Dank den beiden Juragewässerkorrektionen ist das Seeland zur Gemüsekammer der Schweiz geworden. Diese sieht Pro Agricultura Seeland gefährdet und fordert eine 3. Juragewässerkorrektion.
Die Idee lancierte Pro Agricultura Seeland (PAC) an einer Tagung in Ins. Zuvor hatte die Organisation an ihrer Generalversammlung eine Resolution zum Thema verabschiedet. Damit die Funktion als grösstes und fruchtbarstes Landwirtschaftsgebiet der Schweiz gesichert werden könne, müsse gehandelt werden, heisst es darin. Der vom Volk im Herbst 2017 angenommene Verfassungsartikel «Ernährungssicherheit» verpflichte Bund, Kantone und Gemeinden dazu, Verantwortung zu übernehmen und aktiv zu werden, heisst es in der Resolution, die an der Generalversammlung des Vereins vom Donnerstag verabschiedet worden war.
Ausbau von bestehenden Infrastrukturen
Sich häufende Wetterextreme mit langen Hitzeperioden oder viel Niederschlag innert kurzer Zeit gefährden laut PAC die Ertragssicherheit. Zudem senken sich die Böden und verdichten. Als Lösung sieht die Organisation bauliche Massnahmen und den Ausbau von bestehenden Infrastrukturen.
Dazu gehören unter anderem die Entwässerung und Bewässerung, Terrain-Erhöhungen und -Nivellierungen, oder die Erhöhung der Entwässerungskapazität der Kanäle. Auch erwähnt werden produktions-technische Massnahmen zur Verbesserung der Nachhaltigkeit. Bisher habe der Wille gefehlt, etwas zu unternehmen, sagte PAC-Präsident Peter Thomet an der Tagung. Nun wolle man aufzeigen, dass etwas gemacht werden müsse.
Viele Interessen - noch mehr Beteiligte
Die Angelegenheit ist aber äusserst komplex. Nicht nur sind 5 Kantone und rund 200 Gemeinden betroffen, es stehen sich auch unterschiedliche Interessen gegenüber. Landwirtschaftliche Produktion, Umwelt- und Naturschutz oder Tourismus stehen öfters in einem Zielkonflikt. So zeigte die Freiburger Staatsrätin Marie Garnier auf, dass teils auch Ökologie mit Ökologie im Konflikt stehe. So beim Plan, ein rund 80 Hektaren grosses Gewächshaus zu schaffen. Dadurch könnte unter anderem der Pflanzenschutzmittel-Verbrauch verkleinert werden. Andererseits gibt es Bedenken bezüglich Natur- und Landschaftsschutz, wenn auf zuvor offener Fläche ein solches Gewächshaus errichtet würde.
Garnier begrüsste den Ansatz der PAC, die Probleme gesamthaft anzugehen. Es sei derzeit noch zu früh, schon Lösungen zu präsentieren und zu grosse Forderungen zu stellen – gerade auch wegen der genannten Zielkonflikte. Sie regte dazu an, allenfalls eine übergeordnete Institution zu schaffen, die über Kantons- und Gemeindegrenzen sowie spezifischen Interessen hinaus koordinieren kann.
Milliardenprojekt
Auch Christian Hofer, neuer Chef des Amtes für Landwirtschaft und Natur des Kantons Bern (LANAT), betonte, dass die Angelegenheit integral angegangen werden müsse. Verschiedene Interessen müssten berücksichtigt werden, Extreme seien keine Lösung. Derzeit fehle es noch an einem Leitbild, so Hofer.
Angesprochen auf die Kosten erklärte Landwirt Daniel Lehmann, dass es sich um ein Milliardenprojekt handle. Berücksichtige man jedoch den langfristigen Nutzen und die damit verbundene Wertsteigerung, so sei dies eine tragbare Grössenordnung. Dem stimmte PAC-Präsident Thomet zu: Langfristig über 30 Jahre gesehen, sei dies kein so grosser Betrag mehr.