Während in Südeuropa Dürre herrscht, ist es in Mitteleuropa übermässig feucht. Auch in der Schweiz hat es in den vergangenen Wochen überdurchschnittlich viel geregnet. Bauern warten ungeduldig darauf, endlich ihre Felder richtig bestellen zu können.
Mit den steigenden Temperaturen kündigen sich endlich bessere Bedingungen an. Denn wenn der Frühling nun endlich auch mit warmem und schönem Wetter auffahren werde, könne Einiges noch kompensiert werden, heisst es mehrheitlich.
Die kommenden Wochen entscheiden darüber, ob dies gelingen wird. Besonders hart trifft der starke Niederschlag die Gemüsebauern.
Setzlinge verfaulen
Pflanzensetzlinge bilden in durchnässten Böden kaum Wurzeln und wachsen nur sehr spärlich. Bereits gesetzte Pflanzen wie Salate drohen durch das viel zu nasse Wetter zu verfaulen. Auch die Felder von Mohnölproduzent David Brugger aus Veltheim AG sind durchnässt. «So etwas habe ich noch nie erlebt», erzählt er der «Neuen Zürcher Zeitung» (NZZ). Brugger ist Geschäftsleiter des Bereichs Pflanzenbau beim Schweizer Bauernverband.
SBV
Diejenigen Landwirte, denen es möglich war, darauf zu verzichten, brachten ihre Setzlinge erst gar nicht unter die Erde, schreibt die «NZZ». Einige Landwirte hätte deshalb gar darauf verzichtet, ihre Setzlinge anzupflanzen. Sie hätten Zuckerrüben angebaut, um in einigen Monaten überhaupt etwas ernten zu können. Andere hingegen mussten die Setzlinge ausbringen. «Es gibt gewisse Sorten, bei denen wir einfach eine Deadline haben. Die müssen wir einhalten», verrät Brugger der «NZZ».
Auch Jörg Friedli (48) von Friedli Gemüse in Wohlenschwil AG im Reusstal sei mit der Ansaat stark in Verzug, berichtet der «Blick». Probleme machten ihm zudem, dass Pflanzenschutz und Unkrautbekämpfung unter diesen Bedingungen nur schwer möglich seien. So seien Pilzkrankheiten auf dem Vormarsch. Und wenn die Kartoffeln nicht schleunigst in den Boden kämen, bliebe ihm nichts anderes übrig, als daraus Kuhfutter zu machen, so Friedli.
Bearbeitung kaum oder gar nicht möglich
Der nasse Boden führt neben den verfaulten Setzlingen auch noch zu einem weiteren Problem. Das massive Gewicht der Maschinen komprimiert den Boden. Die steigenden Temperaturen machten den Boden dann hart wie Stein. Dadurch kann dann auch das Wasser nicht mehr versickern. Brugger weiss, dass die Atmungsaktivität des Bodens aber zentral für das Überleben der Setzlinge und Kulturen sei. Stehendes Wasser auf Feldern führe bereits nach einem Tag dazu, dass Setzlinke absterben würden, führt Brugger weiter aus.
Das viele Wasser führe einerseits dazu, dass weniger Luft im Boden sei. Die Pflanzen bilden darum weniger Wurzeln. Das räche sich im Sommer, wenn es warm und trocken werde. Andererseits sei die Bearbeitung der Felder in diesem Frühling schwierig. So könne auch Daniel Frey, Geschäftsleiter bei Frey Gemüsebau in Kirchleerau AG, nicht in die Felder hineinfahren, heisst es im «Blick».
Screenshot TeleM1
Gegen Ernteausfälle versichern
Auch Thomas Wyssa aus Galmiz bei Murten FR sieht sich mit diesem Problem konfrontiert. «Weil es so nass ist, können wir kaum Setzlinge setzen, und es bleibt danach schwierig, zur Pflege der Kulturen in die Felder zu fahren, um Unkraut zu entfernen und Dünger auszubringen», berichtet Wyssa der «Basler Zeitung».
Seine Salate müsse der Gemüsebauer aus Galmiz wöchentlich setzen, um die Ware dann später auch wöchentlich zu ernten und als Frischprodukte auf den Markt bringen zu können. Fehlt der Rhythmus beim Setzen, gerate auch die Ernte durcheinander.
Am Ende können womöglich Liefertermine nicht eingehalten werden, die mit den Abnehmern vereinbart sind. Gerade im Berner Seeland haben sich aber inzwischen viele Gemüsebauern für den Fall von Ernteausfällen versichert, berichtet die «Basler Zeitung».
Schweiz Aktuell berichtete am 09. Mai 2023 über die Sorgen der Luzerner Bauern mit dem nassen Wetter.
Spätere und geringere Ernte
Markus Waber, stellvertretender Direktor beim Verband Schweizer Gemüseproduzenten, erkennt zwar, dass es momentan eine gute Versorgung mit Schweizer Gemüse gebe. Da aber jetzt nicht gepflanzt werden könne, sei denkbar, dass die Ernte in den kommenden Wochen geringer ausfalle. Und das könnte sich zusätzlich auf die Preise auswirken. Diese hätten bereits jetzt schon angezogen, erklärt Waber dem «Blick».
Die Haupternte des Freilandgemüses, die in der Schweiz im Juni mit Zwiebeln und Frühkartoffeln beginnt, dürfte sich um 10 Tage oder mehr verzögern. Das schlechte Wetter setzt auch den Früchten zu. Schweizer Freilanderdbeeren beispielsweise kommen definitiv später auf den Markt als in den letzten Jahren. Auch David Brugger geht davon aus, dass es weniger Kartoffeln, weniger Öl und weniger Zucker geben wird.
Nächste Wochen entscheidend
Für die Kulturen ist es zwar wichtig, dass es weiterhin gelegentlich regnet. Was jetzt aber fehlt sind warme Temperaturen und Sonnenschein. Der durch das nasse Klima bedingte verzögerte Start könnte aber teils noch kompensiert und die Verluste vermindert werden, heisst es mehrheitlich in den genannten Quellen. «Alles steht und fällt aber damit, wie die nächsten Wochen werden», zeigt sich Brugger der «NZZ» gegenüber hoffnungsvoll.
Auch beim Gemüsebauer Beat Meyer aus Dottikon AG wachse das Gemüse zu langsam. Meyer verweist auch auf die Schädlingsproblematik. «Bei diesem ständig feuchten und kühlen Wetter haben Schädlinge wie Blattkäfer und Schnecken mehr Zeit zum Fressen. Das Risiko vor grossen Schäden steigt. Das könnte noch zu einem Problem werden», wird Meyer von der «Basler Zeitung» zitiert.
Niemand dürfte also dem Wunsch von Beat Meyer widersprechen wollen: «Eine Woche Sonnenschein, das haben wir dringend nötig», wird der Gemüsebauer aus Dottikon AG von der «Basler Zeitung» zitiert.