Ein Abkommen zwischen der Schweiz und den USA vereinfacht den Handel mit Bioprodukten. Erste Schweizer Biobetriebe können bald Milch für den Export in die USA liefern. Sie dürfen aber keine Antibiotika mehr einsetzen.
Bereits vor zehn Jahren versuchten einige Biomilchproduzenten auf Initiative des damaligen Biomilchpool-Präsidenten Marcel Lusti Biomilchprodukte in die USA zu exportieren. Diese mussten damals nach den strengen Regeln des «National Organic Programm» der USA produziert werden. Das Projekt musste aber aufgrund von Absatz- und Lieferschwierigkeiten abgebrochen werden.
Ohne Antibiotika
Durch das Äquivalenzabkommen zwischen der Schweiz und den USA, das seit Mitte 2015 in Kraft ist, sind heute die Hürden für den Export von Schweizer Bioprodukten in die USA weniger hoch. Neu werden die Biovorschriften gegenseitig anerkannt. Einschränkungen gelten aber für tierische Bioprodukte aus der Schweiz, die von Tieren stammen müssen, die nicht mit Antibiotika behandelt wurden.
Eldrid Funck, die bei Bio Suisse für das Projekt zuständig ist, konkretisiert: «Beim Einstieg in die Produktion für die USA darf eine Kuh mindestens zwölf Monate lang keine Antibiotika erhalten haben. Danach darf ihr nie mehr ein Antibiotikum verabreicht werden, sonst muss sie den Betrieb verlassen.»
Emmi will sich auf Käse fokussieren
Trotz dieser Zusatzanforderung will etwa die Milchverarbeiterin Emmi die Marktchance nutzen und bald Schweizer Biomilchprodukte aus antibiotikafreier Produktion in die USA exportieren. Dies hat der «Schweizer Bauer» von Landwirten erfahren, die angeschrieben und zu Infoveranstaltungen eingeladen worden sind.
Noch sei das Projekt aber zu wenig weit fortgeschritten, um darüber in den Medien zu kommunizieren, sagt Emmi-Sprecherin Sibylle Umiker. «Was wir bereits wissen, ist, dass wir uns voraussichtlich auf Käse fokussieren werden.»
Plus 20 Rappen pro Kilo
Mehrere Schweizer Milchlieferanten stehen momentan in den Startlöchern, um die Biomilch für den US-Export anzubieten. Der Erste, der liefern kann, ist der Biomilchpool. «Wir haben rund 30 interessierte Biomilchproduzenten im Portefeuille, die antibiotikafrei produzieren möchten», sagt Biomilchpool-Geschäftsführer Cemil Klein auf Anfrage. Vorerst gelte es aber erst für rund sieben Produzenten ernst: «In zirka zwei Wochen wird die Käserei Studer aus Amriswil TG beginnen, Biomilch für den Export in die USA zu verarbeiten.»
Der zur Emmi-Gruppe gehörende Betrieb stellt unter anderem den bekannten Käse «Der scharfe Maxx» her. Weitere Milchproduzenten würden der Nachfrage von Emmi folgend ins Programm aufgenommen, so Klein. Wie hoch der Preis für die antibiotikafreie Biomilch sein wird, kann Klein nicht pauschal sagen, da die Preispolitik nicht bei allen Organisationen gleich sei. «Wir streben einen Mehrwertzuschlag von 20 Rappen pro Kilo auf den bisherigen Milchpreis an.»
Erfahrungen eines Landwirts
Einer, der sich für die antibiotikafreie Produktion von Biomilch für die USA interessiert, ist Peter Grossenbacher aus Hindelbank BE. Der Biolandwirt und seine Frau Margreth Lüthi versuchen seit sechs Jahren aus Überzeugung, möglichst konsequent auf Antibiotika-Behandlungen bei ihren Kühen zu verzichten. «Wir setzen stattdessen auf Homöopathie und Hausmittel», erklärt Margreth Lüthi.
Sie hat dafür extra Kurse besucht. «Damit man mit der Homöopathie Erfolg hat, muss man die Tiere sehr gut kennen und darf den Aufwand nicht scheuen, auch um 22 Uhr noch einmal Kügeli zu geben», betont die Bäuerin. So hätten sie seit vier Jahren keine Euterentzündung mehr mit Antibiotika behandeln müssen. Doch (noch) hat die Alternativmedizin auf dem Betrieb Grossenbachers Grenzen: «Kürzlich mussten wir einer Kuh nach einer Totgeburt mit Nachgeburtsverhalten Antibiotika verabreichen, sonst wäre sie vielleicht gestorben», erzählt der Betriebsleiter. Er weiss aber von homöopathie-erfahreneren Berufskollegen, die sogar einen solchen Fall antibiotikafrei hinbekommen hätten.
«Die Milch dieser Kuh dürfte ich jetzt nach den Regeln des US-Programms nicht mehr abliefern und müsste die Kuh verkaufen», so Grossenbacher. Ob er definitiv ins Programm liefern werde und solche Einzelfälle künftig in Kauf nehmen wolle, hänge in erster Linie vom ausbezahlten Milchpreis ab. gro