Etwas Fleisch, etwas Milch, vor allem aber: Urdinkel. Und bald sollen Obst und Kräuter dazukommen. Der Biohof Dangern ist in einer Art Aufbruchsstimmung. Das Ehepaar Rudin führt ihn mit Herz und Leidenschaft.
Eptingen ist steil umrankt von Fels und Wald, die Autobahn A2 überspannt das Dorf in einer geschwungenen Brücke, um in einem schwarzen Tunnelloch, dem Belchen, zu verschwinden, das berühmte Eptinger Mineralwasser kommt von hier. Von den geografischen Gegebenheiten bekommen die Rudins auf ihrem Hof allerdings nicht viel mit.
Milchproduktion auf der Kippe
Auf einer Hochebene über dem Diegtertal, an dessen Ende Eptingen liegt, bauern sie seit gut zwei Jahren auf dem Biohof Dangern. Die Autobahn, im Dorf allgegenwärtig, ist hier oben weder zu sehen noch zu hören. Nur der Wind streicht durch die Ähren, wenn sie denn soweit sind, und gelegentlich muht eine ihrer Milchkühe.
Wie lange sie diese allerdings noch haben werden, weiss man hier oben nicht, denn die Milchwirtschaft ist ein hartes Pflaster, der Stall der Rudins ist ziemlich alt, und Investitionen sind also nötig. Darum überlegen sie sich, beizeiten auf Mutterkuhhaltung umzustellen. «Jedenfalls zweifeln wir daran, noch einmal in die Milchproduktion zu investieren», sagen sie. Vielleicht steigen sie bald in die Kräuterproduktion ein, die Idee jedenfalls existiert bereits.
Angehende Landwirte
Die Rudins – das sind Anita und Christian. Sie, 33, liess sich einst zur Kauffrau in einer Bank ausbilden und hat gerade die SpeLa (Spezialkurse Landwirtschaft) im nahen Ebenrain zu Sissach abgeschlossen. Er, 41, lernte erst Schlosser, dann Forstwart. Nun drückt er erneut die Schulbank, lässt sich zum Landwirt EFZ ausbilden. Seine früheren Berufe kommen ihm nicht nur bei der Bauernausbildung zugute, sondern auch auf dem Hof. Sein Wissen als Schlosser etwa könne er fast täglich anwenden, sagt er.
Doch zurück zur Milch, die auf dem Hof Dangern alles andere als erste Priorität hat. Hier dreht sich nämlich so ziemlich alles um den Urdinkel. Auf drei Hektaren bauen ihn die Rudins an. Die Bodenbeschaffenheit, sagen sie, sei hier perfekt dafür. Zwölf Tonnen vermarkten sie jährlich. Ihre Abnehmer: Anita Rudins Eltern Brigitte und Werner Thommen. Vor 23 Jahren haben sie den Hof auf biologischen Landbau umgestellt, 2012 übergaben sie den Betrieb der jüngeren Generation. Allerdings haben sie einen Betriebszweig selbst behalten: die Mühle. Nun sind sie Nachbarn, bauern quasi Schulter an Schulter und helfen aus, wo es nötig ist.
Kernotto ist der Renner
Werner Thommen mahlt das Korn auf einer traditionellen Steinmühle, vermarktet wird direkt, vorwiegend über die Plattform urdinkel.ch. Die Produktepalette umfasst diverse Mehlmischungen, Feingebäck und Brot. Besonders beliebt ist die Pasta, der Renner schlechthin nennt sich allerdings Kernotto. Das sind geschälte Dinkelkörner, die wie Risotto zubereitet werden. 2013 wurde dieses mit der Bronzemedaille am Schweizer Wettbewerb der Regionalprodukte ausgezeichnet. Anita Rudin sagt: «Wir staunen immer noch, wie beliebt das Kernotto ist – aber es ist ja auch gut.»
Was die Rudins vergangene Saison produzierten, reichte allerdings nicht, um die hohe Nachfrage zu decken. Österreicher, Ungaren und Niederländer gehören etwa zu den Stammkunden. Deshalb haben sie die Dinkelproduktion auf dieses Jahr hin deutlich ausgebaut. «Ich fürchte nur, dass es wieder nicht reichen wird», sagt Christian Rudin, «denn immer mehr Leute interessieren sich für regionale, biologisch produzierte Lebensmittel, was uns natürlich freut. Das Potenzial des Urdinkels ist nach wie vor riesig.»
Die Bioknospe leben
Daneben melken sie 16 reinrassige Simmentaler und schlachten gelegentlich ein Rind. Das Fleisch vermarkten sie direkt. Es ist meistens schon versprochen und verkauft, bevor das Tier die Weide verlässt. «Wir könnten sicher die doppelte Menge an Fleisch verkaufen», ist Anita Rudin überzeugt. Das Futter für die Tiere – bis auf den Mais, für den der Boden hier oben ungünstiger nicht sein könnte – produzieren sie selbst. Nun will Christian Rudins Vater, ebenfalls einst Landwirt, sein Land im benachbarten Diegten dem Sohn überschreiben, vier Hektaren sind das.
Insbesondere hochstämmige Kirschbäume befinden sich darauf, daneben Äpfel, Zwetschgen, Mirabellen. Die Rudins wollen das Obst künftig biologisch bewirtschaften. «Irgendwie muss es aber schon rentieren», sagt Anita Rudin, «und wenn nicht, geben wir das Land quasi der Natur zurück.» Den beiden schwebt eine Art Baumgarten vor, ein Biotop für Flora und Fauna gleichermassen. Man merkt: Die Bioknospe wird hier gelebt, die Überzeugung der biologischen Landwirtschaft sitzt den Rudins tief im Herzen.