Junglandwirt Sebastian Hagenbuch vertieft sein landwirtschaftliches Wissen mittels eines Agronomiestudium in Zollikofen. Nach bestandener Lehre mussten die Latzhosen und Arbeitshandschuhe dem (Sennen-)Hemd und Laptop weichen.
So eine Woche Studium zieht sich manchmal etwas in die Länge, auch wenn der Stundenplan vielseitig ist. Nebst den ewig wiederkehrenden Grundlagen (Mathe, Chemie, Biologie, Französisch, Englisch, Deutsch) stehen gottlob auch einige landwirtschaftsspezifischere Fächer auf dem Programm (Nischenproduktion, Transition der Landwirtschaft in Osteuropa, Landwirtschaft weltweit, Ökologie oder Agrartechnik).
Dennoch heisst es im Moment vor allem: Lesen, lernen, lösen. Die Arbeitstage sind von der Länge her oft mit jenen der landwirtschaftlichen Lehre zu vergleichen, doch merkwürdigerweise bin ich am Abend müder. Gehe ich nicht rechtzeitig ins Bett, kämpfe ich am nächsten Tag in fast jeder Lektion gegen den Schlaf (und bleibe nicht jedesmal Sieger). Das Stillsitzen und zuhören muss ich mir zuerst wieder antrainieren.
Dass ich am Freitag gerne nach Hause gehe, hat mehrere Gründe: Es sind die vertrauten Gesichter von Freunden und Familie, auf die ich mich freue. Aber auch die bekannte Landschaft, das schöne Reusstal mit seinen fruchtbaren Feldern, die lebendigen Naturschutzgebieten, den sich lichtenden Nebelschwaden, die Reuss selbst, die sich ruhig und unablässig ihren Weg zum Meer sucht, kurzum, man könnte von einem Heimatgefühl sprechen, welches mir relativ neu ist. Ich bin froh um dieses Gefühl, diese Vertrautheit, das Wissen um einen Ort, wo ich Wurzeln habe und mir ihnen stetig bewusster werde. Um dieses Gefühl zu bekommen, musste ich aber ironischerweise weg von zu Hause, zunächst nach Istanbul, dann nach Vechigen und nun nach Biel respektive Zollikofen.
Ebenso froh bin ich aber darüber, dass zu Hause ein schöner Bauernhof ist, mit Tieren, Feldern, Bäumen, einer Werkstatt und somit unzähligen Möglichkeiten, Kopf und Körper gleichzeitig zu beanspruchen und etwas Handfestes zu tun. Ich geniesse es, am Wochenende zu Hause zu arbeiten und das neue theoretische Wissen bei der Arbeit im Stall, auf dem Feld oder auch im Büro anzuwenden. Die Tätigkeiten sind konkret, es ist klar, was zu tun ist. Gegessen wird infolge Hunger und nicht aus Routine und der Schlaf kommt, weil Körper und Geist eine Pause brauchen.
Was im Kindesalter Stress und Mühsal war, ist heute Erholung und Balsam für die Seele. Schon verrückt: Genau das hat vor zwei Jahren ein älterer Herr zu mir gesagt. Er sollte recht behalten, obwohl ich ihn damals belächelt habe. Verrückt, aber auch spannend: Wohin es mich auch verschlägt, es bleibt die Faszination für die Irrungen und Wirrungen des Lebens, und eine Vorfreude darauf, was es noch alles für mich bereithält - mit der beruhigenden Tatsache im Hinterkopf, dass da in Rottenschwil ein kleines Paradies warten würde.