Häufige Arten sind wichtig und seltene Arten eher unbedeutend für ein Ökosystem, so die bisherige Annahme. Es gibt aber Ausnahmen von dieser Regel: Eine seltene Bakterienart sorgt in Mooren dafür, dass häufiger vorkommende Mikroben nicht so viel vom Treibhausgas Methan produzieren, berichten Forscher.
«Schaut man in ein mikrobielles Ökosystem hinein, ist es in
der Regel so, dass nur wenige Arten häufig vorkommen, es aber viele
verschiedene seltene Mikroorganismen gibt», erklärte Alexander Loy vom Zentrum
für Mikrobiologie und Umweltsystemwissenschaft der Universität Wien gegenüber
der Nachrichtenagentur APA.
Die Forscher sprechen auch von einer «mikrobiellen
Samenbank» und sie nahmen an, dass diese genetische Vielfalt zur ökologischen
Absicherung dient. Bei veränderten Umweltbedingungen könnten diese seltenen
Organismen zum Zuge kommen.
Loy hat nun gemeinsam mit Bela Hausmann und deutschen
Kollegen eine seltene Bakterienart (Candidatus Desulfosporosinus infrequens)
entdeckt, die der Bildung des Treibhausgases Methan in Mooren entgegenwirkt.
Davon berichten die Forschenden im Fachblatt «mBio».
Moore sind Quelle von Methan
Moore sind Kohlenstoffsenken, haben also grosse Mengen an
Kohlenstoff gebunden. Weil viele dieser Feuchtgebiete in den Permafrostregionen
des hohen Nordens liegen, die durch die Klimaerwärmung vom Auftauen bedroht
sind, befürchtet man, dass dort künftig viel Kohlendioxid (CO2) und Methan
(CH4) freigesetzt wird. Schon heute sind Moore für etwa 30 Prozent der
weltweiten Methan-Emissionen verantwortlich.
«Candidatus Desulfosporosinus» lautet der vorläufige Name
der Art: Weil die Forscher bisher nur das Genom rekonstruiert, die Art aber
noch nicht kultiviert haben, gilt sie noch nicht als valide beschrieben und
trägt daher den Zusatz «Candidatus».
Konkurrenz um Ressourcen
Dieses Bakterium ist ein sogenannter sulfatreduzierender
Organismus. Er setzt zur Energiegewinnung Sulfat zu Sulfid um. Bei der
Veratmung von Sulfat baut er gleichzeitig organische Substanz zu CO2 ab und
steht damit in Konkurrenzkampf um die Nährstoffe mit methanbildenden Archaeen.
«Auch diese Archaeen sind nicht so häufig im Ökosystem, spielen dort aber eine
zentrale Rolle, weil sie die einzigen sind, die Methan bilden», sagte Loy. Und
Methan ist rund 25-mal so klimawirksam wie CO2.
Durch ihre hohe Aktivität wirkt die neu entdeckte
Bakterienart der Bildung von Methan in Mooren entgegen. Obwohl die
Sulfatreduktion mehr Energie bringt als die Methanbildung durch die Archaeen
und «Candidatus Desulfosporosinus» daher den Kampf um Ressourcen gegen die
Konkurrenten gewinnt, vermehren sich die neu entdeckten Bakterien nicht
stärker.
Die Wissenschaftler vermuten als Grund dafür die im Moor
vorherrschenden sauren Bedingungen mit niedrigen pH-Werten. Dadurch müssten die
Bakterien ihre gesamte Energie in den Erhalt der Zelle stecken statt in ihr
Wachstum beziehungsweise Vermehrung.