Gut ein Jahr ist seit der Einführung des grünen Teppichs vergangen. Während inzwischen 90 Prozent der Molkereimilch nach dem Branchenstandard produziert werden, hapert es bei der Auslobung mit dem «Swissmilk green»-Logo.
Bundesrat Ueli Maurer sprach von einer Win-win-Situation, als der Branchenstandard «Nachhaltige Schweizer Milch» (grüner Teppich) und das Logo «Swissmilk green» im August 2019 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Die Konsumenten und Verarbeiter könnten auf nachhaltige Schweizer Milch zählen. Bauern, «so hoffe ich», auf einen höheren Milchpreis, sagte er damals. Das Logo sollte die Einhaltung des grünen Teppichs auf dem Markt sichtbar machen und in einen Mehrwert umwandeln. Beim grünen Teppich sind zehn plus zwei Kriterien von den Produzenten einzuhalten (siehe Kasten).
Volg und Spar vorbildlich
Die Einführung des «Swissmilk green»-Logos klappte seither nur bedingt, wie Michael Grossenbacher von der Branchenorganisation Milch (BOM) ausführt: «Generell haben wir eine grössere Unterstützung durch die Detailhändler und die Verarbeiter erwartet.» Viele Detailhändler können oder wollen mit dem Logo bei den Konsumenten offenbar den Mehrwert der nachhaltigen Milch nicht einfordern. Zwar sei die Kennzeichnung auf vielen Eigenmarken der Detailhändler Volg und Spar zu finden, und auch auf Produkten von Emmi oder Züger Frischkäse sei der Aufkleber drauf. Trotzdem hält Grossenbacher fest: «Die Zwischenbilanz für die Kennzeichnung «Swissmilk green» ist ernüchternd.» Doch «für eine Kennzeichnung mit ‹Swissmilk green› gibt es keine Verpflichtung».
Willkürliche Aufkleber
Ein zusätzlicher Schlag für «Swissmilk green» war auch die Ankündigung der IP-Suisse von letztem März, künftig auch Coop mit Wiesenmilch zu beliefern. Dadurch dürfte deren Interesse an der vermehrten Verwendung des Logos nicht gerade in die Höhe schiessen. Dies, obwohl auch die Coop im BOM-Vorstand ihren Sitz hat und an der Ausgestaltung des Branchenstandards mitarbeitete. Bei einem kurzen Streifzug des Schreibenden war das rot-grüne Logo nur mit Mühe auffindbar. Im Coop waren beispielsweise einige Hirz-Produkte von Nestlé so gekennzeichnet. Andere Hirz-Produkte in der gleichen Filiale allerdings nicht. Es entsteht der Eindruck, als ob das Logo willkürlich aufgedruckt wird. Obwohl die Migros seit geraumer Zeit nicht mehr in der BOM dabei ist, gehörte der Chefmilcheinkäufer der Migros-Tochter Elsa, Lukas Barth, letztes Jahr zu den Unterzeichnern des grünen Teppichs. Das «Swissmilk green»-Logo konnte auf den Elsa-Produkten trotzdem nicht ausfindig gemacht werden. Zurzeit sind nach Angaben der BOM rund 30 Unternehmen für die Verwendung des Logos lizenziert. Offenbar besteht Hoffnung auf Besserung, wie Reto Burkhardt von den Schweizer Milchproduzenten (SMP) erklärt: «Es gibt noch viele Hersteller von Milchprodukten, die nächstens mit der Marke ‹Swissmilk green› werben wollen. Es wurden bereits sehr viele ‹Gut zum Druck› für die Produkteauszeichnung erteilt.»
Vor allem Trinkmilch
«Unser Monitoring ergibt, dass die Kennzeichnung mit Abstand am häufigsten auf Konsummilch-Packungen zu finden ist, gefolgt von Rahm, Joghurt und Frischkäse», stellt Grossenbacher fest. Zwar hätten sich einige Sortenorganisationen (z.B. Emmentaler, siehe Kasten) dafür entschieden, beim Branchenstandard mitzumachen, zur grossen Liebe wird es wohl dennoch nicht kommen. Derzeit wird kein Sortenkäse mit «Swissmilk green» ausgezeichnet. BOM-Geschäftsführer Stefan Kohler äusserte dafür letzten November Verständnis: «Die Auszeichnung könnte sogar kontraproduktiv sein, wenn etwa bei traditionell produzierten Käsen jetzt zusätzlich mit Nachhaltigkeitskriterien geworben würde, die aus Sicht der Konsumenten längst selbstverständlich sind.»
Werbung mässig erfolgreich
Geworben wird nicht direkt für die Marke «Swissmilk green», sondern für den Branchenstandard «Nachhaltige Schweizer Milch», den grünen Teppich, also für die Mehrwerte der Schweizer Milch. Laut Reto Burkhardt sei die Marke «Swissmilk green» in die Basiswerbung Milch integriert, wo es sinnvoll sei. Zuständig für das Basismarketing Schweizer Milch sind die SMP und im Ausland die Switzerland Cheese Marketing AG (SCM). Burkhardt sagt: «Wegen der Marke ‹Swissmilk green› wird nicht mehr Geld für die Werbung aufgewendet, wir haben die Inhalte in die Basiswerbung rund um den grünen Teppich integriert.» Die Basiswerbung Milch wird vom Bund mitfinanziert. Laut Michael Grossenbacher ist die Marktdurchdringung der Werbung bisher eher lau. «Darum sind die Marketingaktivitäten dafür vorerst etwas gedrosselt worden.»
Mehrpreis herausgeholt
Der Nachhaltigkeitszuschlag auf sämtliche Molkereimilch des A-Segments ist im BOM-Reglement festgehalten. 3 Rappen sind es, und diese müssen in der Milchgeldabrechnung explizit ausgewiesen werden, was die BOM seit Anfang des laufenden Jahres überprüft. Die SMP zeigen sich dementsprechend zufrieden mit der Umsetzung des grünen Teppichs: «Grossmehrheitlich werden die 3 Rappen bezahlt», so Burkhardt. «Bei Milchproduzenten, die die Kriterien erfüllen, haben alle grossen Molkereimilchkäufer den Mehrwert korrekt abgegolten. Im Preismonitoring der SMP ist das über die Entwicklung des ausbezahlten Molkereimilchpreises gut sichtbar». Auch für verkäste Silomilch wird gemäss der BOM der Zuschlag fällig, da sie unter Molkereimilch falle. «Wird der aus Silomilch hergestellte Käse exportiert, hat der Verarbeiter jedoch die Möglichkeit, dafür B-Milch zu verwenden», präzisiert Grossenbacher. Insgesamt schätzt er den Mehrwert für die Milchbauern auf 50 bis 60 Millionen Franken pro Jahr.