Junglandwirt Sebastian Hagenbuch vertieft sein landwirtschaftliches Wissen mittels eines Agronomiestudium in Zollikofen. Nach bestandener Lehre mussten die Latzhosen und Arbeitshandschuhe dem (Sennen-)Hemd und Laptop weichen.
Das letzte Studienjahr hat längst begonnen, ohne dass ich darüber in irgendeiner Form berichtet hätte. Wieso bloss?
Szenario 1: Ich bin unverhofft sehr reich geworden (Abgangsentschädigung von Agroscope Changins) und nicht mehr auf das Geld des Schweizer Bauer angewiesen.
Szenario 2: Mir wurde mehrfach gesagt, dass ich mich ja bald auf Stellensuche befinde, und falls mir daran gelegen sei, etwas zu finden, so täte ich gut daran, ordentlich den Schnabel zu halten und ja nichts von mir preiszugeben.
Szenario 3: Das Studium ist im dritten Jahr unwahrscheinlich streng. Ich arbeite 18 Stunden, 1 Stunde esse ich, den Rest brauche ich für Schlaf. Schreiben liegt da nicht drin.
Szenario 4: Ich habe mich grausig verliebt und muss die ganze Zeit Liebesbriefe schreiben. Da bleibt keine Musse mehr übrig für den Schweizer Bauer.
Szenario 5: Nach 4 Jahren Blogtätigkeit wiederholen sich die Texte. Mit anderen Worten das gleiche zu sagen empfände ich als Zumutung und hätte ein schlechtes Gewissen, die Leser damit zu malträtieren. Es passiert einfach nichts Neues mehr in meinem Leben.
Szenario 6: Ich habe furchtbare Angst vor bösen Online-Kommentaren. Da mich diese immer sehr traurig machen, wollte ich eine Weile mucksmäuschenstill sein.
Das lassen wir mal so stehen. Eine Einsicht hatte ich in den letzten Tagen gleichwohl: Im Rahmen meiner Semester- und Bachelorarbeit durfte ich mit vielen spannenden Menschen äusserst interessante Gespräche - Interviews, fachlich korrekt - führen. Egal ob bei Migros, Fenaco, Terralog oder mit Leuten von der HAFL: Die angefragten Personen nahmen sich Zeit, obwohl sie selber ziemlich sicher keine haben, und ich lernte enorm viel in diesem Gesprächen.
Dabei wurde mir einer der grössten Vorteile des Studentendaseins bewusst: Das Privileg, Fragen stellen zu dürfen. Wenn mich etwas interessiert: Mail schreiben oder Telefon in die Hand, Anliegen erklären und Frage stellen. Ich war erstaunt, auf wie viel Hilfsbereitschaft ich gestossen bin. Diese Art des Lernens ist besonders spannend: Lieber die Erfahrungen von erfahrenen Menschen an der Quelle abholen als stundenlang diffuse Quellen nach brauchbaren Informationen durchforsten.
Dieses studentische Privileg muss mit dem Ende des Studiums nicht automatisch zu Ende sein. Viele Leute schätzen es, wenn sie gefragt werden - sei es um Auskunft, Hilfe oder Rat. Schliesslich ist es ja ein schönes Gefühl, gebraucht zu werden beziehungsweise gefragt zu sein. Und es ist ebenfalls ein schönes Gefühl, ein spannendes Gespräch zu führen, an dessen Ende beide etwas gelernt und profitiert haben. Ich hoffe, die Journalisten des Schweizer Bauer sind sich bewusst, dass sie dieses Privileg, Fragen zu stellen, auch im Rahmen ihres Berufes haben.