Mehrere Tausend Menschen haben sich am Samstag in Den Haag in den Niederlanden zu einer Bauerndemonstration gegen Umweltauflagen versammelt. Gleich zu Beginn durchbrach nach Angaben der Polizei ein Schaufelbagger eine Absperrung, so dass trotz Verbots mehrere Lastwagen mit Demonstranten auf das Gelände der Kundgebung fahren konnten.
Der Fahrer des Baggers wurde festgenommen. Trotz eines Verbots durch die Behörden hatten sich zuvor schon Dutzende Traktoren auf den Weg nach Den Haag gemacht.
Die Bauernorganisation «Farmers Defence Force» rief zur «grössten Demo aller Zeiten» auf. Diesmal soll es nicht nur um Proteste gegen Umweltauflagen gehen. Rechtspopulistische Parteien, allen voran Rechtsaussen Geert Wilders, wollen das Podium nutzen, um zum Widerstand gegen die Regierung aufzurufen. Ausserdem mobilisierte die Bewegung der früheren Corona-Gegner «Samen voor Nederland» (Gemeinsam für die Niederlande) ihre Anhänger.
Bei Alphen aan den Rijn im Nordwesten von Den Haag wurden am Vormittag zahlreiche Fahrzeuge gestoppt und von der Strasse geholt, wie die Polizei mitteilte. Aus Sorge vor Ausschreitungen hatten die Behörden ein Verbot für die Teilnahme mit Traktoren erlassen. Dennoch machten sich in mehreren Regionen Bauern damit auf den Weg. Die Behörden erliessen deshalb eine Notverordnung. Zugangsstrassen und wichtige Kreuzungen wurden mit Armeefahrzeugen blockiert.
Grosse Proteste im Sommer 2022
Im vergangenen Sommer gab es in Holland grosse Proteste der Landwirtinnen und Landwirte. Sie blockierten über Wochen hinweg Verteilzentralen von Supermärkten und legten Strassen – auch Autobahnen – mit Traktoren und Heuballen still. Die Folge: Mehrere Hundert Kilometer lange Staus. Neben Blockaden gab es auch Langsam-Fahr-Aktionen, um den Verkehr zu behindern. Bauern haben bei Protestaktionen aber auch Mist und Müll auf Autobahnen gekippt und Feuer an Strassenrändern gelegt.
50 Prozent Reduktion
Der Protest der Bauern richtet sich gegen geplante Umweltauflagen. Denn im Juni 2022 stellte die Regierung in Den Haag den «Stickstoff-Plan» vor. Er sieht im Kern vor, dass die Landwirtschaft ihren Ausstoss an Stickstoffverbindungen bis 2030 um 50 Prozent reduziert. Verärgert hat die Bauern die detaillierte «Stickstoff-Karte» mit einzelnen Regionen, in denen die Gesamtemissionen um 12 Prozent bis hin zu etwa 70 Prozent in der Nähe von Naturgebieten sinken sollen.
In der Nähe von Naturschutzgebieten soll der Ausstoss gar um bis zu 95 Prozent sinken. Die Verantwortung, das durchzusetzen, wird auf die Provinzen abgewälzt. Die drastische Reduktion führt nach Einschätzung der Regierung dazu, dass etwa 30 Prozent der Viehhalter ihren Betrieb aufgeben müssen.
Das Finanzministeriums hat Mitte Juli berechnet, wie viele Betriebe aufgeben müssten. Das Resultat ist drastisch. Die aktuelle Stickstoffstrategie der Regierung würde dazu führen, dass 11’200 landwirtschaftliche Betriebe ihre Tore für immer schliessen müssten. Weitere 17’600 Landwirte müssten ihren Viehbestand deutlich reduzieren, um ein Drittel auf fast die Hälfte. In Holland gibt es derzeit noch rund 54’000 Betriebe.