Pflanzen passen sich mit der Zeit genetisch an die speziellen Verhältnisse im Biolandbau an. Zu diesem Ergebnis kommen Forscher der Universität Bonn in einer Langzeitstudie. Dafür bauten die Wissenschaftler seit Ende der 1990er-Jahre auf zwei benachbarten Feldern Gerste an, also auf demselben Boden und unter denselben klimatischen Bedingungen.
Ein Feld wurde unter konventionellen Bedingungen bewirtschaftet, das andere unter ökologischen. Im Laufe von mehr als 20 Jahren reicherten sich bei der Biogerste ganz spezifische Erbanlagen an - andere als in der Vergleichskultur.
Das Genom der konventionell und der biologisch angebauten Pflanzen wurde von den Wissenschaftlern jedes Jahr analysiert. Jede einzelne Erbanlage kann den Forschern zufolge in unterschiedlichen Varianten vorkommen, die als Allele bezeichnet werden. Die Häufigkeit, mit der bestimmte Allele vorkämen, könne sich mit der Zeit verschieben. Dabei spielten unter anderem die Umweltbedingungen eine Rolle: Allele, die dafür sorgten, dass Pflanzen in ihrer Umgebung besser gedeihen, würden in der Regel häufiger.
Zwei Trends
Bei den genetischen Untersuchungen zeigten sich nach Angaben der Uni Bonn im Projektverlauf zwei interessante Trends. In den ersten zwölf Jahren habe sich die Allelhäufigkeit der Gerste auf beiden Feldern in dieselbe Richtung verändert. In den Jahren danach hätten sich die Allelfrequenzen der beiden Kulturen dann aber zunehmend auseinanderentwickelt.
Unter Bio-Bedingungen hätten sich vor allem Genvarianten angereichert, die für eine geringere Empfindlichkeit gegen Nährstoff- oder Wassermangel sorgten - also etwa Allele, die die Struktur der Wurzel beeinflussten. Die Forscher vermuten als Grund dafür die stärker schwankende Nährstoffverfügbarkeit im Biolandbau.
Immer einheitlicher
Die konventionell angebaute Gerste sei mit der Zeit genetisch immer einheitlicher geworden, so die Forscher. Bei der Biogerste sei die Heterogenität dagegen höher geblieben. Auch im zeitlichen Verlauf hätten sich in manchen Jahren in der Biokultur andere Allele angereichert. x
Grund dafür könnte sein, dass die Umweltbedingungen im biologischen Landbau stärkeren Schwankungen unterliegen als beim konventionellen Anbau. Wenn etwa in einem Jahr der Befall mit bestimmten Pflanzenkrankheiten zunehme, seien Allele besonders gefragt, die die Pflanze dagegen schützten.
Spezifische Züchtung wichtig
Nach Ansicht der Wissenschaftler zeigen die Ergebnisse unter anderem, wie wichtig es ist, Sorten speziell für die Biolandwirtschaft zu züchten. Diese seien nämlich aufgrund ihrer genetischen Ausstattung, die an die im Biolandbau herrschenden Bedingungen angepasst seien, robuster und würden höhere Erträge versprechen.
«Zudem scheint es sich zu lohnen, bei der Züchtung auch ältere Sorten oder sogar Wildformen einzukreuzen», erklärte Prof. Jens Léon, der das Projekt gestartet hat. Davon könnten den Daten zufolge selbst konventionelle Hochleistungssorten profitieren.