«Stellen Sie sich vor, Sie wären Finanzminister. Wo würden Sie sparen?» Diese Frage hat die wirtschaftsliberale Denkfabrik Avenir Suisse 20'000 Schweizerinnen und Schweizern gestellt. Das Ergebnis: Neben der öffentlichen Verwaltung soll vor allem die Landwirtschaft abspecken.
Die Teilnehmer der Umfrage hatten die Möglichkeit, die Summe aller gegenwärtigen Ausgaben von Bund, Gemeinden und Kantonen, das sind rund 167 Mrd. Franken, auf sieben Bereiche zu verteilen:
- öffentliche Verwaltung (inkl. allgemeine Verwaltung, Entwicklungshilfe, Asylausgaben)
- soziale Sicherheit (ohne reguläre Rentenzahlungen)
- Verkehr
- Gesundheit (nur Staatsbeiträge)
- Verteidigung und Polizei
- Forschung, Bildung und Kultur
- Landwirtschaft
Die Umfrage zeigt gemäss Avenir Suisse, dass die Schweizerinnen und Schweizer mit der heutigen Landwirtschaft nicht zufrieden sind. 52 Prozent der Umfrageteilnehmer sind für Einsparungen. Im Durchschnitt beträgt der Sparwunsch 13 Prozent der gegenwärtigen Landwirtschaftsausgaben. Die aktuelle Landwirtschaftspolitik geniesse in breiten Bevölkerungsschichten nicht so starken Rückhalt wie oft angenommen, folgert die Denkfabrik.
Links stehende Männer wollen sparen
«Das steht im Gegensatz zur landläufigen Meinung, dass die Schweizer hinter ihren Bauern stehen», sagte Avenir-Suisse-Direktor Peter Grünenfelder am Donnerstag vor den Medien. «Aber das stimmt so nicht.» In der Landwirtschaft sei der finanzpolitische Anstand verloren gegangen, was die Bürger durchaus bemerken würden.
Das Profil des Landwirtschaftssubventions-Kritikers wird in der Studie wie folgt beschriebe: Es handelt sich um einen eher gutverdienenden Mittevierziger, politisch eher links positioniert, wohnhaft in einer Deutschschweizer Stadt, der über (Finanz-)Politik gut Bescheid weiss, und der sich Einsparungen in der Höhe von 50 % des Budgets oder mehr wünscht. Ausgabefreudiger für die Bauern sind junge Erwerbstätige, Hausfrauen und -männer sowie Landbewohner.
Bei Verwaltung wollen mehr sparen
Noch lieber als bei den Bauern würden die Schweizerinnen und Schweizer aber in der «öffentlichen Verwaltung» kürzen, wobei aus den Umfrageergebnissen nicht hervorgeht, welche Bereiche damit genau gemeint sind. 23 Prozent weniger würden die Befragten für die öffentliche Verwaltung des Bundes ausgeben. Mehr Geld würden sie hingegen für Bildung, Sicherheit und Gesundheit sprechen, wobei das Gesundheitswesen vor allem den Frauen am Herzen liegt.
Konservative Schweizer
Bei einem allfälligen Defizit des Staatshaushaltes würden über 75 Prozent der Befragten zuerst einmal die Ausgaben kürzen. Nur ein kleiner Teil der Umfrageteilnehmer würde auf eine Steuererhöhung setzen oder die Verschuldung ansteigen lassen. Für Avenir Suisse eine «fiskalpolitisch eher konservative Einstellung». «Konservativ» ist die Einstellung der Befragten auch gegenüber Instrumenten wie der Schuldenbremse. Die Schuldenbremse verpflichtet den Bund, Einnahmen und Ausgaben längerfristig im Gleichgewicht zu halten. Sie ist seit 2003 in Kraft und gilt für alle Bereiche bis auf die Sozialversicherungen.
Die Renten und Ergänzungsleistungen sind über Gesetze geregelt und unterstehen deshalb nicht dieser Ausgabenbegrenzung. Diese Ausnahme soll auch nicht abgeschafft werden, findet eine Mehrheit der Befragten. Nur 39 Prozent würden eine Schuldenbremse für AHV, IV und Sozialhilfe gutheissen. 49 Prozent sind dagegen, wobei vor allem Befragte ab einem Alter von 55 Jahren Nein dazu sagen. Sie wollen also nicht, dass das Parlament in der Budgetdebatte über die Sozialversicherungen entscheiden kann.
Schuldenbremse für die Renten
Für Avenir Suisse ist dieses Umfrageergebnis eher unerfreulich. «Wir halten eine Schuldenbremse für die Sozialversicherungen für notwendig, denn genau hier droht die Schuldenlast in den kommenden Jahren am grössten zu werden», sagte Grünenfelder.
Es brauche aber wohl noch einen intergenerationellen Diskurs, um in der Bevölkerung den Rückhalt für diese Idee zu finden. Avenir Suisse gehe es primär darum, langfristig Gegensteuer zu geben und eine Schwächung der Schuldenbremse zu vermeiden. «Wir befürchten eine Aufweichung der Finanzdisziplin.»