Junglandwirt Sebastian Hagenbuch vertieft sein landwirtschaftliches Wissen mittels eines Agronomiestudium in Zollikofen. Nach bestandener Lehre mussten die Latzhosen und Arbeitshandschuhe dem (Sennen-)Hemd und Laptop weichen.
Im zweiten Studienjahr haben wir im Unterricht die Nachhaltigkeit (sozial, ökonomisch und ökologisch) der Schweizer Landwirtschaft im Vergleich zu derjenigen in anderen Ländern wie der USA oder Russland betrachtet. Es wurde behauptet, das Image der Landwirte in der Schweiz sei schlecht, was ich bestritt: In vielen ganz alltäglichen Gesprächen bezeugten die Leute, wie wichtig sie eine nachhaltige, einheimische Lebensmittelproduktion finden, der sie vertrauen können (ob diese Menschen dann auch konsequent einkaufen, sei dahingestellt).
Drei Gründe
Jedenfalls war mein persönlicher Eindruck, dass dem Bauernstand sehr viel Goodwill entgegengebracht wird. Harte Arbeit, eine wichtige Funktion in der Gesellschaft als Nahrungsmittelproduzenten und Landschaftspfleger und eine gesunde Bodenständigkeit und Bescheidenheit wurde attestiert.
Meiner Meinung nach hat dieses Image im letzten Jahr spürbar gelitten. Die Bauern sind ganz leicht, aber doch merklich in die Ecke der Umweltverschmutzer und Abzocker gerutscht. Dafür gibt es Gründe:
1. Die emotionalen Debatten über Pestizideinsätze in der Landwirtschaft (Stichwort Pro Natura Kampagne)
2. Die Direktzahlungen, welche in einer intensiven Budgetdebatte auf hohem Niveau gehalten werden konnten (Schlagzeile: Bauern erhalten weiterhin Millionen, siehe auch Blick-Direktzahlungsrechner), und
3. Die Debatte über die Besteuerung von Baulandverkäufen aus der Landwirtschaft (Stichwort: Steuerprivilegien für die Bauern)
Argumentieren wird schwieriger
Ich will mich nicht im Detail über diese Punkte äussern. Ich merke bloss, dass sie in der Bevölkerung Spuren hinterlassen haben, welche nicht zum Vorteil für die Schweizer Landwirte sind. Bin ich mit Kollegen unterwegs, und sie sehen einen neuen Traktor oder einen frisch gebauten Stall, so kommt nicht selten der Spruch: Ah, da gehen also unsere Steuergelder hin (Schlagzeile: Schweizer Bauern kaufen Traktoren im Überfluss).
Natürlich kann man im Gespräch argumentieren und darlegen, was der ÖLN beinhaltet, welche Regelungen bezüglich Pestizideinsatz bestehen, weshalb Direktzahlungen (nicht Subventionen) ihre Berechtigung haben, warum hierzulande der Mechanisierungsgrad hoch ist und dass eine Rechtssicherheit bei Baulandverkäufen bestehen muss. Dazu braucht man jedoch Zeit, Nerven und vor allem auch offene Ohren beim Gegenüber.
Image futsch, alles futsch
Ich hoffe, dass die Schweizer Landwirtschaft Lösungen findet, diesen Imageverlust aufzuhalten oder sogar zu korrigieren. Ich hatte in letzter Zeit den Eindruck, dass man oft aus der Defensive heraus agierte: Erst wenn der Druck gross genug ist, bewegte sich der Bauernverband (oder wurde bewegt). Vielleicht wäre es besser, proaktiv an die heissen Eisen Pestizideinsatz, Direktzahlungen und Baulandbesteuerung heranzugehen.
Letztendlich ist unser Image unser Kapital. Ist das Image futsch, wird es sehr schwierig, hochwertige, einheimische Nahrungsmittel am Mark zu verkaufen und davon einigermassen gut zu leben. Und das bleibt eines der Hauptziele der meisten Landwirte. Da hilft es in meinen Augen auch kaum, wenn das Inforama Rütti für 4,3 Millionen Franken einen neuen Milchviehstall bauen möchte.