Am 14. Juni wird über die Initiative zur Erbschaftssteuerreform abgestimmt. Der Schweizer Bauernverband (SBV) und der Schweizerische Bäuerinnen- und Landfrauenverband (SBLV) geben die Nein-Parole heraus.
Die Erbschaftssteuer-Initiative von SP, Grünen, EVP und Gewerkschaften verlangt eine nationale Erbschafts- und Schenkungssteuer; die bisherigen kantonalen Regelungen würden hinfällig. Besteuert würden Vermögen über 2 Millionen Franken, und zwar mit 20%. Ein Drittels des Ertrags soll an die Kantone gehen, zwei Drittel sollen der AHV zugutekommen.
Normalverdienende würden durch Einkommenssteuern, Krankenkassenprämien und Konsumsteuern immer stärker belastet. Vermögen und Kapital würden dagegen entlastet, argumentieren die Initianten. Sie kommen zum Schluss: «Der Reichtum ist zunehmend ungerecht verteilt.»
Ausnahme für Bauern
Nationalrätin Jacqueline Badran (SP, ZH) wirbt auf einem Blog der Initianten für die Initiative. Zum Slogan «Einkommen entlasten – AHV stärken» schreibt sie: «Mehrwertsteuer und Lohnnebenkosten könnten um 2 Milliarden gesenkt werden. Oder sie müssten nicht erhöht werden.» Laut ihr würden Familienbetriebe und die durch sie angebotenen Arbeitsplätze durch die Steuer nicht gefährdet.
Im Initiativtext stehe klipp und klar: «Gehören Unternehmen oder Landwirtschaftsbetriebe zum Nachlass oder zur Schenkung und werden sie von den Erben, Erbinnen oder Beschenkten mindestens zehn Jahre weitergeführt, so gelten für die Besteuerung besondere Ermässigungen, damit ihr Weiterbestand nicht gefährdet wird und die Arbeitsplätze erhalten bleiben.» Selbst bewirtschaftete Landwirtschaftsbetriebe würden sogar mit null eingesetzt, so Badran.
...aber restriktiv
Was sagt Werner Salzmann aus Mülchi BE zur Initiative? Er ist Ing. agr. FH und Chefexperte Landwirtschaft bei der Steuerverwaltung des Kantons Bern. Die vorgesehenen Ausnahmen für Landwirtschaftsbetriebe seien restriktiv, sagt Salzmann. Für die genannten Erleichterungen müsse ein Betrieb per Definition ein landwirtschaftliches Gewerbe im Sinne des Bundesgesetzes über das bäuerliche Bodenrecht sein, sonst würde er mit dem Verkehrswert in die Erbmasse eingehen.
Ferner müsste laut Initiativtext ein Landwirtschaftsbetrieb von den Erben oder den Beschenkten selbst bewirtschaftet werden. Und auch wenn der Betrieb vor dem Ablauf der Frist von zehn Jahren aufgegeben oder veräussert werde, so würde mit der Initiative die Erbschaftssteuer anteilsmässig nachverlangt.
«Zehn Jahre sind eine lange Zeit, wenn man an die raschen Wechsel in der Agrarpolitik denkt», sagt Salzmann. Ausserdem gebe es auch Besitzer von landwirtschaftlichen Betrieben, die neben dem eigentlichen Betrieb ein grösseres Vermögen aufwiesen, und solche mit Grundstücken in der Bauzone, die nicht mehr nach dem bäuerlichen Bodenrecht vererbt werden könnten – solche Familienbetriebe wären von der neuen nationalen Erbschaftssteuer ohnehin voll betroffen, betont Salzmann.
Bauern brauchen KMU
Zu seinem entschiedenen Nein zur Initiative kommt Salzmann aber auch aus den folgenden Überlegungen: «Wie auch immer das Parlament allfällige Erleichterungen ausgestaltet, für KMU in Familienbesitz ist die neue, nationale Erbschaftssteuer in jedem Fall ein grosses Problem.
Beispielsweise müssen die heutigen Inhaber fürchten, dass ihre Söhne und Töchter um einen Teil der getätigten Investitionen geprellt würden, wenn diese das Unternehmen innerhalb von zehn Jahren verkaufen sollten.» So würde weniger investiert, das schade der Attraktivität des Standorts Schweiz. Die Bauern seien mit der Wirtschaft mehrfach verbunden: Nur eine starke Wirtschaft könne die Steuererträge aufbringen, die für die Finanzierung des Agrarkreditrahmens nötig seien.
Zudem fänden zahlreiche Bäuerinnen und Landwirte in angegliederten KMU einen wichtigen Zusatzverdienst zur Existenzsicherung, führt Salzmann aus. Für ihn als Präsident der SVP des Kantons Bern ist die Erbschaftssteuerinitiative auch ein Angriff auf die Familie, den Wirtschaftsstandort Schweiz und auf den Föderalismus.