Eine der grössten Herausforderung im Anbau von Körnererbsen in Österreich sind Nanoviren
Reto Wipf
Die Körnererbse ist eine pflanzenbaulich interessante Pflanze, da sie als Leguminose Stickstoff im Boden bindet und somit nicht gedüngt werden muss und qualitativ hochwertiges Eiweiss für die menschliche Ernährung und die Tierfütterung liefert. Dennoch schrumpft die Anbaufläche von Körnererbsen in Österreich seit vielen Jahren still und heimlich. Bauten die heimischen Landwirtinnen und Landwirte im Jahr 2000 noch auf über 40’000 ha Körnererbsen an, so sind es heute nur noch 6’000 bis 7’000 ha.
Heimischer Anbau gefährdet
«Trockenstress, Schädlinge und Krankheiten haben in den vergangenen Jahren anhaltend hohe Ertragsverluste bei Körnererbsen verursacht. Gleichzeitig wurden nach und nach effektive Pflanzenschutzmittel und wirksame Saatgutbeizungen verboten bzw. nicht mehr zugelassen. Für die heimischen Bäuerinnen und Bauern wird das Anbaurisiko somit immer grösser», erklärt Ferdinand Lembacher, Generalsekretär der Landwirtschaftskammer Österreich.
Übertragung
Die Grüne Erbsenblattlaus, die Schwarze Bohnenlaus und die Grüne Pfirsichblattlaus sind bei der Übertragung des PNYDV besonders bedeutend. Diese stechen mit ihrem Saugrüssel zur Nahrungsaufnahme in die Nährstoffleitbahnen der Pflanzen und übertragen dabei das Virus von kranken auf gesunde Pflanzen. Die infizierten Pflanzen wachsen schliesslich nur kümmerhaft und bleiben kleinwüchsig. Die Blätter verfärben sich ausserdem gelb, sind meist verkleinert und eingerollt. Da der Blüten- und Hülsenansatz gering ist, bilden sich später kaum bis gar keine Erbsen aus. Infizieren die Blattläuse die Pflanzen früh in der Entwicklung, kann dies somit zu Totalausfällen führen.
«Um die Versorgung mit heimischen Körnererbsen abzusichern, braucht es daher unbedingt wirksame Werkzeuge im Kampf gegen Schädlinge und Krankheiten. Ansonsten droht ein weiterer Rückgang des heimischen Erbsenanbaues», warnt er.
Nanoviren
Eine der grössten Herausforderung im Anbau sind Nanoviren. Dabei handelt es sich um sehr kleine Viren, die Leguminosen wie Erbsen, Ackerbohnen oder Linsen befallen und von Blattläusen übertragen werden. Eines davon ist das 2010 erstmals in Österreich nachgewiesene Pea necrotic yellow dwarf virus (PNYDV, Nekrotisches Erbsengelbverzwergungsvirus). 2016 und 2018 führte es in Österreich bereits zu massiven Ernteausfällen bei Grünerbse, Körnererbse, Ackerbohne und Linse. Seither tritt das PNYDV regelmässig in unterschiedlicher Intensität auf.
«Dieses Jahr traten die Grünen Erbsenblattläuse und Schwarzen Bohnenläuse sehr früh auf», so Anna Moyses, Fachexpertin für Schädlinge im Feld- und Gartenbau in der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES). Laut Moyses konnten bereits Ende Februar aktive Blattläuse nachgewiesen werden. Bedingt durch die feuchtwarme Frühjahrswitterung wurde vor allem die Grüne Erbsenblattlaus in ihrer Entwicklung stark begünstigt. Zwar wurden die Erbsen und Ackerbohnen erst Ende April von geflügelten Blattläusen besiedelt, jedoch erfolgte gleichzeitig auch der erste Nanovirennachweis in den Blattläusen.
Nützlinge und Pflanzenzucht
Da das Virus nur über Blattläuse übertragen wird, ist die einzige Abhilfemöglichkeit indirekt und besteht in der vorbeugenden Bekämpfung der saugenden Insekten. «Ist der Schädlingsdruck bereits sehr hoch und wurden Viren nachgewiesen, dann bleibt der punktgenaue Einsatz selektiver Insektizide als einzige Massnahme, um die Blattläuse in ihrer Entwicklung zu bremsen und die Pflanzen zu schützen», erklärt Andreas Pfaller, Pflanzenbauexperte der LK Österreich.
Im Zuge des integrierten Pflanzenschutzes spielen aber auch Nützlinge eine zentrale Rolle. «Marienkäfer, Florfliegen und Schwebfliegen sind grundsätzlich die natürlichen Gegenspieler der Blattläuse. Die Larven der Florfliegen können beispielsweise an einem Tag bis zu 500 Blattläuse fressen. Um diese Nützlinge zu fördern, bauen die Bäuerinnen und Bauern Blühstreifen an und fördern durch vielfältige Biodiversitätsflächen die Verbreitung dieser Tiere», verweist Pfaller auf die unterschiedlichen Massnahmen des Österreichischen Agrarumweltprogrammes (ÖPUL) hin.
Potenzial gibt es in der Pflanzenzucht. «Es wird zwar versucht, Wintererbsensorten gegen die Frühjahrstrockenheit zu etablieren, diese bringen aber noch keine ertraglichen Vorteile», erklärt Pfaller. Ebenso stehen bisher noch keine gegen Nanoviren resistenten Erbsensorten zur Verfügung.