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Bäuerinnen erzählen ihre Geschichte

Lesevergnügen und historischer Rückblick in einem: Das Buch «Beruf Bäuerin» lässt 13 Frauen zu Wort kommen, von der traditionellen älteren Bäuerin bis zur jungen, selbstbestimmten Unternehmerin.

Susanne Sigrist-Ali |

 

Lesevergnügen und historischer Rückblick in einem: Das Buch «Beruf Bäuerin» lässt 13 Frauen zu Wort kommen, von der traditionellen älteren Bäuerin bis zur jungen, selbstbestimmten Unternehmerin.

«Beruf Bäuerin» ist nicht das erste Buch, das Susann Bosshard-Kälin geschrieben hat. Die Autorin aus Egg SZ war unter anderem während zwölf Jahren PR-Beraterin von Martin Werlen, dem ehemaligen Abt des Klosters Einsiedeln und ist PR-Beraterin des Klosters Fahr.

Frauen waren frei im Erzählen

Mit Priorin Irene Gassmann ist sie seit Jahren freundschaftlich verbunden: 1983, direkt nach der Hochzeit, hat sie selber die Bäuerinnenschule im Fahr besucht. 2011 haben auch ihre beiden Töchter «den Kurs» besucht, so dass nun auch in ihrer Familie die Tradition der legendären Fahrer Dampfnudeln weitergeht…

Mit Unterstützung der Fahrer Gartenfachfrau Schwester Beatrice hat sie aus den über 4000 Schülerinnen geeignete Personen ausgewählt. Gemeinsam mit ihrem Mann Jürg als Fotografen hat sie die Frauen besucht – eine sogar im fernen Australien. «Ich bin mit einem groben Frageraster an die Aufgabe herangegangen», erklärt Susann Bosshard-Kälin. «Die Frauen waren frei im Erzählen. Manche haben gar geweint, zurückzublicken ist nicht immer einfach. Es ist unglaublich, was eine Bäuerin alles schafft. Vorausgesetzt, es funktioniert mit dem Partner, sonst geht es schief.»

Aus dem Buch

«Aber ich wurde nicht gefragt, was ich möchte. Es hiess nur: Du brauchst keinen Beruf zu lernen. Du musst einfach haushalten können. Daheim zu helfen und zu den zehn Geschwistern zu schauen, das war für mich absolut selbstverständlich. Das habe ich nie hinterfragt. Weshalb auch? Wir Mädchen hatten keine Chancen.»

Die 86-jährige Berta aus dem Kanton Freiburg eröffnet den Reigen der dreizehn Erzählungen. Blickt zurück auf ihre Jahre als Bäuerin im Welschland. Harte Zeiten, in denen sie mit ihrem Mann einen Betrieb aufbaute, elf Kinder gebar, zwei verlor und einem davon aus ihrem Hochzeitskleid das Sterbekleid nähte. Aber, so Berta, «mein Glück ist, dass ich eine gesunde Frau bin». Ein Sohn hat in der Zwischenzeit den Hof übernommen, und Berta wohnt mit ihrem Mann in einer Seniorenresidenz in Murten. Nach den langen Jahren auf dem abgelegenen Hof geniesst sie die Gesellschaft der Nachbarn, die überschaubare, praktische Wohnung.

Sichtbare Entwicklung

Wie viel sich in den letzten Jahrzehnten bei den Bauersfrauen verändert hat! Anhand der Lebensgeschichten werden die Entwicklung der Schweiz und die Emanzipation der Frauen generell deutlich. So sagt die 39-jährige Bäuerin Sandra aus dem Kanton Aargau selbstbewusst: «Ich bin Unternehmerin im landwirtschaftlichen Bereich, und meine Karriereleiter habe ich mir selber hingestellt.» Auf dem Hof hat sie eine Kinderkrippe aufgebaut und betreut 50 Kinder im Vorschulalter.

Ein riesiges Unterfangen, das ihr Unabhängigkeit und Zusatzverdienst bringt. Mögen sich die äusseren Umstände auch geändert haben, geblieben ist den Bäuerinnen der hohe Arbeitsaufwand. Spürbar ist jedoch, dass sie gelernt haben, damit umzugehen, von ihren Partnern respektiert werden und sich auch mal etwas gönnen, bevor sie pensioniert und müde sind.

Alte Zeiten

Vor allem den älteren Bäuerinnen war wenig Erholung garantiert. So erschienen ihnen die 20 Wochen in der Bäuerinnenschule Fahr wie eine Oase. Die Benediktinerinnen sorgten in ihrem Kloster am Ufer der Limmat für einen geregelten Internatsbetrieb und eine gute Ausbildung. «Ich brauche tagtäglich, was ich dort im Fahr lernte», sagt etwa Bäuerin Ruth. «Die Atmosphäre, die Schwestern, einfach alles erlebte ich als Geborgenheit, als Zu-Hause-Sein», erinnert sich Marie-Therese.

Die Klosterfrauen waren für die jungen Mädchen wegweisend, nicht nur, was das Einmachen von Früchten oder das Rupfen der Hühner betraf. Obwohl Mitglieder eines katholischen Ordens, waren sie weltoffen und anteilnehmend. So nahmen sie auch reformierte Mädchen in die Ausbildung auf, und als die pummelige Rosmarie im Kurs überraschend ein Kind gebar, vermittelten sie zwischen ihr und der Familie, welche von der Schwangerschaft nichts gewusst hatte. Ja, die 4042 Frauen, welche in den 69 Jahren im Fahr die Bäuerinnenschule besuchten, erlebten viel Segensreiches.

Erinnerung einer Priorin

«Aber sie haben uns auch viel gegeben», schmunzelt Priorin Irene Gassmann. «Junges Leben hat unserer Gemeinschaft gut getan. So wussten wir zum Beispiel auch, wann Hosentragen bei Frauen Mode wurde. Was wir natürlich anfänglich verboten…». Wichtiger als das Mitverfolgen gesellschaftlicher Strömungen waren die Begegnungen, welche für den Konvent Früchte trugen: Von den heute 24 Mitgliedern sind 14 Frauen ehemalige Schülerinnen.

«Ich selber habe 1986 den Kurs gemacht und blieb», erinnert sich Priorin Irene. Sieben Jahre später wurde sie Schulleiterin und 2003 Priorin des Klosters. Sie war massgeblich an den Neuerungen der bäuerlichen Ausbildung beteiligt und übernahm 2013 die nicht einfache Aufgabe, die Bäuerinnenschule zu schliessen.

 

Buch

13 Frauen geben Einblick in ihr Leben und  in die  Verhältnisse von Schweizer Bäuerinnen. Sie erzählen vom Leben auf dem Hof, von der Arbeitsteilung zwischen Mann und Frau, von erfüllten und nicht erfüllbaren Träumen.

«Beruf Bäuerin», Verlag hier+jetzt, 2014, Baden, Autorin: Susann Bosshard-Kälin, ISBN-Nr. 978-3-03919-306-6, Fr. 39.00. Ein Regionalprojekt Schweiz des UNO-Jahres der bäuerlichen Familienbetriebe 2014: www.familyfarming.ch

 

Gastfreundschaft

«Unsere Vorgänger hatten den Mut, 1944 die Schule zu gründen. Wir hatten den Mut, sie zu schliessen», sagt sie. Für sie war klar: Die Klostergemeinschaft konnte die Schule finanziell und personell nicht mehr länger tragen. «Klar haben wir davon profitiert, dass Schülerinnen bei uns eingetreten sind. Aber wir haben die Schule nicht zu diesem Zweck gegründet. Es ist wichtig, die Zeichen der Zeit zu erkennen». Mit dieser Offenheit, welche dem benediktinischen Orden zugrunde liegt, besinnt sich die Gemeinschaft auf eine weitere wichtige Regel: Gastfreundschaft.

Priorin Irene zu den nächsten Zielen der Klostergemeinschaft: «Wir sind offen für Menschen, welche bei uns durchatmen möchten. Wir bieten ihnen Ruhe und Struktur. Wenn der Umbau fertig ist, werden wir in der Propstei Gästezimmer anbieten. Ich denke, das ist unsere Kernaufgabe, zu der wir nun zurückkehren».

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