Die Schweizer Bauern fühlen sich vom Bundesrat über den Tisch gezogen. Sie wehren sich dagegen, dass im kommenden Jahr in der Landwirtschaft rund 117 Millionen Franken gespart werden sollen - trotz eines Überschusses von einer halben Milliarde Franken und trotz anderslautender Versprechen.
Denn, so argumentiert der Bauernverband (SBV), der Bundesrat habe mehrfach versprochen, den Rahmenkredit für die Landwirtschaft auf der bisherigen Höhe zu belassen. Dies sei ein wesentlicher Grund dafür gewesen, weshalb der SBV auf ein Referendum gegen die Agrarpolitik 2014-17 verzichtet habe. Diese ist nun seit Anfang Jahr in Kraft.
SBV: Schwerer Verstoss gegen Treu und Glauben
Der Bundesrat habe gegenüber der Branche und dem Verband «glasklar kommuniziert», dass sich die neue Agrarpolitik positiv auf die Einkommen der Landwirte auswirke, sagte Verbandspräsident Markus Ritter zur sda. «Wenn man aber 117 Millionen Franken kürzt, stimmt diese Aussage nicht mehr.»
Für den SBV sei diese Kürzung «ein schwerer Verstoss gegen Treu und Glauben», heisst es in einer Mitteilung des Verbands. SBV-Exponenten traten am Montag mit ihrer Kritik vor die Medien und präsentierten im Anschluss auf dem Bundesplatz die Rechnung - in Form eines Einzahlungsscheins über 117 Millionen Franken für Bundesrat und Parlament.
3,6 Prozent weniger
Dieser Betrag entspricht den 3,6 Prozent, die der Bundesrat 2015 bei Landwirtschaft und Ernährung einsparen will. Insgesamt will er - trotz eines Überschusses von 500 Millionen Franken - 700 Millionen sparen. Grund dafür sind Steuereinnahmen unter dem Budget und die Schuldenbremse, wie der Bundesrat Ende Juni mitgeteilt hatte.
Der Bauernverband erachtet das Sparprogramm bei der Landwirtschaft auch deshalb unfair, weil ihr Anteil an den Bundesausgaben in den letzten zehn Jahren von 8 auf 5.6 Prozent zurückgegangen ist. "Den Sparbeitrag müssten in erster Linie jene Sektoren leisten, deren Kosten in den letzten Jahren gestiegen oder bewusst erhöht worden sind", betont der SBV in einem Communiqué.
Werde die aktuelle wirtschaftliche Situation der Landwirtschaft betrachtet, sei der Entscheid des Bundesrats noch unverständlicher, heisst es weiter. Das Einkommen einer 100 Prozent arbeitenden Familienarbeitskraft liegt mit durchschnittlich 40‘000 Franken pro Jahr rund 40 Prozent unter jenem in vergleichbaren Sektoren.
SR-Finanzkommission berät über Budget
2014 ist das UNO-Jahr der bäuerlichen Familienbetriebe. Dies auch deshalb, weil die Öffentlichkeit auf die grosse Bedeutung der Familienbetriebe für die Ernährung der Menschheit aufmerksam gemacht werden soll. Die UNO will die Staaten dazu auffordern, die Familienbetriebe stärker zu fördern und zu unterstützen. "Und was tut die Schweiz, deren Regierung sogar per Gesetz dazu verpflichtet wäre? Sie gibt ihren Bauern nicht mal das, was sie versprochen hat", so das deutlich Fazit des Bauernverbandes.
Die Bauern fordern nun vom Parlament, den Entscheid des Bundesrats zu korrigieren. Dass sie damit ausgerechnet jetzt an die Öffentlichkeit treten, ist kein Zufall. Heute Montag beginnt die ständerätliche Finanzkommission die Beratung des Budgets 2015. Zudem will der Bundesrat die Botschaft zum Voranschlag und den Bericht zum Finanzplan 2016-2018 noch im August verabschieden.