Nach einem heftigen Gewitter ist am Montagnachmittag die Emme innert Kürze rasant angeschwollen und hat viel Schwemmholz mitgeführt. Die Behörden warnten die Bevölkerung, den Flussraum zu betreten
Es ist eine schlimme Szene, die ein Leservideo zeigt: In Schangnau passiert eine Flutwelle, ein sogenannter Anschutz, die Räbenbrücke. Die Emme bringt Bäume und Schutt mit sich. Auf dem Video ist zu hören wie eine Männerstimme energisch mehrmals ruft: «Runter von der Brücke, runter von der Brücke.»
Hotel geflutet
Betroffen von dem starken Regen ist auch das bekannte Ausflugsziel Kemmeriboden-Bad. Die Wassermenge hat den Parkplatz überflutet, reisst Stühle und Tische mit sich. Wie die Berner Zeitung berichtet, sei das Wasser in der Reception des Hotels rund einen halben Meter hoch gestanden. Die Hotel-Leitung schrieb auf dem Internet, ein «katastrophales Unwetter» habe das Gebäude «komplett geflutet». Der Betrieb sei bis auf Weiteres geschlossen.
Das Hochwasser in Schangnau ruft Erinnerungen wach. Im Juli 2014 fielen innert Stunden im Emmental bis zu 100 Liter Wasser pro Quadratmeter vom Himmel. Menschen mussten aus überschwemmten Bauernhöfen evakuiert werden. Im Dorf Bumbach bahnten sich die dunkelbraunen Wassermassen ihren Weg durchs Dorf und setzten Häuser unter Wasser.
Damals wurde auch das Räbloch verstopft. Die Baumstämmen und das Geröll wurden mittels einem Spezialkran erst vor zwei Jahren aus der Schlucht weggeräumt.
Zurück zur aktuellen Situation: Am frühen Montagabend haben die Behörden die Anrainerinnen und Anrainer der Emme zwischen Langnau im Emmental BE und dem Raum Utzenstorf BE gewarnt. Später weiteten sie den Warnbereich auf die untersten Kilometer des Emmelaufs im Kanton Solothurn aus. Auf etlichen Handyvideos auf Internetportalen war zu sehen, wie die Flutwelle mit vielen entwurzelten Bäumen die Emme hinunterfloss.
Auf derjenigen Internetseite des Kantons Bern, welche die Abflüsse von Gewässern aufzeichnet, war das rasante Anschwellen der Emme gut zu sehen: Bei der Messstelle Emmenmatt in der Nähe von Langnau führte der Fluss am Montag kurz vor sechs Uhr abends nur wenige Kubikmeter Wasser pro Sekunde.
Dann stieg der Abfluss plötzlich auf über 240 Kubikmeter, um dann innert Kürze wieder auf 40 zu sinken. Dieses rasante Anschwellen der Emme ist in der Region seit Langem bekannt. Schon der Schriftsteller Jeremias Gotthelf beschrieb im 19. Jahrhundert diesen sogenannten «Anschutz», wie das rasante Anschwellen des Flusses bei Gewittern heisst.
Um etwa 21 Uhr gaben die Behörden Entwarnung für die Gebiete entlang der Emme im Kanton Bern. Eine gute Stunde später gab es auch Entwarnung für den Solothurner Teil der Emme.
Entgleister Zug
Die Unwetter führte auch anderswo im Kanton Bern zu Schäden. Zwischen Brienz BE und Oberried BE entgleiste am Montagnachmittag ein Zug der Zentralbahn. Dieser war mit einem Baum kollidiert, der während eines heftigen Gewitters auf die Gleise gestürzt war.
Verletzt wurde niemand. Wie die Zentralbahn mitteilte, wurden die Reisenden evakuiert. Die Bahnstrecke wurde zwischen Brienz und Oberried gesperrt – ein Unterbruch, welcher laut Zentralbahn bis mindestens Betriebsschluss in der Nacht auf Dienstag dauern dürfte. Es verkehren Ersatzbusse über die Nationalstrasse A8 zwischen Brienz und Interlaken Ost.
Wegen eines Murgangs am rechten Brienzerseeufer wurde auch die Kantonsstrasse zwischen Ringgenberg und Brienz gesperrt, wie die Bau- und Verkehrsdirektion des Kantons Bern am Montagabend mitteilte. Um die Zu- und Wegfahrt von und nach Brienz zu gewährleisten, sei die A8 offen.
Die Berner Kantonspolizei meldete um etwa 19 Uhr, ein parkiertes Auto sei bei diesem Murgang in den Brienzersee gespült worden. Sie habe keine Kenntnis von verletzten Personen.