Mitglieder der deutschen Bundesregierung haben russische Attacken auf die ukrainische Landwirtschaft scharf verurteilt. Präsident Wladimir Putin bediene sich skrupellos an den Weizenreserven der Ukraine, sagte Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) am Samstag der Deutschen Presse-Agentur.
Landwirte müssten Reserven zwangsweise zu lächerlichen Preisen verkaufen – oder «Putins Soldateska» nehme sich die Vorräte einfach. «Dafür gibt es im Rechtsstaat übrigens drei Wörter: Erpressung, Diebstahl und Raub.»
Die Ukraine war bis Kriegsbeginn einer der grossen Weizen-Exporteure unter anderem für Länder in Nordafrika und Asien. Özdemir sagte, rund 20 Millionen Tonnen Weizen lagerten noch in der Ukraine. «Aber ich fürchte, nicht mehr lange», warnt der Minister. Nach ukrainischen Angaben sind mindestens 400’000 Tonnen aus Lagern verschwunden. Hunderttausende Tonnen seien zudem durch die russische Armee vernichtet worden.
Die deutsche Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) warnte in der «Bild am Sonntag» vor den Folgen des Krieges in Kombination mit extremen Dürren und den anhaltenden Folgen der Corona-Pandemie. «Die bittere Botschaft ist: Uns droht die grösste Hungersnot seit dem Zweiten Weltkrieg mit Millionen Toten», so Schulze. Putin werde das gestohlene Getreide nur mit jenen Staaten teilen, die zu Russland stünden.
Özdemir machte auch auf das Vorgehen der russischen Invasoren in der Ukraine aufmerksam: «In den besetzten Gebieten werden wirtschaftliche Strukturen offenbar zunehmend an russische Regelungen angepasst.» Landwirte müssten Erklärungen über ihren Besitz abgeben und würden gezwungen, sich nach russischem Recht zu registrieren. Gleichzeitig lasse Putin gezielt Eisenbahnanlagen Richtung Westen bombardieren, um ukrainische Getreidelieferungen endgültig von den Weltmärkten abzuklemmen.
Özdemir fordert die internationale Gemeinschaft auf, bei der Schaffung alternativer, leistungsfähiger Verkehrswege zu helfen. «Das Recht der Ukraine auf freien Zugang zu den Weltmärkten ist für mich genauso wenig verhandelbar wie ihre Souveränität», so der deutsche Agrarminister. Ziel müsse es sein, auch ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu erhalten. Der Agrarsektor sei dafür unverzichtbar.



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