Nächsten Mittwoch stimmt der Nationalrat über die Initiative für Ernährungssicherheit ab. Es wird zu einer knappen Entscheidung kommen. Mitglieder aus allen bürgerlichen Parteien sprechen sich für ein Ja aus.
Innert kürzester Zeit sammelten die Schweizer Bauernfamilien fast 150000 Unterschriften für die Volksinitiative für Ernährungssicherheit. Aber diese ins Ziel zu bringen, ist nicht ein Sprint und auch kein Mittelstreckenlauf, sondern ein veritabler Marathon.
Bürgerliche Allianz nötig
Derzeit engagiert sich der Schweizer Bauernverband (SBV) dafür, dass der Nationalrat am 9. März Ja zur Initiative sagt. Das wäre für den SBV ein wertvolles politisches Zeichen und würde gleichzeitig dem Bundesrat im kommenden Abstimmungskampf teilweise die Hände binden.
Die Abstimmung am Mittwoch, 9. März, dürfte knapp ausgehen. Die Landwirtschaft baut dabei auf die bürgerlichen Parteien SVP, CVP, FDP und BDP. GLP und SP werden voraussichtlich dagegen stimmen, die Grünen sich enthalten. Der Widerstand kommt dabei von den Umweltverbänden – dafür steht etwa Kommissionssprecher Beat Jans (SP, BS), der viele Jahre bei Pro Natura gearbeitet hat –, von der Economiesuisse, die den Agrarfreihandel propagiert und die dem SBV eine «Abschottungspolitik» unterstellt, und von Gewerbeverband und Hauseigentümerverband.
CVP sagt mehrheitlich Ja
Für Letztere stehen die Massnahmen gegen den Verlust von Kulturland ihrem Ziel entgegen, dass der Boden möglichst billig und möglichst leicht verfügbar ist.
Diese Woche diskutieren die Fraktionen die Initiative. Die CVP-Fraktion unterstützt diese grossmehrheitlich. Bauernverbandspräsident und CVP-Nationalrat Markus Ritter betont: «Mit dieser Initiative wird weder der Grenzschutz für Lebensmittel erhöht noch die Biodiversität infrage gestellt.» Er verweist auch darauf, dass der Bundesrat zuerst einen direkten Gegenvorschlag formuliert hat. Damit habe der Bundesrat zugegeben, dass die heutige Bundesverfassung im Bereich der Ernährungssicherheit eine Lücke aufweise.
SVP ist entscheidend
Sehr wichtig wird das Verhalten der SVP-Fraktion sein, also der Partei, die sich oft als die konsequenteste Bauernpartei bezeichnet. In der Wirtschaftskommission stimmten die SVP-Vertreter nicht geschlossen. Mit Magdalena Martullo Blocher (GR), Thomas Aeschi (ZG), Thomas Matter (ZH) und Céline Amaudruz (GE) stimmten aber auch Vertreter der Industrie und des Finanzplatzes Ja. Landwirt und Nationalrat Markus Hausammann (TG) ist klar für die Initiative.
Er sagt: «Eine nachhaltige landwirtschaftliche Produktion ist die günstigste und effizienteste Art, Landschaftspflege zu betreiben.» Auch der designierte SVP-Parteipräsident und ETH-Agronom Albert Rösti ist für die Initiative. Er nimmt wie folgt Stellung: «Es ist ganz wichtig, dass die einheimische Produktion gestärkt wird. Nur so können die Bauernfamilien unsere Bevölkerung langfristig mit gesunden, qualitativ hochstehenden Nahrungsmitteln versorgen und die Kulturlandschaft offen halten und pflegen.»
Am Dienstagabend hat die SVP-Fraktion entschieden, die Initiative zu unterstützen.
«Ganz im Sinn der FDP»
Und wie sehen die Freisinnigen die Initiative für Ernährungssicherheit? FDP-Nationalrat und SBV-Direktor Jacques Bourgeois kämpft um Stimmen aus seiner Fraktion. Er denkt bei der Initiative insbesondere an die Jungen: «Wir müssen den jungen Landwirten eine Zukunftsperspektive bieten.» Bei der FDP wird entscheidend sein, dass FDP-Landwirte auf ihre Parteikollegen unter der Bundeshauskuppel Druck ausüben.
So etwa Peter Nüesch, Milchproduzent in Widnau SG und Präsident des St. Galler Bauernverbandes, der ebenfalls in der FDP ist. Er befürwortet die Initiative: «Mit der Initiative wollen wir die produzierende Landwirtschaft fördern. Das ist absolut im Sinn der FDP.» Denn die grosse Abhängigkeit der landwirtschaftlichen Betriebe von den Direktzahlungen, wie sie sich etwa bei den Auswirkungen der AP 14– 17 zeigt, sei problematisch. Dass eine Lebensmittel produzierende Landwirtschaft einen gewissen Grenzschutz brauche, sei auch in der FDP unbestritten.
BDP-Landolt ist dafür
Aktuell sehe man auf dem Milch- und dem Zuckermarkt, wie ausgeliefert die Schweizer Landwirtschaft bei reduziertem oder ganz abgeschafftem Grenzschutz sei. Auch Getreideproduzentenpräsident Fritz Glauser (FDP) ist aktiv. Er sagt: «Die Initiative ist ein Anliegen der Landwirtschaft, aber nicht nur: Sie ist auch ein Anliegen der Ernährungswirtschaft. Es geht um Wertschöpfungsketten. Ohne einheimische Rohstoffe kann man die Verarbeitung in der Schweiz nicht aufrechterhalten, ist Glauser überzeugt.
Der BDP-Vertreter in der Wirtschaftskommission, Parteipräsident Martin Landolt (GL), unterstützt die Initiative für Ernährungssicherheit. Mit Landwirt und BDP-Nationalrat Duri Campell (GR) kämpft er um Stimmen aus der BDP-Fraktion.