Auch in Frankreich hat die Biobranche mit rückläufigen Absatzzahlen zu kämpfen. Für Unverständnis sorgt die ausbleibende staatliche Unterstützung.
Die Biobranche ist in der Krise. In der vergangenen Woche waren die Akteure zum Austausch ins Pariser Landwirtschaftsministerium geladen. Hausherr Marc Fesneau glänzte allerdings durch Abwesenheit. «Wir fühlen uns im Stich gelassen», erklärte der Präsident des Genossenschaftsverbandes FORÉBio, Mathieu Lancry, im Anschluss.
Soforthilfe geforder
Der Staat überlasse die Biobetriebe den marktwirtschaftlichen Mechanismen, während der konventionellen Landwirtschaft regelmässig mit Hilfsprogrammen unter die Arme gegriffen werde. Laut Lancry bittet die Biobranche zum ersten Mal um Unterstützung durch direkte Zuschüsse. Ähnlich äusserte sich der Präsident des Verbandes der Biolandwirtschaft (FNAB), Philippe Camburet. Er sprach von «Wut».
Die Biobauern würden lediglich vertröstet und «von Büro zu Büro geschoben». Kritik an der Regierung übte auch der französische Bauernverband (FNSEA). Der zuständige Vizepräsident, Étienne Gangneron, warf dem Ministerium vor, das Ausmass der Krise nicht erfasst zu haben. Konkret fordern die Bioverbände ein Soforthilfeprogramm für die gesamte Wertschöpfungskette.
Zugleich wollen sie die Mittel der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) umverteilen, um insbesondere die Förderung des Ökolandbaus zu stärken. Weitere Ansatzpunkte werden in verbindlichen Zielen für den Anteil an Biowaren in der Gemeinschaftsverpflegung und einer verbesserten Kommunikation gesehen. Auch der FNSEA plädiert für eine Konjunkturhilfe. Diese Massnahme sei «unerlässlich», um die Krise zu überstehen, betonte der Verband.
Die Antwort des Ministeriums sei «nicht zufriedenstellend». «Überdacht werden» müssen für den FNSEA angesichts der aktuellen Wirtschaftslage indes die Ausbauziele für den Ökolandbau. Er will die Entwicklung des Sektors an den Absatz koppeln.
Bioware ohne Kennzeichnung
Zumindest in naher Zukunft dürften sich die wirtschaftlichen Aussichten für die französische Biobranche nicht verbessern. Das prognostiziert eine aktuelle Studie der Agentur für die Entwicklung und Förderung des ökologischen Landbaus (Agence Bio), die bei dem Krisentreffen vorgestellt wurde.
Die Autoren schlagen unter anderem vor, zur Bewältigung der Notlage Beihilfen für Produktionseinschränkungen und Lagerhaltung einzuführen. Ferner sollten Kompensationen für den Absatz über konventionelle Kanäle gezahlt werden.
Die Interprofession der Milchwirtschaft (CNIEL) wandte sich anlässlich des Treffens mit einem Schreiben an das Ministerium. Der Branchenverband beziffert die Kosten der Krise für die Biomilcherzeuger auf bislang 71 Millionen Euro, die mit der Entwicklung des Milchpreises und der erzwungenen Vermarktung als konventionelle Ware begründet werden.
Nach Schätzungen der Interprofession könnten 2023 bis zu 530 Millionen Liter Biomilch oder 43 % des Gesamtaufkommens ohne ein Biosiegel verkauft werden müssen.