Junglandwirt Sebastian Hagenbuch vertieft sein landwirtschaftliches Wissen mittels eines Agronomiestudium in Zollikofen. Nach bestandener Lehre mussten die Latzhosen und Arbeitshandschuhe dem (Sennen-)Hemd und Laptop weichen.
Ein letztes Mal haben wir uns zum Ende des 5. Semesters zahlreichen schriftlichen Prüfungen gestellt. Konzentriert-ruhige Atmosphäre in der Aula, Schreibpulte mit Trennwänden, Traubenzucker und Glücksbringer auf den Tischen. 2 oder 3 Stunden Zeit ab jetzt, los, Dossier umdrehen und schreiben, bis die Hand schmerzt - vielleicht gibt diese oder jene Ergänzung schliesslich noch ein entscheidendes Teilpünktchen (mit dem Risiko, dass die korrigierende Person bei Antworten, die unter die Kategorie "und was ich auch noch wusste" fallen, die Augen verdreht). Und am Schluss bekommt man als Rückmeldung eine simple Zahl. Die Note.
Oft gemeinsam gelernt
Doch was sagt diese Note aus? Sagt sie wirklich, wie gut wir den fachlichen Inhalt eines Moduls, z.B. Pflanzenschutz, begriffen haben und wie kompetent wir sind? Weiss jemand mit einer 6 mehr als jemand mit einer 4,5? Was machen Leute mit guten Noten besser als andere, bei denen es manchmal harzt?
Zunächst: Die Note sagt natürlich nicht aus, wieviel jemand über ein Thema effektiv gewusst hat. In meiner HAFL-Zeit habe ich oft mit Freunden lernen dürfen. Wir waren meist recht fleissig, und vor der Prüfung hatte ich jeweils das Gefühl, dass meine Mitlernenden eigentlich alle ungefähr gleich viel wissen. Wir haben die Lernfragen beantwortet, besprochen, alles geübt, gelesen, markiert, zusammengefasst, uns gegenseitig erklärt. Kurz: In Modulen, die uns interessierten, haben wir die Inhalte im Grossen und Ganzen begriffen. Und dann kommt die Prüfung. Und dann die Note.
Wissen in Punkte ummünzen
Diese streut manchmal in einem erstaunlich hohen Ausmass, obwohl die Voraussetzungen sehr ähnlich waren. Doch warum ist das so? Es gibt mehrere Gründe: Mit den gestellten Fragen wird teilweise nicht primär benotet, wie viel jemand weiss oder kann, sondern viel eher, wie gut jemand erahnt, was die Fragenden genau von einem hören möchten. Natürlich muss man dazu das nötige Wissen mitbringen - im Gegenzug reicht es aber nicht bloss, das Wissen im Kopf zu haben.
Man muss irgendwie spüren, worauf die Frage genau abzielt und seine Antwort entsprechend auf den Punkt (die Punkte) bringen. Und das ist je nach Fragestellung gar nicht so ganz einfach. Man weiss viel, gefragt wird relativ wenig - da gilt es zu erkennen, was nun wirklich relevant ist und folglich auch positiv bewertet wird. Je mehr die Studierenden wissen, desto schwieriger kann das teilweise werden...
Vorfreude auf die mündlichen Abschlussprüfungen
Klar ist es selten, dass man gleich ungenügend benotet wird, obwohl man alles samt und sonders begriffen hat. Die Streuung ist dennoch überraschend gross. Ein Teil lässt sich manchmal auch dadurch erklären, dass einige Studierenden im Besitz von alten Prüfungen sind (welche teilweise nur marginal verändert werden) und andere nicht. Ein doch einigermassen ungerechter Sachverhalt.
Ich freue mich daher auf die mündlichen Abschlussprüfungen. Zwar haben Studien ergeben, dass die Noten dort je nach Bewertungsperson sogar für exakt die gleiche Leistung sehr stark schwanken können - dafür kann bei Unklarheiten nachgefragt und präzisiert werden, und es ist nicht mit einer schmerzenden Schreibhand zu rechnen. Auch für die Korrigierenden hat diese Art Prüfung einen Vorteil: Sie müssen anschliessend nicht ellenlanges Gekritzel entziffern. Und bislang war ich bei allen Prüfungen letztendlich froh, dass ich sie schreiben und nicht korrigieren musste.