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Bäuerin zog die Reissleine

Die Bäuerin Esther Reinhard ist eine Powerfrau. Mit viel Herzblut und Energie arbeitet die Mutter auf dem eigenen Betrieb, verarbeitet und vermarktet die Milch und betreibt ein Beizli. Nun wird verkleinert.

Barbara Schwarzwald |

Während den Festtagen präsentieren wir euch in regelmässiger Folge Artikel, die 2024 auf reges Interesse gestossen sind. Dieser Artikel wurde am 8. Dezember 2024 erstmals publiziert.

35 Milchkühe (RH, HO), 15 Rinder, 20 Kälber, 25 ha LN, ein Milchverarbeitungsraum respektive eine Hofkäserei, wöchentliche Warenlieferdienste in 17 Dörfer, ein Beizli, ein Dachdeckergeschäft und ein vierjähriger Sohn: Was nach sehr viel Arbeit tönt, ist es auch.

Deshalb hat die 29-jährige Bäuerin mit Fachausweis, Esther Reinhard, kürzlich die Reissleine gezogen – «kurz vor einem Burn-out», wie sie sagt. Neu ist auf ihrer Homepage zu lesen , dass ihr Verkaufsangebot verkleinert wird: «Die Produktion von pasteurisierter Milch und von Joghurts wird beendet.» Mitte Dezember finden die letzten Auslieferungen statt. Inskünftig wolle man sich auf die Herstellung von Chnubumilch-Glace und Weissschimmelkäse konzentrieren.

Hin und her gerissen

Der Entscheid ist Esther Reinhard nicht leichtgefallen. Viel Herzblut und Energie stecken im Projekt. Eine Lungenentzündung und deren langer Heilungsprozess im vergangenen Sommer zwangen sie, über alles nachzudenken. Sie war hin und her gerissen. Als noch schlaflose Nächte folgten, war der gelernten med. Praxisassistentin klar: Es ist zu viel. Etwas musste geändert werden.

Für Hansueli Reinhard war die Entscheidung seiner Frau gewöhnungsbedürftig. Er plädierte für eine zusätzliche Arbeitskraft zur Unterstützung seiner Ehefrau. Sie argumentierte mit Zahlen. Um die neu anfallenden Lohnkosten begleichen zu können, hätte noch mehr Milch verarbeitet werden müssen; grössere Maschinen wären nötig geworden. Die junge Bäuerin wollte aber nicht noch mehr; sie wollte weniger.

Seit zehn Jahren betreibt das Ehepaar den Hof in Rüedisbach, Gemeinde Wynigen, auf eigene Rechnung. Während der inzwischen verstorbene Vater auch noch Schweinezucht und Ackerbau betrieb, setzte Hansueli Reinhard einzig auf die Milchproduktion. Er arbeitete bereits damals zusätzlich auswärts bei einem Dachdecker-Unternehmen.

Seit drei Jahren führt der 33-jährige Meisterlandwirt sein eigenes Dachdecker-Geschäft. Mittlerweile sei er mehr auswärts tätig als zu Hause, ist zu erfahren. Hansueli Reinhard beschäftigt einen Mitarbeiter im Stundenlohn fürs Dachdecken und einen Landwirt zu 100 % in Festanstellung auf dem Betrieb. Seine Mutter hilft morgens und abends im Stall und unterstützt, wo Not an der Frau ist.

Megalange geübt

Esther Reinhard war im Jahr 2019 nicht nur mit Sohn Raffael schwanger, sie startete auch mit der Milchverarbeitung und mit dem Hofbeizli. «Mehr als 85 000 Kilo Milch durfte ich bisher selber verarbeiten», so die Bäuerin. Angefangen habe sie mit der Produktion von Joghurts. «Wir haben megalange geübt, bis wir es raushatten.»

Fast eineinhalb Jahre habe es gedauert, bis sie mit dem Resultat zufrieden gewesen sei. Später ist die pasteurisierte Milch in Glasflaschen dazugekommen. Darauf folgte die hofeigene Glace. Um ein grösseres Sortiment anbieten zu können, bezog Esther Reinhard von der Chäsi Oschwand Butter und Käse. Die Käserei ist inzwischen geschlossen. Deren ehemaliger Käser kommt seit September einmal wöchentlich zu Reinhards und stellt Weichschimmelkäse her.

«Unser Chnubumilch-Beizli ist in den vergangenen drei Jahren stetig bekannter geworden. Wir dürfen laufend neue Besuchergruppen begrüssen.» Dank der «Herzschlaufe Burgdorf», einer neuen Variante der Herzroute, kämen mehr Velofahrer in ihr Beizli.

Ein kleines Zeitfenster

In Selbstbedienung können Getränke und die selbstgemachte Glace konsumiert werden. Für Gruppen ab 10 bis 50 Personen, die sich verpflegen möchten, ist eine Anmeldung erforderlich. Bei der Bewirtung kann Reinhard immer auf ihren Mann und auf ihre Nachbarin zählen.

Ab Ende Jahr bis im April, wenn es wieder mit der Glace-Grossproduktion losgeht, verbleibt Esther Reinhard dank der Sortimentsverkleinerung nun ein Zeitfenster zum Durchatmen. Die Administration des Betriebs, das abendliche Melken der 35 Kühe bei Abwesenheit der Männer und vieles andere mehr stehen nach wie vor auf ihrem durchgetakteten Programm.

Kommentare (8)

Sortieren nach:Likes|Datum
  • Alfred | 11.12.2024
    Jeder vernünftige Mensch arbeitet max. 5Tage pro Woche.Vielen Bauern reichen 7 Tage nicht,sie brauchen noch di halbe Nacht dazu.Der sogenannte (Sruktuwandel) verlange das so! Wenn man einmal in diesem Hamsterrad ist,wird es oft schwierig innezuhalten. Vielen gelingt es ein gut funktionierendes Unternehmen aufzubauen,doch viele scheitern an zu grosser vielfalt.
  • Jakob | 10.12.2024

    Landwirt, Dachdecker, Selbstvermarktung mit viel Eigenproduktion und dazu noch ein Beizlein?


    Also ich, ich kann nur mit einem Löffel essen.


    Vielleicht verstehen die einen was ich meine.

  • Katharina Kropf | 10.12.2024
    Wenn Mann oder Frauj jung ist schafft man fast alles , die Gesundhet ist aber nicht käuflich , und später ganz sicher ein Problem , oft ist weniger mehr
  • Sepp | 09.12.2024
    Schuster bleib bei Deinen Leisten
  • Jenny | 08.12.2024
    Warum immer mehr wollen (geld) da leidet die Gesundheit und das Gewicht
    • Aufi | 09.12.2024
      Als Frau wäre ich schon längst vom Acker.
  • Bauer mit Familie | 08.12.2024
    Also kommt mir so vor als der Ehemann wenn's nach jhm geht eigentlich gar kein landwirt sein möchte.
    Angestellte im stall, Ehefrau muss ziemlich viel alleine machen, und er macht sich selbstständig mit einem Dachdecker Geschäft.
    Also ganz ehrlich ich als Ehemann und Landwirt würde als seine Frau sagen entweder bist du zu 100% Landwirt und hilfst mit oder wir geben die Landwirtschaft auf und konzentrieren uns voll und ganz aufs Dachdecker Geschäft aber beides geht mit so einem Betrieb auf keinen Fall. Aber so wird es keine Zukunft haben Betriebswirtschaftlich Arbeitszeiten und die ehe wird auch leiden und eines Tages daran scheitern.
    • Gery | 08.12.2024

      Da gebe ich Ihnen zu I100% recht. Ich komme ais dem Bausektor und hatte, nur als Hobby Ziegen, das heisst spätestens um 05.00 im Stall, so dass um 07.00 mit den Bauarbeiten begonnen werden kann. Langfristig


      ein "no go". In 6 Jahren werde ich es wieder drehen und in meiner Pensionszeit, den Ziegen widmen.

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