Die Polizei in Indien hat eine Klimaaktivistin im Zusammenhang mit Kampagnenmaterial zu den grossen Bauernprotesten festgenommen.
Die 22 Jahre alte Disha Ravi soll das Material mit Klimaaktivistin Greta Thunberg geteilt haben, die dieses dann auf Twitter verbreitetet hatte, wie die Polizei mitteilte. Thunberg hatte kürzlich auch getwittert: «Wir stehen in Solidarität mit dem #Bauernprotest in Indien.»
Polizei spricht von Verschwörung
Laut der Polizei ist das Kampagnenmaterial Teil einer Verschwörung von Sikh-Separatisten und Ravi eine der entsprechenden Hauptverschwörerinnen. Die Fridays-for-Future-Anführerin und Studentin solle demnach mit den Separatisten zusammengearbeitet haben, um Unzufriedenheit gegenüber dem indischen Staat zu verbreiten.
Vor einem Gericht in der Hauptstadt Delhi im Norden des Landes wies sie am Sonntag den Vorwurf nach Verschwörung und Volksverhetzung zurück. Sie habe lediglich zwei Zeilen des Materials bearbeitet, sagte sie laut dem Fernsehsender NDTV. Zuvor war sie im südlichen Bengaluru festgenommen worden, wie die Polizei berichtete.
Bauernproteste seit November
Mehrere Aktivisten und Oppositionspolitiker kritisierten die Festnahme. Auch Delhis Regierungschef Arvind Kejriwal schrieb am Montag auf Twitter, dass die Festnahme ein noch nie da gewesener Angriff auf die Demokratie sei: «Unsere Bauern zu unterstützen ist keine Straftat.»
Seit November kampieren Zehntausende Bauern rund um die Hauptstadt und fordern meist friedlich, kontroverse Marktliberalisierungsgesetze aufzuheben. Ende Januar kam es jedoch zu Gewalt zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften. Mindestens ein Bauer starb und 400 Polizisten wurden nach Polizeiangaben verletzt.
Bauern befürchten Preisverfall
Die Gesetze sollen es Firmen einfacher machen, direkt von Bauern zu kaufen. Bislang wurde in Indien Getreide meist in staatlich organisierten Grossmärkten mit Mittelmännern zu garantierten Mindestpreisen gehandelt.
Die Regierung argumentiert, dass die Erzeuger auf dem freien Markt höhere Gewinne erzielen könnten und die Reform die Landwirtschaft modernisiere. Die Bauern hingegen befürchten einen Preisverfall. Die Landwirtschaft ist Lebensgrundlage für rund 60 Prozent der 1,3 Milliarden Einwohner des Landes.
Bauern unter Druck
Die Landwirtschaft trägt rund 15 Prozent zur indischen Wirtschaftsleistung bei und ist Lebensgrundlage für rund 58 Prozent der 1,3 Milliarden Einwohner des Landes. Viele Bauern stehen wirtschaftlich stark unter Druck und befürchten, im freien Wettbewerb ganz vom Markt gedrängt zu werden.
Dass vielen Bauern um ihre Existenz fürchten, hat auch mit der Betriebsgrösse zu tun. 2010/11 betrug die Durchschnittsfläche der 138 Mio. Betriebe im Land 1,16 ha. 85 % der Betriebe bewirtschaften weniger als 2 ha Land. Insgesamt entfallen auf diese Kategorie 45 % der Gesamtfläche.
Rund 10 Prozent der Gesamtfläche wird von 0,7% der Betriebe bewirtschaftet, die mit einer Fläche von über 10 ha als Grossbetriebe gelten. Das sind gemäss dem Bericht des deutschen Agrarministeriums fast 1 Mio. Betriebe. Die grössten 170’000 Landwirte bewirtschaften im Schnitt je 37 ha.