Junglandwirt Sebastian Hagenbuch vertieft sein landwirtschaftliches Wissen mittels eines Agronomiestudium in Zollikofen. Nach bestandener Lehre mussten die Latzhosen und Arbeitshandschuhe dem (Sennen-)Hemd und Laptop weichen.
Nur wenige Stunden ist es her, dass unsere letzten Semesterprüfungen in der Aula der HAFL in Zollikofen eingesammelt worden sind. Während dieser letzten Probe war es ein wenig, als würde ich krampfhaft versuchen, aus einer bereits ausgequetschten Zitrone noch ein Paar Tröpfchen Essenz hinauszupressen. Und nun ist es plötzlich vorbei: Das erste Jahr Studium an der HAFL.
Verplante Zukunft
Wie es so war, dieses erste Jahr, wird womöglich ein anderes Mal an dieser Stelle zum Besten gegeben. Die letzten Zeilen dieses Semesters sollen der Gegenwart und Zukunft gehören. Kennen Sie den Post-Prüfungs-Blues? Ich habe in diesem Winter Bekanntschaft mit ihm gemacht. Auf eine so intensive Prüfungs- und Lernzeit folgte ein Loch - plötzlich hat man Zeit, dafür aber keinen Druck mehr und weiss im ersten Moment gar nicht mehr recht, was man mit sich und seiner Freiheit anfangen soll. Sinnvakuum nennt sich das. Schliesslich waren die letzten Tage und Wochen mehrheitlich durch Prüfungen und Studium fremdbestimmt.
Um also nicht wieder wie im letzten Winter völlig planlos in einem Museum in Bern zu landen, habe ich bereits im Voraus nach Möglichkeiten gesucht, den Post-Prüfungs-Blues zu umgehen. Mir spielt in die Hände, dass dieses Wochenende (3./4. Juli) das Openeye Festival - ein wunderbares Openair auf dem Bauernhof von Onkel und Tante in Oberlunkhofen AG- stattfindet, wo ich mitwirken und ich mich beim Bühnen- oder Terrassenbau austoben darf. Inklusive aufräumen bin sich so zumindest eine Woche lang beschäftigt.
Alpstelle gefunden
Für die Zeit danach habe ich eine Alpstelle im Diemtigtal (Ober Drunen) gefunden. Ich werde 6 Wochen lang Wampfler Nöld (Onkel meiner WG-Mitbewohnerin) bei seiner Arbeit mit Kühen, Ziegen, Schweinen, Hühnern und Pferden zur Hand gehen und erste Gehversuche als Alpkäser unternehmen.
Arbeit als Ferien?
Eine Alpstelle, wo man von früh bis spät arbeitet, als Ferienersatz? Jep, das macht für mich Sinn. Es geht - wie so oft im Leben - darum, eine Balance zu finden. Nach einem extrem kopflastigen Jahr reizt es mich, körperlich streng zu arbeiten. Es reizt mich, Computer und Handy sechs Wochen lang zu ignorieren. Es reizt mich, zu schlafen, weil der Körper müde ist und nicht weil sich das Hirn gemantscht anfühlt.
Ich hoffe, in diesem Ferien wieder die Balance wieder etwas herzustellen, weg vom Hirnen, hin zur "gspürigen" Arbeit mit Tieren und den Elementen. Einseitigkeit schadet in jedem Fall - wird nur ein Muskel trainiert, ist der gesamte Körper trotzdem fragil, und so ist es auch, wenn man täglich nur Kopfarbeit leistet.
Vogelperspektive ahoi
Zudem finde ich es eine schöne Vorstellung, meinem (durchaus sehr angenehmen und liebenswerten) Umfeld eine Weile zu entrinnen, etwas Distanz zum eigenen Leben und seinem Alltag zu gewinnen und sich wieder neue Ziele zu setzen. Eine Pause öffnet den Geist für neue Gedanken und bringt mich dazu, Selbstverständliches zu hinterfragen und wieder vermehrt zu schätzen.
In diesem Sinne wünsche ich allen einen wunderbaren Sommer, voller Erlebnisse, welche der inneren Balance förderlich sind.