Im Renaturierungs- und Hochwasserschutzprojekt «Chisebach» wird auch im Raum Konolfingen BE eingegriffen. Die dortigen Bauern wehren sich gegen den Verlust von 10 ha Fruchtfolgeflächen.
Der Wasserbauverband «Chisebach» hat grosse Pläne. Die «Chise» soll von Bowil bis zur Mündung in die Aare bei Kiesen auf der ganzen Länge renaturiert und besser gegen Hochwasser geschützt werden. Praktisch im ganzen betroffenen Gebiet wehren sich Bauern mit Einsprachen gegen die ihrer Meinung nach übertriebenen und teilweise sogar kontraproduktiven Pläne, welche zudem zu einem grossen Verlust an Kulturland führen würden.
10 ha Fruchtfolgeflächen
Auch Nebengewässer der «Chise» wie der «Hünigenbach» sind betroffen. Werner Stucki, Präsident der Flurgenossenschaft Niederhünigen, führt hier die Einsprecher an: «Sämtliche betroffenen 21 Bauern haben die Einsprache unterschrieben.» Dazu würden auch 10 weitere Grundeigentümer die Einsprache unterstützen. Der Verlust an Fruchtfolgeflächen alleine für das Projekt Hünigenmoos betrage 10 ha.
Die Einsprecher bemängeln vor allem zwei Punkte. Das ist zum einen die ihrer Meinung nach zu grosszügige Auslegung des Gewässerraums der «Chise». Gemäss den Planungen des Wasserbauverbandes «Chisebach» soll die «Chise» neu einen Gewässerraum von 23 Meter erhalten. «Diese Gewässerraumbreite geht aber weit über das hinaus, was im Merkblatt ‹Gewässerraum und Landwirtschaft› vom 20. Mai 2014 vorgesehen ist», bemängelt Stucki. Denn die «Chise» habe im natürlichen Zustand vor 1843 eine Gerinnesohle von 3 Metern gehabt.
Im Merkblatt heisst es dazu: «Für Fliessgewässer mit einer natürlichen Gerinnesohlebreite von 2 bis 15 m beträgt der Gewässerraum die 2,5-fache Breite der Gerinnesohle plus 7 m.» Bei einer Gerinnesohle von 3 Metern wie bei der Chise ergebe dies einen Gewässeraum von genau 14,5 Metern, «und nicht 23 Meter, wie im Projekt vorgesehen ist», kritisiert Stucki.
Keine Antwort
Auf die Frage, warum der Wasserbauverband «Chisebach» einen um 8,5 Meter breiteren Gewässerraum bauen will, als in den Vorgaben des Bundes vorgesehen ist, wollten weder dessen Geschäftsführer Hans Schäfer noch Christian Holzgang, bei der kantonalen Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion für das Projekt zuständig, Stellung nehmen.
Auch zum zweiten Hauptkritikpunkt, der geplanten Verlegung des Hünigenbaches talaufwärts in Richtung Mirchel, wollten sie nichts sagen. Denn hier befürchtet Stucki nicht weniger, sondern sogar mehr Überschwemmungen. «Heute fliessen im Gewerbekanal und in der Kiese gesamthaft 7m3 pro Sekunde Maximalkapazität. Jetzt soll der Hünigenbach mit 4,5 m3/s auch noch rein. Das gibt gesamthaft 11,5 m3/s.» Wenn die Verlegung des Hünigenbachs vor dem Ausbau der «Chise» auf eine Kapazität von auf 13 m3/s erfolge, dann werde es mehr und nicht weniger überschwemmen.
Tiefbauamt ist am Zug
Der Vorstand des Wasserbauverbands «Chisebach» hält an seinen Plänen fest. Für ihn ist klar: «Alternativen zum Projekt, welches seit 2006 in Bearbeitung ist, gibt es nicht.» Am 5.Mai hat er beschlossen, den Wasserbauplan Hünigenmoos beim Tiefbauamt des Kantons Bern zur Genehmigung einzureichen. «Wir erwarten die Bewilligung des Projektes durch das Tiefbauamt bis nach den Sommerferien», teilten alt Bauunternehmer Fritz Bay, Präsident des Wasserbauverbands, und Hans Schäfer Anfang Juni 2014 den Einsprechern mit. Die Bewilligung könne anschliessend beim Regierungsrat angefochten werden, fügten sie an.
Soll gebaut werden?
Nach dem Wasserbauprojekt im Hünigenmoos könnte gleich noch einmal wertvolles Kulturland für immer zerstört werden. «Man hört, dass die Gemeinde Konolfingen im Bereich des bisherigen Hünigenbachs bauen will», sagt Stucki. Es ist folglich nicht auszuschliessen, dass sich rund um Konolfingen die lokale Bauwirtschaft und die Befürworter von möglichst breiten und renaturierten Gewässern miteinander verbündet haben.