«Spatenstich für unseren neuen Firmensitz in Huttwil». So lautete der Titel in der Einladung. Eine normale Firma ist die Biofarm ja nicht, sondern eine Genossenschaft mit 1074 stimmberechtigten Genossenschaftern (190 Neumitglieder im Jahr 2022!) und rund 600 Biobäuerinnen und Biobauern, welche die Rohstoffe für rund 200 Produkte liefern. Im Jahr 2022 erzielte die Biofarm einen Erlös von rund 20 Millionen Franken.
Kapazitäten vergrössern
Hans-Ulrich Held, Präsident und Vorsitzender der Geschäftsleitung, sagte beim Ortstermin in Huttwil: «Unser Standort Kleindietwil platzt aus allen Nähten. Dort konnten wir uns fast nicht mehr weiterentwickeln.» Man müsse die alte Heimat verlassen, wollen die Werte und die Firmenkultur nach Huttwil zügeln. Der Neubau bedeute grössere Kapazitäten in der Verarbeitung und ermöglicht grössere Lager, was die Liefersicherheit erhöhe. Held sagte: «Wir sind mutig. Wir glauben an die Biobewegung und an den Biomarkt. Das Pionierhafte brennt in uns Biofarmern, Biofarmerinnen.»
Spatenstich Neubau der Biofarm Genossenschaft: links Präsident Hans-Ulrich Held, rechts Werner Scheidegger, Gründungspräsident Biofarm
Daniel Salzmann
Scheidegger äussert sich eher vorsichtig
Gründungspräsident Werner Scheidegger erinnerte kurz an die erste Zeit, als zwei Ordner in seinem Büro das ganze Mobiliar waren und das Kapitel bei Null gelegen habe. Heute geschäfte die Biofarm in anderen Dimensionen und nehme heute eine Weichenstellung vor. In Altersweisheit sagte Scheidegger, man wisse nicht, was alles auf die Biofarm zukomme, einiges könne auch nicht beeinflusst werden, er hoffe, dass es gut komme. Dazu passe ein Zitat des ehemaligen tschechischen Ministerpräsidenten Vaclav Havel: «Die Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht.»
Das Budget für den Bau beträgt gut 10 Millionen Franken. Das im Baurecht von der Herdgemeinde Huttwil abgegebene Grundstück umfasst 5567 m2, der nun entstehende Bau bedeckt 1600 m2 und bietet eine Geschossfläche von 4500 m2. Damit verbleibt der Biofarm eine strategische Reserve für spätere Erweiterungsbauten.
Das Grundstück umfasst 5567 m2.
Daniel Salzmann
Nur mit Holz zu bauen, ging nicht
Am Spatenstich grub sich der Bagger probeweise tief in den Humus und schabte die oberste Bodenschicht ab. Dass hier ein Stück Fruchtfolgefläche für immer zerstört wird, gefällt nicht allen in der Genossenschaft. Doch das Führungsteam fand schlicht keine andere Lösung. Vielerorts sind Wohnbauten für Grundeigentümer lukrativer als Gewerbebauten. Das bisher genutzte Gebäude in Kleindietwil soll verkauft werden.
Die Generalversammlung beantragte einen Bau möglichst mit Schweizer Holz und in Vollholzbauweise. Doch im Geschäftsbericht 2022 informierte Held, dass dies statisch, hygienisch und finanziell unrealistisch wäre. Es wird aber mit so wenig Beton wie möglich und so viel Schweizer wie möglich gebaut.
Kundenstamm erweitern
Die Biofarm lag beim Absatz im Jahr 2022 über dem von 2019 (2020 und 2021 waren coronabedingte Boomjahre). Für Biofarm ist die Marktsituation insofern anspruchsvoll, als der Biofachhandel Marktanteile verliert, man denke nur an die Reformhaus-Kette Müller mit 37 Standorten, die Anfang Jahr in Konkurs ging.
Gerade in der aktuell stagnierenden bis rückläufigen Lage auf dem Gesamtbiomarkt zeigt sich, dass die Biofarm viele treue und bewusste Kunden und weniger «Modekunden» hat als andere Biolinien. Hans-Ulrich Held sagte vor Ort: «Wir wollen das Sortiment ausbauen und wieder Neuheiten kreieren. Sicher müssen wir den Kundenstamm erweitern.» Das läuft wahrscheinlich auf eine verstärkte Präsenz bei den Grossverteilern heraus.
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