Bakterien, die mit Meeresmuscheln und Fadenwürmern in Wohngemeinschaft leben, liefern ihren Gastgebern nicht nur Kohlenstoff, sondern versorgen sie als gute Gäste auch noch mit Stickstoffdünger. Damit helfen sie ihnen beim Wachsen, wie ein internationales Forscherteam herausgefunden hat.
Bakterien leben als sogenannte chemosynthetische Symbionten entweder auf der Oberfläche oder im Inneren von Tieren und versorgen ihren Wirt mit Nahrung, zu der er sonst keinen Zugang hätte. Mit der Chemosynthese können sie die Biomasse ganz ohne Sonnenlicht und nur mit chemischer Energie erzeugen.
Gene für Stickstofffixierung
Diese Produktion läuft effizient genug ab, um sowohl das Bakterium als auch seinen Wirt zu ernähren. Dass die Mikroben Kohlenstoff fixieren und ihn dann in für ihre Vermieter verwertbaren Kohlenstoff umwandeln, ist schon länger bekannt, hiess es am Montag in einer Mitteilung der Universität Wien. Jillian Petersen von der Uni Wien ging zusammen mit Kollegen aus Deutschland, Frankreich, Italien und Kanada der Frage nach, ob sie das auch mit Stickstoff tun können.
In Proben von Mondmuscheln und Fadenwürmern, die in Küstengewässer rund um den Erdball weit verbreitet sind, wurden sie fündig, indem sie mit modernen Analysemethoden das Erbgut der Bakterien durchleuchteten. In der DNA der Symbionten fanden sich nicht nur Genabschnitte, die für die Fixierung des Stickstoffs nötig sind, es zeigte sich auch, dass die Bakterien diese auch aktiv nützen.
Weit verbreitet
«Diese Entdeckung kam wirklich überraschend - denn die Bakterien können vermutlich auch Stickstoff aus ihrer Umgebung aufnehmen und den Stickstoffabfall ihrer Wirte wiederverwerten», sagte Petersen. Über den erstmaligen Nachweis dieses Prozesses berichten die Forschenden nun im Fachblatt «Nature Microbiology».
Die Wissenschaftler haben die Gene für die Stickstofffixierung in Muscheln aus verschiedensten Regionen auf der ganzen Welt untersucht - und fanden sie fast überall. «Die Fähigkeit, Stickstoff zu fixieren, scheint in diesen symbiotischen Bakterien also weit verbreitet zu sein», erklärte Ulisse Cardini, Wissenschaftler in Petersens Team.
Fokus lag bisher auf Kohlenstoff
Dass die Entdeckung erst jetzt gemacht wurde, zeige dass die Stickstofffixierung von der Wissenschaft «lange Zeit völlig übersehen» wurde, wie es Petersen ausdrückte. «In den späten 1970ern wurden diese Organismen in der Tiefsee entdeckt. Seitdem haben wir uns fast vier Jahrzehnte damit beschäftigt, wie die Symbionten ihren Wirten Kohlenstoff beispielsweise in Form von Zuckern bereitstellen».
Nach der Erkenntnis, dass die Bakterien den Speiseplan ihrer Wirte auch mit Stickstoff anreichern, gelte es zu klären, wie und ob die Kleinstlebewesen damit auch ihrer erweiterte Umgebung zu mehr Wachstum verhelfen, indem sie weite Teile der Ozeane düngen.