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Biodüngung im Spannungsfeld

Ohne Düngung kein Ertrag, das gilt auch für den biologischen Gemüsebau. Nur ist die Düngung dort nicht ganz so einfach, denn sie sollte verschiedene Ansprüche erfüllen.

Eveline Dudda, lid |

 

 

Ohne Düngung kein Ertrag, das gilt auch für den biologischen Gemüsebau. Nur ist die Düngung dort nicht ganz so einfach, denn sie sollte verschiedene Ansprüche erfüllen.

Von nichts kommt nichts – auch Biogemüse will gedüngt sein. Chemisch-synthetische Düngemitteln sind im Bioanbau zwar verboten, doch organische oder mineralische Dünger sind erlaubt. Allerdings dürfen Biobauern nicht mehr als 135 Kilo verfügbaren Stickstoff pro Hektar und Jahr verabreichen. Und sie sollten gleichzeitig die biologische Aktivität des Bodens erhalten und wenn möglich sogar steigern.

Einsatz von Kompost limitiert

Das ist im nährstoffbedürftigen Gemüsebau gar nicht so einfach, wie Martin Koller vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL), weiss. Denn der Einsatz von Kompost ist limitiert. Die Bauern dürfen – egal ob bio oder nicht – in drei Jahren nicht mehr als 25 Tonnen Trockensubstanz Kompost ausbringen. Das entspricht höchstens alle drei Jahre gerade mal einer Ein-Zentimeter dicken Kompostschicht.

Ausserdem bieten Mist und Kompost die Nährstoffe nur selten im erwünschten Mass: Meistens hat es zu wenig Stickstoff drin, ein Nährstoff, der fürs Wachstum wichtig ist. Dafür enthalten diese Dünger tendenziell zu viel Phosphor, der für Blüten- und Fruchtbildung zuständig ist. Zwar fördern Mist und Kompost den Humusaufbau, doch Koller erklärt: "Wenn der Boden gut mit Humus versorgt ist, aber die Erträge nicht stimmen, ist das Ziel des Gemüsebauern auch nicht erreicht."

Gefragte Abfälle

Die Biogemüsebauern setzen im Gegenzug Bio-Handelsdünger ein, weil sich deren Nährstoffe gut berechnen und sich die Dünger ganz gezielt verwenden lassen. Allerdings taugen sie zum Humusaufbau nicht. Die erfolgreichste Strategie liegt deshalb in der Kombination: Koller empfiehlt den Phosphorbedarf der Pflanzen mit einem Humusdünger zu decken und dann mit einem phosphorfreien organischen Stickstoffdünger zu ergänzen: "Damit wird am ehesten sowohl ein ausreichender Ertrag als auch eine ausgeglichene Humusbilanz erreicht."

Zu den Humusdüngern zählen Mist, Kompost und Gründüngung. Als Stickstoffdünger werden häufig Abfallprodukte wie Hornmehl, Federmehl oder Vinasse (ein Nebenprodukt der Zucker- oder Backhefenherstellung) verwendet. Und diese Abfallstoffe sind begehrt, wie Christian Haupt vom Düngerhersteller Hauert bestätigt: "Um viele Abfallstoffe wird richtiggehend gekämpft."

Wer am meisten zahlt, erhält den Rohstoff

Zum Beispiel um Federmehl. Dieses Nebenprodukt der Mastpoulet- und Trutenschlachtung ist nicht nur ein hervorragender Stickstoffdünger, sondern es wird auch unters Hundefutter gemischt. Da der jährliche Anfall Federn begrenzt ist (das Geflügel wird ja nicht wegen der Federn geschlachtet) wird der Kampf um die Menge über den Preis ausgetragen. Haupt: "Wer am meisten zahlt, bekommt den Rohstoff."

Das ist mit ein Grund, warum organische Düngemittel immer teurer werden. Ohnehin ist Biodünger nicht billig. Koller: "Handelsüblicher Biodünger ist im Schnitt etwa fünf Mal so teuer wie nicht-biologischer Dünger." Für die Gemüseproduzenten zumindest ein Anreiz, sparsam damit umzugehen.

Klimakiller Acker

Ein sparsamer Umgang ist auch aus Umweltschutzgründen angebracht. Denn weltweit gehen rund 15% der Treibhausgas-Emissionen auf das Konto der Landwirtschaft. Zu den klimarelevanten Emissionen gehören CO2, Methan und Lachgas. Letzteres wird vor allem bei der Düngung von Ackerböden frei. Weil Lachgas etwa 300-mal so viel zum Treibhauseffekt beiträgt wie ein Kilogramm CO2, emittieren gedüngte Böden weltweit gesehen mit rund 2'100 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent deutlich mehr als die Methan-rülpsenden Kühe, denen global 1'800 Mio. t CO2-Äquivalent zur Last gelegt werden.

Zwar wirken landwirtschaftliche Böden auch als Methansenke. Weil sie rund 20 Kilo CO2-Äquivalent als Methan binden, aber gleichzeitig 1'300 Kilo CO2-Äquivalent als Lachgas freisetzen, ist das allerdings ein schwacher Trost, wie FiBL-Mitarbeiter Andreas Gattinger zugibt: "Der positive Beitrag der Methansenke der Böden ist im Vergleich zum negativen Beitrag der Lachgasfreisetzung unbedeutend." Immerhin kann man den biologisch bewirtschafteten Flächen mit Kleegras in der Fruchtfolge und Hofdüngereinsatz den Humusaufbau anrechnen. Damit wirken sie auch als Senke für Kohlendioxid.

Bio ist mehr als nur Klimaschutz

Und es deutet einiges darauf hin, dass biologisch bewirtschaftete Böden weniger Lachgas freisetzen als nicht-biologische Böden. Trotzdem ist Gattinger vorsichtig mit Verallgemeinerungen: "Es bestehen grosse Unsicherheiten bei den Emissionsfaktoren. Stickstoffdünger wirkt zum Beispiel nicht nur im Jahr der Ausbringung, sondern auch in den Jahren danach. Und Kompost kann bei der Klimabilanzberechnung im ersten Jahr besser abschneiden und in der Gesamtbilanz trotzdem schlechter ausfallen."

Die entsprechenden Messungen sind aufwändig und langjährige Versuche, speziell im Gemüsebau, fehlen. Dazu kommt, dass offenbar vieles vom Humusgehalt, dem pH-Wert oder dem Wassergehalt des Bodens abhängt. Und dass die Unterschiede zwischen den Kulturen gross sind: So emittieren Kartoffeln offenbar mehr Lachgas als Mais, und Kopfsalat unter Umständen mehr als Blumenkohl.

Düngeoptimierung

Gattingers Ratschlag für klimabewusste Biobauern geht deshalb in Richtung Düngeoptimierung: "Eine bedarfsgerechte, teilflächen-spezifische Düngung verbessert in jedem Fall die Stickstoff-Effizienz und leistet damit einen Beitrag zum aktiven Klimaschutz." Weil eine teilflächen-spezifische Düngung aber GPS-gesteuerte Precision Farming-Techniken voraussetzt und solche Geräte in der Schweiz wenig verbreitet sind, rät Gattinger zu einer ganzheitlichen Sicht: "Ein nachhaltiger Biolandbau besteht aus mehr als nur dem Klimaschutz."

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