch, das Bild der perfekten Bauernfamilie trotz Überlastung aufrechtzuerhalten, werde oft alles riskiert: Betrieb, Partnerschaft und oft auch die eigene Gesundheit, sagt Ueli Straub, Fachmitarbeiter bei der Agridea sowie Vorstandsmitglied beim Bäuerlichen Sorgentelefon. «Warnzeichen der zunehmenden Erschöpfung werden ignoriert. Der Bauer gibt noch mehr Gas, weil er sich ja sonst eingestehen müsste, dass er den Betrieb nicht mehr im Griff hat.»

Wenn dann der Faden definitiv reisse, sei es oft zu spät, warnt Straub. «Die Gesundheit spielt nicht mehr mit. Die Lebensfreude ist weg, das Selbstvertrauen am Boden zerstört und der Zusammenhalt in der Familie ernsthaft bedroht.» An ein «normales» Arbeiten sei vorerst nicht mehr zu denken. «Deshalb lohnt es sich, rechtzeitig alles in die Wege zu leiten, um zu verhindern, dass der Betrieb nicht wie ein Kartenhaus in sich zusammenfällt.»

Abwärtsspirale brechen

Wenn dann aufs Mal die Krise zuschlägt, oft ausgelöst durch ein kleines Ereignis, welches das Fass zum Überlaufen bringt, fehlt vielen Bauernfamilien die Kraft zur Bewältigung der Schwierigkeiten. Der Bauernstand steht damit nicht alleine da.

Überlastungssyndrome gibt es in vielen Berufskategorien. Neben der quantitativen Arbeitsbelastung spielen unterschiedliche Faktoren wie Anerkennung der Arbeit durch das Umfeld, Rollenkonflikte und die eigenen Stressbewältigungskompetenzen eine entscheidende Rolle. Durch andauernden Stress ausgelöste Erkrankungen gehören heute zu den weltweit schwerwiegendsten Krankheitsbildern.

Trotz dieser Erkenntnis werden sie häufig zu spät erkannt. Deshalb sei es wichtig, sich rechtzeitig einzugestehen, dass man in Schwierigkeiten steckt, betont Ueli Straub. «Nur so kann man verhindern, dass sich die Abwärtsspirale immer weiterdreht.»

 

Infos:
Sorgentelefon: 041 820 02 15, Montag von 8.15 bis 12 Uhr und Donnerstag von 18 bis 22 Uhr. Offeni Türe: Telefon 044 869 21 68, Montag bis Freitag 13 bis 14 Uhr, Donnerstag 19 bis 22 Uhr.

 

    Das Wetter heute in

    Umfrage

    Wer macht die Büroarbeiten für den Hof?

    • Hauptsächlich der Mann:
      60.75%
    • Hauptsächlich die Frau:
      22.43%
    • Beide zusammen:
      3.74%
    • Ist nicht klar geregelt:
      13.08%

    Teilnehmer insgesamt: 214

    Zur Aktuellen Umfrage

    Bekanntschaften

    Suchen Sie Kollegen und Kolleginnen für Freizeit und Hobbies? Oder eine Lebenspartnerin oder einen Lebenspartner?