Bio-Landwirt Markus Ritter steht dem SBV seit 2012 vor. Er wurden von den Delegierten einstimmig wiedergewählt. Der 57-Jährige aus Altstätten SG tritt seine vierte und letzte Amtszeit an. In vier Jahren werde er zurücktreten, sagte Ritter. An der Spitze des Bauernverbands folgte Ritter auf Hansjörg Walter (SVP). Er ist ist der Bio-Landwirt, der den SBV präsidiert. Seit 2011 sitzt Ritter auch im Nationalrat.
Damien Humbert-Droz wurde in Präsidium des SBV gewählt. Wird er der Nachfolger von Markus Ritter?
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Nachfolger von Ritter?
Neu ins Präsidium kommt Damien Humbert-Droz. Der Neuenburger bewirtschaftet einen Betrieb in Corcelles. Der Meisterlandwirt politisiert für die FDP im Grossen Rat des Kantons Neuenburg. Er könnte ein potenzielle Nachfolger von Ritter werden. Das Präsidium wird abwechselnd unter den Parteien SVP, Mitte und FDP vergeben. An der Reihe wären in vier Jahren die Freisinnigen. Dazu müsste Humbert-Droz 2027 aber den Sprung in den Nationalrat schaffen. Im SBV-Vorstand ist er Nachfolger von Fritz Glauser als Westschweizer Vertreter. Glauser ist Präsident der Schweizerischen Getreideproduzentenverbandes (SGPV). Damien Humbert-Droz ist ebenfalls im Vorstand des SGPV.
Als Vizepräsidentin wiedergewählt wurde Anne Challendes. Die Neuenburgerin ist Präsidentin des Schweizerischen Bäuerinnen und Landfrauenverbands. Als Vizepräsident bestätigt wurde Alois Huber. Der Meisterlandwirt und Nationalrat (SVP/AG) ist im Vorstand der Milchproduzenten Mittelland und Präsident des Schweizerischen Pächterverbandes.
Zwei Neuerungen gab es auch im Vorstand: Die Nachfolge des ehemaligen Präsidenten des Solothurner Bauernverbands, Andreas Vögtli, tritt der Präsident des Bauernverbands beider Basel, Marc Brodbeck, an. Für Fritz Glauser nimmt der neue Präsident von Agri Freiburg (ehemals Freiburger Bauernverband), Adrian Brügger, Einsitz. 16 Mutationen gab es in der Landwirtschaftskammer.
«Kein Sparen auf dem Buckel der Bauern»
Neben den Erneuerungswahlen haben sich die Delegierten mit der Sicherung der Landwirtschaftsbeiträge im Bundesbudget 2025 und im Zahlungsrahmen 2025 bis 2029 befasst. Sparen auf dem Buckel der Landwirtschaft sei ein absolutes Tabu. Die Landwirtschaft leiste mit einem nominal stabilen Budget ihren Beitrag zu ausgeglichenen Bundesfinanzen. «Das Agrarbudget ist seit 25 Jahren nominal stabil, während die Bundesausgaben um 80% oder 40 Milliarden Franken gestiegen sind. Bereits heute sind die Einkommen der einheimischen Bauernfamilien bedenklich tief», sagte Markus Ritter. Der durchschnittliche Stundenlohn liege bei gerade 17 Franken.
Das #Agrarbudget ist seit 25 Jahren nominal stabil, während die Bundesausgaben um 80% oder 40 Mrd. Franken gestiegen sind. Bereits heute sind die Einkommen der einheimischen Bauernfamilien bedenklich tief. Markus Ritter, Präsident SBV pic.twitter.com/v4VOJ9kMOv
— Schweizer Bauernverband (@sbv) November 20, 2024
«Eine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation ist für eine sozial, ökologisch und wirtschaftlich nachhaltige Schweizer Landwirtschaft absolut zwingend», machte Ritter deutlich. Denn die Anforderungen für den Erhalt der Gelder seien für die Bauernfamilien hingegen laufend gestiegen. Diese hätten Mehraufwände, Mehrkosten oder tiefere Erträge und damit sinkende Einkommen zur Folge. «Statt die steigenden Vorschriften sowie die Teuerung mit einer Erhöhung der Direktzahlungen abzugelten, will der Staat die Entschädigung gar kürzen. Das ist schlicht Zechprellerei», kritisierte Ritter den Vorschlag des Bundesrats.
Von der künftigen Agrarpolitik erwarten die SBV-Delegierten die Integration der gesamten Wertschöpfungskette sowie eine wesentliche Vereinfachung der Vorschriften und des administrativen Aufwands.
«Zusammenhalt ist unsere grosse Stärke»
Ritter blickte auch auf das Jahr 2024 zurück. Es sei gelungen, die Biodiversitätsinitiative zu bodigen. «Das war nicht selbstverständlich, denn bei kleiner Betroffenheit von Frau und Herr Schweizer kann man sich nie sicher sein, wie eine Abstimmung rauskommt», führte er aus. Entscheidend sei gewesen, dass die gesamte Landwirtschaft mitgezogen habe. Darum beneiden Ritter und den Bauernverband viele Organisationen. Und deshalb wird oft von der Bauernlobby gesprochen, aber in negativen Sinn.
«Der Zusammenhalt ist unsere grosse Stärke, welche wir anderen nationalen Organisationen voraushaben. Ich danke an dieser Stelle sehr herzlichen allen, die einen Beitrag geleistet und in irgendeiner Form mitgeholfen haben», sagte Ritter dann auch vor den Delegierten.
Online gegen Umweltverantwortungsinitiative
Doch der wiedergewählte Präsident blickte auch bereits voraus. Im Februar kommt die Umweltverantwortungsinitiative der Grünen vors Stimmvolk. «Bei einer Annahme würde diese Initiative die gesamte Wirtschaft und die Landwirtschaft komplett umkrempeln. Die Chancen einer Annahme sind zwar eher klein, aber wir dürfen das nicht dem Zufall überlassen», sagte Ritter. Der SBV will sich deshalb mit einer nationalen Kampagne engagieren, die vor allem auch auf den Sozialen Medien ausgespielt werden soll.
«Wir sehen davon ab, die Bauernfamilien und kantonalen Bauernverbände mit dem Aufstellen von Tafeln oder Blachen zu belasten, um ihre Ressourcen zu schonen. Doch bitte sensibilisiert eure Familien, Freunde und Bekannte, an der Abstimmung teilzunehmen. Die grösste Gefahr ist die Nicht-Teilnahme», warnte der Mitte-Nationalrat.
«Gekaufte Vegi-Initiative»
Schliesslich kam Ritter auch auf die Ernährungsinitiative von Franziska Herren zu sprechen. Der Bundesrat hat vor kurzem die Initiative ohne Gegenvorschlag zu Ablehnung empfohlen. Bundesrat Guy Parmelin, die Umsetzung einer solchen Initiative sei unrealistisch. Und die Schweizer Landwirtschaft müsse die Hälfte des Tierbestandes abbauen, vor allem Geflügel und Schweine.
Auch Ritter warnte vor der Initiative: «Effektiv sieht sie eine staatlich verordnete vegetarische Ernährung der Schweizer Bevölkerung vor. Denn nur so liesse sich ihre Forderung von 70% Netto-Selbstversorgungsgrad erreichen.» Er warf den Initianten Zwängerei vor. Vor drei Jahren habe das Stimmvolk ihre erste Initiative (Trinkwasserinitiative) mit ähnlichem Inhalt unter anderem Titel abgelehnt. Zudem bezichtigt Ritter die Initianten, die Unterschriften gekauft zu haben. «Gekauft ist sie, weil sie mit einer bezahlten Firma zur Sammlung der Unterschriften zusammenarbeiteten. Eine Medienrecherche zeigte, dass diese betrogen und unechte Unterschriften zusammengetragen hat», sagte Ritter. 2025 werde die gekaufte «Vegi-Initiative» im Parlament behandelt. Sie komme voraussichtlich 2026 zur Abstimmung. «Hier wird es wieder mehr Effort von unserer Seite brauchen», machte Ritter deutlich.
Die neue Initiative verlangt einen Netto-Selbstversorgungsgrad von 70 Prozent mit Nahrungsmitteln. Der Bund müsste demnach insbesondere dafür sorgen, dass die Menschen sich vermehrt ohne Fleisch ernähren und sich die Land- und Ernährungswirtschaft entsprechend ausrichtet.