Fast 60 Rappen pro Kilo können Bauern auf Malta für ihre Milch lösen. Dies erreichen sie dank einer Genossenschaft in mehrheitlich bäuerlicher Hand. Die Kooperative bietet aber noch zusätzliche Dienstleistungen an.
Auf dem kleinen Inselstaat Malta leben über 420'000 Menschen. Die Verstädterung setzt sich unaufhaltsam fort. Dank seinem milden Klima lässt sich auf Malta hervorragend Gemüse, Früchte und Wein produzieren. Die limitierenden Faktoren sind das Wasser und die Hitze.
Als die Leserreise-Gruppe des «Schweizer Bauer» das Eiland Mitte März besuchte, zeigte es sich in seinem grünen Kleid. Während der Sommermonate fehlen die Niederschläge aber meistens gänzlich. Konsequenz: Die Felder wechseln auf die Farbe Beige. Dass sich auf der Insel erfolgreich Milchproduktion betreiben lässt, erscheint auf den ersten Blick unwahrscheinlich. Die Leserreise-Gruppe konnte sich bei einem Betriebsbesuch auf der Vella-Farm selbst ein Bild machen.
Höchster EU-Milchpreis
Derzeit produzieren noch 114 Bauern auf den Inseln Malta und Gozo Milch. Rund 6'000 Kühe leben im kleinsten EU-Staat. Pro Betrieb werden durchschnittlich 52 Tiere gehalten. Sämtliche Milchbauern sind Mitglied der Genossenschaft KPH (Kooperattiva Produtturi Tal-Halib). Und hier liegt auch der Erfolg begründet. Die Bauern vermarkten ihre Milch über die eigene Molkerei Benna. «Damit schalten wir den Zwischenhandel aus», erklärt Vincent Parnis von der KPH. Die offenen Märkte in der EU führen dazu, dass es in den Supermärkten auf der Insel Milch aus Grossbritannien, Italien, Irland, Deutschland und Spanien zu kaufen gibt.
«Dank dem Ausschalten des Zwischenhandels können wir unseren Bauern den höchsten Milchpreis der EU ausbezahlen», hält Parnis nicht ohne Stolz fest. Die Genossenschafter erhalten pro Kilo Milch rund 55 Cent (58 Rappen), im Laden wird ein Liter für rund 85 Cent (90 Rappen) verkauft. Importware kostet derweil aber 1 Euro oder mehr. Produziert wird nur Pastmilch. Nebst Milch hat Benna Joghurt, Milchmischgetränke und Mozzarella im Sortiment. Die Molkerei gehört zu 70 Prozent den Bauern, die übrigen 30 Prozent hält der Staat über eine Beteiligungsgesellschaft. Verkauft werden die Waren durch 40 selbstständige Verkäufer.
Rundum-Service
Die KPH verarbeitet und vertreibt nicht nur die Milch, sondern betätigt sich auch beim Beschaffen von Futtermitteln, Genetik (inkl. Besamungsdienst), Beratung, Servicearbeiten, Hofumbauten und im Tiergesundheitsdienst. Dieser Service wird nicht nur für Kuhhalter, sondern auch für Schweine-, Schaf-, Ziegen-, Hühner- oder Kaninchenhalter angeboten. Daneben verkauft die KPH Versicherungen und leiht den Bauern Geld. Dieser Rundum-Service hilft den Bauern, sich gegen die europäische Konkurrenz zu behaupten.
Auf Malta leben sämtliche Kühe in Laufställen. Aufgrund klimatischer und betrieblicher Gründe haben die Kühe keinen Weidegang. Kulturland ist zum grössten Teil im Besitz der Gemüsebauern, Nutzviehhalter können derweil nur kleine Flächen ihr Eigen nennen. Daher muss der überwiegende Teil der Futtermittel importiert werden. Mais, Soja, Gerste, Futterweizen und andere Rohstoffe werden von der KPH eingeführt. Eine Futtermühle befindet sich auf der Insel. Das Mischfutter schlägt mit zwischen 300 und 450 Euro/t zu Buche. Auch Stroh, Heu und Luzerne werden überwiegend eingeführt. Hauptsächlich stammt dieses aus dem nahen Italien und aus Spanien. Pro Tonne werden durchschnittlich 300 Euro bezahlt.
Erster Roboter der Insel
Vom Service der KPH profitiert auch Brian Vella, Milchbauer aus San Gwann im Nordwesten der Insel Malta. Auf dem Areal sind drei Betriebe nebeneinander angesiedelt. Drei Brüder haben vor 70 Jahren die Farmen, die unmittelbar in Stadtnähe liegen, gegründet. Heute werden sie von den Nachkommen geführt. Bezüglich Technik steht der Betrieb von Vella mit den Schweizer Milchbetrieben auf Augenhöhe. Gefüttert wird über einen Automaten, im Stall steht zudem ein Melkroboter.
«Wir installierten im Jahre 2011 den ersten Roboter der Insel», erklärt Brian Vella. Das kostete den Maltesen rund 110'000 Euro. Zwei Jahre zuvor haben die drei Familien ihre Laufställe für je 400'000 Euro vollständig neu gebaut. Die EU unterstützte den Neubau mit 150'000 Euro. In die Boxen wird Sand oder Sägemehl eingestreut, entmistet wird mittels Schieber. Die Gülle der Kühe kann im Gegensatz zu jener der Schweine auf die Felder ausgebracht werden.
Brian Vella setzt auf die Rasse Holstein. Besamt wird künstlich, das ist Chefsache. Eine Dose kostet zwischen 10 und 30 Euro. «Ich verwende Stiere wie Guarini, Lonar, Goldday, Colby oder Bookem», erklärt Vella den Schweizer Besuchern.
9000 kg Stalldurchschnitt
Seine Herde mit 60 Kühen kann sich sehen lassen. Der Stalldurchschnitt liegt bei 9'000 kg pro Tier. Wie schafft es Vella, in dem für Kühe ungünstigen Klima (während der Sommermonate sind die Temperaturen weit über 30 Grad) erfolgreich Kühe zu halten? «Eine gute Luftzirkulation, komfortable Schlafgelegenheiten sowie saubere Fressplätze sind die Grundvoraussetzungen», lässt er die Schweizer Bauern wissen. Die Futterration setzt sich aus 9 kg Mischfutter sowie 15 Kilo Heu zusammen. Das Wasser bezieht Vella aus dem betriebseigenen Brunnen.
Der Strukturwandel setzt sich auf Malta indes unvermindert fort. Gemäss einer Prognose der bäuerlichen Genossenschaft KPH dürften in einigen Jahren noch 75 Betriebe auf Malta und Gozo Milch produzieren. Der Tierbestand pro Betrieb würde somit auf 75 Kühe ansteigen.